Die italienische linksanarchistische Organisation “FAI“ hat sich zu dem vereitelten Briefbomben-Anschlag auf Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann bekannt.
Frankfurt/Main. Die italienische Anarchistengruppe "FAI" hat sich per Bekennerschreiben zu dem versuchten Briefbomben-Anschlag auf Deutsche-Bank -Chef Josef Ackermann bekannt. Die Ermittlungsbehörden warnten am Donnerstagabend vor zwei weiteren Sprengsätzen, die möglicherweise schon verschickt worden seien. Der Verfasser des Bekennerschreibens spreche von insgesamt „drei Explosionen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger“. In dem in italienischer Sprache handschriftlich verfassten Schreiben bekenne sich die linksanarchistische Organisation „FAI“ zu dem vereitelten Anschlag auf Ackermann, wie das Hessische Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Abend mitteilten.
Die behördenbekannten Linksextremisten der „FAI“ hätten nach Angaben der Strafverfolger in der Vergangenheit mehrfach die Verantwortung für Anschläge gegen staatliche Organisationen in Europa mit Schwerpunkt in Italien übernommen. 2003 gab es demnach einen versuchten Briefbomben-Anschlag auf die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Die Ermittlungen führte damals der Generalbundesanwalt mit dem Bundeskriminalamt. Tatverdächtige konnten nicht ermittelt werden. Die Erkenntnisse der Ermittler würden nun in die aktuellen Untersuchungen einbezogen. Die Bundesanwaltschaft erklärte, sie wolle am Freitag entscheiden, ob sie auch den neuen Fall an sich ziehe.
Das LKA hatte zuvor bestätigt, dass die an Ackermann adressierte verdächtige DIN-A5-Sendung eine funktionsfähige Briefbombe enthalten habe. Der Sprengsatz sei bereits in der Bank entschärft worden. „Sie wäre sehr gefährlich gewesen, wenn sie explodiert wäre“, sagte ein Sprecher der Behörde zu Reuters TV. Ein Polizeisprecher betonte, es deute nichts auf einen „gewerblichen oder militärischen Sprengstoff hin“, sondern auf „Eigenbau“, etwa aus Feuerwerkskörpern. Nach Informationen eines US-Strafverfolgers sind auch in Deutschland tätige Mitarbeiter der US-Bundespolizei FBI in die Ermittlungen eingeschaltet. Es gebe aber keine Erkenntnisse über spezielle Gefahren für Institute in New York.
+++ Verdächtige Sendung an Josef Ackermann abgefangen +++
Der Brief war an Ackermann persönlich adressiert, aber der 63-Jährige hielt sich zu der Zeit Finanzkreisen zufolge nicht in der Bank auf. Nach Informationen eines US-Strafverfolgers war als Rücksendeadresse die Europäische Zentralbank angegeben worden. Das bestätigte das LKA nicht.
„Einen solchen Anschlagsversuch auf Ackermann gab es noch nie“, sagte ein Deutsche-Banker. In letzter Zeit habe die Zahl der Drohungen gegen Ackermann, der für viele als das Gesicht des Kapitalismus in Deutschland gilt, aber massiv zugenommen – vor allem im Internet. „Mach Dich vom Acker-Mann“, ist eines von vielen Beispielen. Künftig werde der Top-Banker stärker und offensichtlicher als bisher von Leibwächtern beschützt, betonte der Insider. Ackermann werde sich aber nicht zurückziehen und weiter wie geplant öffentlich auftreten. „Wir sind sehr betroffen von dem gewaltsamen Anschlagsversuch auf unseren Vorstandsvorsitzenden“, sagte ein Sprecher des größten deutschen Geldhauses.
Bankenkreisen zufolge verstärkte die Deutsche Bank weltweit ihre Vorkehrungen. Demnach wird mehr Sicherheitspersonal eingesetzt. Aus anderen Instituten war ähnliches zu hören. Die Commerzbank wollte sich nicht dazu äußern, ob sie nach dem Vorfall weitere Maßnahmen ergreifen will. Nach Angaben des hessischen LKA gibt es keine Erkenntnisse, dass ähnliche Briefbomben auch in anderen Staaten verschickt wurden.
Ackermann, der den Chefsessel der Bank im kommenden Jahr verlässt, ist auch Vorsitzender der internationalen Bankenvereinigung IIF. In der Rolle ist der Schweizer in der Euro-Schuldenkrise in den Medien stark präsent, da er unter anderem die Beteiligung des Privatsektors an den neuen Griechenland-Hilfen ausgehandelt hat. Er ist seit vielen Jahren Zielscheibe von Kapitalismuskritikern, auch wegen seines umstrittenen Renditeziels von 25 Prozent. Erst im November unterbrachen Aktivisten der bankenkritischen Occupy-Bewegung in Hamburg eine Rede Ackermanns zur Verantwortung globaler Unternehmen mit Sprechchören und Pfiffen. Die „irrwitzigen Renditevorgaben“ der Banken seien Hauptgrund für die Finanzkrise, sagte eine Occupy-Vertreterin damals.
Vom Anschlagsversuch auf den Top-Banker distanzierte sich Occupy jedoch umgehend. „Die Bewegung setzt sich mit friedlichen Mitteln für einen umfassenden gesellschaftlichen Wandel ein“, erklärten die Aktivisten. „Gewalt in jeglicher Form wird dabei nicht toleriert.“ Occupy Frankfurt hat seit dem 15. Oktober in der Grünanlage vor der Europäischen Zentralbank ein Protestcamp errichtet.
Die Deutsche Bank als größtes Geldhaus hierzulande war zuletzt zu Zeiten der Rote Armee Fraktion (RAF) Ziel von Anschlägen. Der frühere Bankchef Alfred Herrhausen wurde im November 1989 von der RAF in der Nähe seines Hauses in Bad Homburg getötet. Die Gruppe hatte eine Bombe am Straßenrand platziert, die explodierte, als Herrhausen im Auto vorbeifuhr.