Die Protestcamper dürfen vor der HSH Nordbank nächtigen. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz hat Verständnis für den Ärger der Menschen.

Hamburg. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zeigt Verständnis für den Protest gegen Banken und das Finanzsystem. Er sei in vielen Punkten berechtigt, sagte Scholz nach einer Mitteilung der Senatspressestelle auf einem Empfang am Dienstagabend in Hamburg. Es sei aber ungerecht, wenn alle Bankangestellten unter einen Pauschalverdacht der Raffgier und Unfähigkeit gestellt würden, so Scholz. Dennoch: Die Ellbogen-Gesellschaft, in der nur der Schlauere, Listigere und Schnellere vorankomme, komme offenbar aus der Mode. Die Erfahrungen seit Ausbruch der schweren, weltweiten Krise hätten gezeigt, „dass nicht nur junge Leute mit Guy-Fawkes-Masken, sondern dass die Mitte unserer Gesellschaft findet, dass unser Gemeinwesen nur mit Fairness, Gerechtigkeit und Solidarität funktioniert“, sagte Scholz.

Zuvor hatte die Gewerkschaft Verdi eine Teilabschöpfung immenser Spekulationsgewinne und exorbitanter Privatvermögen gefordert. „Ein oberflächliches Banken-Bashing reicht nicht aus“, sagte Hamburgs Verdi-Chef Wolfgang Rose. Hinter den Banken stünden auch Anleger, „die den Hals nicht voll bekommen“. Die Politik müsse deshalb auch eine Finanztransaktions- und Vermögensteuer einführen. Auch der Hamburger Sozialverband Deutschland (SoVD) machte sich für eine gründliche Überprüfung des Bankensystems und eine gerechtere Verteilung von Vermögen und Einkommen stark.

+++ Großspende und Schwimmbrillen für Occupy Wall Street +++

Verdi-Chef Rose betonte, das „Manager Magazin“ habe unlängst errechnet, dass unter den 500 reichsten Deutschen 43 Hamburger mit einem Gesamtvermögen von fast 50 Milliarden Euro seien. „Ein Prozent Vermögensteuer davon sind 500 Millionen Euro - das wäre ein großer Schritt zur Beseitigung der öffentlichen und privaten Armut in unserer Stadt“, betonte der Gewerkschafter. Er begrüße es, „dass sich auch in Hamburg viele Menschen gegen die Diktatur der Finanzmärkte zur Wehr setzen, auch auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz.“

Seit vergangenen Sonnabend campieren mehr als ein Dutzend Demonstranten in Zelten vor der HSH Nordbank. Im Streit um dieses Protestcamp hat das Bezirksamt Mitte am Dienstag eingelenkt. Nach einem Bericht des Radiosenders NDR 90,3 will Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) nun auch Zelte zum Übernachten tolerieren. Auch das Thema Bußgeld sei vom Tisch. Bislang sollten die Demonstranten ihre Schlafzelte abbauen, andernfalls drohten ihnen Bußgelder.

Ein Gespräch mit Vertretern der Gruppe „Occupy Hamburg“ sei sehr konstruktiv und gut gewesen, sagte Schreiber NDR 90,3. Solange es nicht mehr Zelte werden, man noch vorbeikäme und die Feuerwehr löschen könne, drohten keine Bußgelder oder Räumung. Er wolle nur vermeiden, dass sich andere Veranstalter auf das Vorgehen bei dieser Demonstration berufen und die gleiche Behandlung einfordern - nach dem Motto „ihr habt es denen doch erlaubt“. „Erlaubt haben wir es nicht, wir räumen es aber auch nicht weg“, betonte Schreiber.