Fast 3 000 Menschen wollen an dem Gelage in der U-Bahn teilnehmen. Andreas Wankum (CDU) befürchtet Schlägereien und Polizeieinsätze.
Hamburg. Der medienpolitische Sprecher der CDU, Andreas Wankum, befürchtet Exzesse, Schlägereien und Polizeieinsätze bei einer Party, zu der im sozialen Netzwerk Facebook aufgerufen wird: "Es ist nahezu programmiert, dass die Sache aus dem Ruder läuft." Bei der Veranstaltung "HVV-Abschiedstrinken" wollen die Fahrgäste ein letztes Mal die Freiheit auskosten, in den öffentlichen Verkehrsmitteln ein Bier oder eben auch eine ganze Flasche Wodka zu trinken, bevor am 1. Oktober ein generelles Alkoholverbot für alle Busse und Bahnen des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) in Kraft tritt. "Ich freue mich auf eine friedliche und gelassene Party", steht in der Einladung, die ein Anonymer dazu auf Facebook erstellt hat. Wankum allerdings befürchtet Ausschreitungen - so wie es bei einer U-Bahn-Party 2008 in London der Fall war. "Ich finde so etwas als Politiker und als Vater unverantwortlich", sagt Wankum. "Das ist die unsoziale Seite des sozialen Netzwerks." Aber das sei noch gar nicht das Schlimmste. "Ich finde es unmöglich, dass da sogar welche von der Jungen Union mitmachen."
Unter den fast 3000 Menschen, die bereits "Nehme teil" geklickt haben, sind auch einige Mitglieder des Parteinachwuchses. "Man klickt ja schnell mal irgendwohin", sagt JU-Vorsitzender Carsten Ovens beschwichtigend. Das sei so üblich und bedeute nicht zwangsläufig, dass man an der Veranstaltung auch wirklich teilnimmt. Und: "Wir rufen nicht dazu auf, mitzumachen." Trotzdem werden andere über das Profil der Person auf die Party aufmerksam. Und auch Ovens sieht die Gefahr der Eskalation: "Das ist grundsätzlich so, wenn betrunkene Menschenmassen unkoordiniert zusammentreffen." Er hoffe aber, dass es nicht soweit kommt und weniger Menschen erscheinen als zugesagt haben. Die JU plane derzeit eine eigene Aktion an dem Tag, da sie das Verbot grundlegend ablehne.
Beim HVV wird derzeit in Abstimmung mit der Polizei und der Innenbehörde an einem Konzept gearbeitet, wie mit der Party umgegangen werden soll. "Die Sicherheit der Fahrgäste hat Vorrang", sagt HVV-Sprecher Christoph Kreienbaum. Die Ringlinie U 3 wird im Internet momentan als Partybahn bevorzugt. Allerdings ist die Strecke bis zum 3. Oktober teilweise gesperrt und ein Ersatzverkehr eingerichtet. Allein deswegen ist mit einem Durcheinander beim Umsteigen zu rechnen - und so mit einem höheren Unfallrisiko.
Hansjörg Schmidt, medienpolitischer Sprecher der SPD, glaubt nicht daran, dass die Veranstaltung verhindert werden kann. Er verweist auf die Konsequenzen: "Wer bewusst zu so etwas aufruft, ohne ein vernünftiges Veranstaltungsmanagement zu haben, muss sich nicht wundern, wenn nachher eine Rechnung kommt." Ebenso sieht es Innensenator Michael Neumann (SPD), der bereits hohe Rechnungen für die Initiatoren solcher Facebook-Partys ankündigte. Dies ist nicht der erste Fall, bei dem das soziale Netzwerk Facebook seine unsoziale Seite zeigt. Es gibt Schwarzfahrer, die sich dort gegenseitig vor Kontrollen warnen, und auch Blitzermeldungen sind mit der richtigen App jederzeit auf dem Smartphone verfügbar. "Aber Facebook ist ja nur die Plattform. Wenn, dann sind es die Nutzer, die unsozial sind", sagt Mediensprecher Schmidt.
Sein Namensvetter Dr. Jan-Hinrik Schmidt forscht am Hans-Bredow-Institut zum Web 2.0 und sieht das ähnlich. "Man kann nicht sagen, Facebook ist per se gut oder schlecht." Es gebe dort alle Facetten des Miteinanders - schließlich seien auch schon viele positive Dinge über das Netzwerk gelaufen. Früher wäre eine solche Party mit Flugblättern organisiert worden. "Das Internet hat das Ganze nur deutlich erleichtert", sagt Schmidt. Einladungen lassen sich schnell über ein Schneeballsystem verbreiten, ohne dabei flüchtig zu sein wie das gesprochene Wort. "Außerdem bedeutet nicht jede Zusage im Internet, dass man dann auch wirklich dabei ist." Viele klickten nur, um auf dem Laufenden zu bleiben, da sie nach dem Klick auch Informationen zu dem Thema erhalten. Andere wollten nur ein Image kreieren, wie sie von ihrem Netzwerk wahrgenommen werden wollen. Von einer gesetzlichen Regulierung hält Schmidt aber nichts. "Ich hoffe, dass sich das selbst regelt, indem die anderen Nutzer die Personen auf die missachteten Normen und Gesetze aufmerksam machen." Im Fall der Warnungen für Schwarzfahrer ist dies schon geschehen. Es gibt nun auch die Seite "Gegen Schwarzfahren".