Clara Simone Neugebauer und Paul Moritz wollen als Tageseltern zehn Kinder betreuen, doch die Behörden machen ihnen das Leben schwer.
Rotherbaum. Clara Simone Neugebauer und Paul Moritz wollen Tageseltern werden. Ein guter Plan, dachten die beiden im vergangenen Sommer, denn sie suchten eine erfüllende Aufgabe, und Hamburg braucht dringend Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Die Räumlichkeiten im Grindelviertel waren schnell gefunden, die Grundqualifizierung zur Tagespflege absolviert. Anfang März sollte es losgehen. Doch daraus wird nichts.
"Obwohl alles genau abgesprochen war, werden unsere Anträge nicht genehmigt", sagt Clara Neugebauer, 37, selbst Mutter von vier Kindern. "Wir mussten einen Antrag auf Nutzungsänderung für die Erdgeschossräume, die wir mieten wollen, stellen." Den Antrag "Umnutzung zur Großtagespflegestelle mit maximal zehn Kindern" reichten die beiden am 15. November 2010 ein. Eineinhalb Monate später erhielten sie Post vom Fachamt Bauprüfung im Bezirk Eimsbüttel. "Jetzt sollten wir plötzlich unter anderem Grundrisse nachreichen und einen Nachweis des Schallschutzes nach DIN 4109", sagt Moritz Paul, 32. Die Bestätigung eines Statikers, dass die Räumlichkeiten, die derzeit für Gesangstherapien und Schauspielunterricht genutzt werden, diese DIN-Norm erfüllen, reichte jedoch nicht. "Jetzt sollen wir eine Schallmessung machen lassen", sagt Paul, "das kostet etwa 2000 Euro".
Bei der Großtagespflegestelle, die seit drei Jahren auf der anderen Seite des Hausflurs arbeitet, sei das nicht nötig gewesen. Moritz Paul muss es wissen - seine Frau ist eine der drei Tagesmütter. Bis 15. Februar haben Neugebauer und Paul nun Zeit, die Schallschutzmessung nachzuweisen. "Sonst wird unser Antrag zurückgeschickt", sagt der zweifache Vater Moritz Paul.
"An dieser Stelle fragt sich ja, welche Rolle das neue Hamburgische Lärmschutzgesetz spielt", sagt die SPD-Familienpolitikerin Carola Veit. Mit diesem Gesetz sollte eigentlich verhindert werden, dass Kindereinrichtungen wegen des Lärms geschlossen oder nicht genehmigt werden. "Jetzt haben wir einen Anwendungsfall, und es zeigt sich, dass das Gesetz für die Verwaltungsentscheidung überhaupt nichts bewirkt. Es hat nämlich erst mal gar keinen Einfluss auf die Bauprüfung. Kinderlärm wird faktisch nicht privilegiert. Das Gesetz ist ein Placebo", so Veit.
Clara Neugebauer und Moritz Paul, denen die Zeit davonläuft, haben aber noch ein weiteres Problem. Sie kämpfen um den Investitionszuschuss für den kindgerechten Umbau der Räumlichkeiten. Laut Förderrichtlinie gibt es bis zu 2000 Euro pro neu geschaffenen Platz für Kinder unter drei Jahren. "Wir wollen je fünf Kinder betreuen, aber jetzt will uns die Behörde den Zuschuss nur für je drei Kinder bewilligen", sagt Clara Simone Neugebauer. Als Begründung sei ihnen genannt worden, das Geld sei wegen der unklaren politischen Situation eingefroren. "Außerdem gibt es plötzlich Bedenken, weil wir noch unerfahren seien", sagt Paul. "Aber wer eine neue Tagespflegestelle gründet, fängt doch in der Regel neu an." Er und seine Kollegin sind zudem sicher, dass der Zulauf auf ihre Tagespflegeplätze enorm sein wird. "Wir sind hier im Grindelviertel, der Bedarf ist sehr groß", sagt Paul, der mit seiner Kollegin bereits mehrere Infoveranstaltungen für Eltern gemacht hat.
"Wir werden diesen Fall aufklären", verspricht Julia Seifert, Sprecherin der Sozialbehörde. "Geld aus dem Krippenausbauprogramm ist jedenfalls genug da, und nichts davon ist eingefroren."
Ein Problem mit der Auszahlung von Zuschüssen an Tagesmütter hat die Behörde aber auf jeden Fall: Zum 1. Februar 2011 wird die dritte Qualifikationsstufe eingeführt - für Tagespflegepersonen, die eine pädagogische Ausbildung haben und entsprechend besser entlohnt werden sollen. Das Geld wird allerdings nicht fristgerecht fließen. "Ja, bedauerlicherweise wird sich die Auszahlung wegen technischer Schwierigkeiten verspäten", bestätigt Seifert.