Die Hamburger SPD hat mit einer deutlichen Mehrheit Olaf Scholz zum Spitzenkandidaten für die Bürgerschaftswahl im Februar gewählt.

Hamburg. Fünf Wochen vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg hat die SPD als letzte der großen Parteien Programm und Kandidatenliste verabschiedet – und dabei keinen Zweifel gelassen, dass sie nach rund zehn Jahren Opposition unbedingt wieder an die Macht will. Eine Landesvertreterversammlung setzte Parteichef Olaf Scholz am Sonnabend mit 317 von 325 Stimmen auf Platz eins der Kandidatenliste. Das entspricht einer Zustimmung von 97,54 Prozent. Statt eines Wahlprogramms wie die anderen Parteien verabschiedeten die Sozialdemokraten gleich ein Regierungsprogramm. In dessen Zentrum stehen unter anderem die Themen Finanzen, Wirtschaft, Bildung und Wohnungsbau.

Umfragen zufolge kann die SPD nach dem Aus von Schwarz-Grün mit einem sehr guten Ergebnis rechnen. Zuletzt sprachen sich in einer Infratest-dimap-Befragung im Auftrag des NDR 43 Prozent der Wahlberechtigten für die SPD aus. Die CDU könnte nach ihrem Absturz nach dem Aus von Schwarz-Grün zwar vier Prozentpunkte wieder gut machen, käme aber immer noch auf nur 26 Prozent – nach fast 43 Prozent bei der Wahl 2008. Die Grünen, verantwortlich für das Ende von Deutschlands erster schwarz-grüner Regierungskoalition auf Landesebene, könnten mit 17 Prozent rechnen, die Linke mit 5 Prozent. Die FDP würde danach wie schon 2004 und 2008 mit 4 Prozent erneut an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.

Die guten Umfrageergebnisse machen die SPD zu einem begehrten Koalitionspartner. Nicht nur die Grünen, auch CDU und FDP könnten sich ein Bündnis mit Scholz vorstellen. Doch der Umworbene erteilte einem schwarz-roten Bündnis erneut eine Absage. Die Bürgerinnen und Bürger wollten die CDU abwählen, sagte Scholz am Sonntag in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Daher sei es eine "völlig absurde Perspektive, wenn jetzt die CDU ... den Eindruck erweckt, sie wolle Junior-Partner einer großen Koalition werden“. Hamburgs Bürgermeister und CDU-Spitzenkandidat Christoph Ahlhaus hatte der "Hamburger Morgenpost“ (Sonnabend) gesagt, er sehe eine große Koalition derzeit als beste Möglichkeit.

Neben altbekannten Köpfen wie Bürgerschaftsvizepräsidentin Barbara Duden auf Platz zwei (304 von 321 Stimmen) und Fraktionschef Michael Neumann auf Platz drei (285 von 312 Stimmen) setzten die Sozialdemokraten auch Überraschungskandidaten auf die Landesliste: Dazu zählt etwa der Reeder Erck Rickmers auf Platz 13. Vergangene Woche konnte Scholz bereits eine Coup verzeichnen, indem er den bisherigen Handelskammerpräsidenten Frank Horch als künftigen Wirtschaftssenator verpflichten konnte. Sowohl Horch, Geschäftsführer von Blohm + Voss, als auch Rickmers, Chef von mehr als 3.000 Mitarbeitern, betonten vor den Arbeiterpartei-Anhängern, stets den Mensch in den Mittelpunkt ihres Wirkens zu stellen.

Scholz stimmte die Genossen auf einen kurzen, aber harten Wahlkampf ein: "Klar ist, wir wollen keine Umfragen gewinnen, sondern eine Wahl. Deshalb wird uns auch niemand übertreffen im Wahlkampf.“ Der Verdruss der Menschen über die bisherige Regierung sei groß, sagte Scholz. An erster Stelle stehe für ihn deshalb die Sanierung des Haushalts. "Wir wollen 2020 in Hamburg keine neuen Schulden mehr machen. Wir nehmen die Schuldenbremse des Grundgesetzes ernst.“ Aber auch der Bau neuer Wohnungen habe Priorität – ebenso wie die Weiterentwicklung der Schulen. Eltern müssten das Gefühl haben, alles richtig gemacht zu haben, wenn sie ihre Kinder auf die nächstgelegene Schule schicken statt sie durch die ganze Stadt zu schicken.

Scholz kündigte erneut an, die Kita-Gebührenerhöhungen rückgängig zu machen. Auch müsse das Mittagessen in den Kitas kostenlos angeboten und schrittweise ein kostenloses fünfstündiges Betreuungsangebot eingeführt werden. Zudem solle niemand ohne Berufsausbildung bleiben. "Und damit das klar gesagt ist: Die Studiengebühren schaffen wir ab.“ Mit Blick auf die innere Sicherheit versprach Scholz, wieder mehr Polizisten auf die Straße zu schicken und jährlich 250 neue Polizeianwärter einzustellen.

Im Gegensatz zum amtierenden CDU-Bürgermeister Christoph Ahlhaus mache Scholz keine Homestorys für Klatschmagazine und mache auch nicht auf "Fürst von Monaco für Arme“, sagte Fraktionschef Neumann zur Freude der Sozialdemokraten. Auch werde sich Scholz nicht wie Ahlhaus das Vorzimmer seines Büros für 600:000 Euro aufhübschen lassen. Und mit Blick auf Ahlhaus' neue Villa in den Elbvororten sagte Neumann: "Wenn sich ein Bürgermeister ein renovierungsbedürftiges Chalet kauft, obwohl er weiß, dass die Steuerzahler mehr als eine Million Euro für die Sicherheitsmaßnahmen aufbringen müssen, gehört sich das nicht.“ (dpa/abendblatt.de)