Trotz aller Beteuerungen ist der 38-jährige Bürgerschaftsabgeordnete wegen Vermittlung einer Scheinehe schuldig gesprochen worden.
Hamburg. Der Hamburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Bülent Ciftlik ist wegen Vermittlung einer Scheinehe zu einer Geldstrafe in Höhe von 12.000 Euro verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter am Amtsgericht St. Georg sah es am Montag als erwiesen an, dass Ciftlik seine Ex-Freundin überredet hat, einen türkischen Bekannten zu heiraten, damit der eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Als Gegenleistung zahlte der Mann laut Gericht 7000 Euro an die ebenfalls angeklagte Ex-Freundin Ciftliks, die wiederum 3000 Euro an den Politiker als Kredit für dessen Wahlkampf weiterleitete. Ciftlik hatte stets jegliche Schuld bestritten.
Von den insgesamt drei Angeklagten wurde Ciftlik am härtesten bestraft. Bei der heute 33-Jährigen beließ es das Gericht wegen deren umfangreichen Geständnisses bei einer Verwarnung. Der Vorsitzende verurteilte sie zwar zu einer Geldstrafe in Höhe von 4900 Euro (70 Tagessätze a 70 Euro). Doch muss sie diese nicht bezahlen, sofern sie sich in den kommenden zwei Jahren nichts zuschulden kommen lässt. Ihr türkischer Mann, dem die Ausweisung droht, wurde – ebenfalls wegen falscher Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels – zu einer Geldstrafe in Höhe von 6000 Euro (120 Tagessätze a 50 Euro) verurteilt.
Der Vorsitzende Richter sagte, nach Auffassung des Gerichts haben sich in der Hauptverhandlung alle Vorwürfe der Anklage bestätigt. Ciftlik habe die Scheineehe zwischen seiner Ex-Freundin und dem türkischen Bekannten eingefädelt, betrieben und habe außerdem Geld dafür erhalten – wenn auch nur als Kredit, wie der Vorsitzende betonte. Dabei habe Ciftlik, der als Abgeordneter der Bürgerschaft eine besondere Verantwortung trage, die 33-Jährige, die sehr in ihn verliebt gewesen sei, ausgenutzt. Für Ciftlik spreche, dass er nicht vorbestraft sei, seinen Job als Parteisprecher verloren habe und seine politische Karriere jetzt sehr in Gefahr sei.
Insgesamt blieb der Vorsitzende Richter mit seinem Urteil deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte für Ciftlik und den 39-jährigen türkischen Imbiss-Besitzer jeweils eine neunmonatige Freiheitsstrafe auf Bewährung verlangt. Für die 33-Jährige forderte der Ankläger eine Geldstrafe in Höhe von 6300 Euro (90 Tagessätze a 70 Euro), die jedoch unter Vorbehalt und damit zur Bewährung ausgesprochen werden sollte.
Die Verteidigung wiederum hatte sowohl für Ciftlik als auch für den 39-jährigen Türken Freispruch verlangt. Der Anwalt der 33-jährigen Ex-Freundin Ciftliks dagegen hatte sich bei seiner Mandantin den Forderungen der Anklage angeschlossen. Während er und die 33-Jährige noch im Gerichtssaal die Entscheidung akzeptierten, verschwand Ciftlik nach der Urteil wortlos. Sein Anwalt erklärte jedoch, dass er Ciftlik dringend zu einer Berufungsverhandlung raten werde. Wichtige Beweisanträge seien abgelehnt worden. „Das ist für die Verteidigung von Herrn Ciftlik nicht akzeptabel“, sagte er.
Denn Ciftlik und dessen Verteidiger sahen den in insgesamt neun Prozesstagen verhandelten Fall in einem ganz anderen Licht. Nach deren Ansicht ist Ciftlik vielmehr ein Opfer seiner Ex-Freundin, die aus verschmähter Liebe dem SPD-Politiker schaden wollte. Ihre „chancenlose Liebe“ und „Fixiertheit auf Ciftlik“ sei „umgeschlagen in Hass und Vernichtungswillen“. Aus diesem Grund habe sie Ciftlik beschuldigt, eine Scheinehe angestiftet zu haben. Konkrete Beweise für Ciftliks Schuld habe sie jedoch nicht vorlegen können. „Nichts lässt sich durch objektive Belege nachvollziehen“, sagte der Anwalt.
Ciftliks politische Karriere – er galt lange Zeit als Hoffnungsträger der SPD Hamburg – droht nun endgültig das Aus. SPD-Chef Olaf Scholz erklärte nach dem Urteil, dass Ciftlik Partei und Fraktion verlassen solle. Anderenfalls werde er ausgeschlossen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Neumann kündigte an, rasch ein Gespräch mit Ciftlik zu führen, um zügig eine Entscheidung treffen zu können. Bei einem Ausschluss bliebe dem 38-Jährigen, dessen Mandat derzeit ruht, nur noch das Dasein als fraktionsloser Abgeordneter.