Orkan “Andrea“ riss auf seinem Weg Bäume aus, überflutete Straßen und deckte Dächer ab. In Bayern starb eine Frau bei einem Frontalzusammenstoß.
Berlin/Offenbach. Stürmisches Wetter in Deutschland: Neben peitschendem Regen, stürmischem Wind und eisigem Schnee verursachte Orkan "Andrea“ auch einiges an Sachschäden. Doch neben materiellen Schäden ereigneten sich auch menschliche Dramen: In Hannover fiel gestern ein Säugling in einen Kanal, nachdem dessen Kinderwagen von einer Sturmböe umgestoßen wurde. Das drei Monate alte Mädchen konnte durch einen beherzten Sprung der Mutter gerettet werden. In Bayern starb bei einem Autounfall eine Frau. Der Sachschaden durch "Andrea" war insgesamt allerdings bislang geringer als erwartet. In der Nacht soll das Unwetter abklingen - windig und regnerisch bleibt es aber auch in den kommenden Tagen.
Besonders schwer getroffen waren Teile Bayerns. Im oberfränkischen Weißenstadt starb eine 43 Jahre alte Autofahrerin nach einem Frontalzusammenstoß: Ein anderes Auto wurde von einer Sturmböe in den Gegenverkehr gedrückt, wie die Polizei vermutete. Vielerorts blockierten umgestürzte Bäume die Straßen. In Regensburg und Thannhausen wurden Dächer eines Möbelhauses und eines Supermarktes abgedeckt. Die Autobahn 3 zwischen Nürnberg und Passau musste auf einer Länge von etwa fünf Kilometern zeitweise komplett gesperrt werden, um umherfliegende Teile eines Wellblechdachs zu bergen.
Dabei schien es Anfangs, als wäre „Andrea“ milder gestimmt als Wetterexperten befürchtet hatten. Aus Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein wurden nur geringe Schäden gemeldet, auch wenn der Wind einige Bäume zu Fall brachte und Äste abriss. Schließlich rechneten die Meteorologen mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde. Im Schwarzwald wurden Böen von bis zu 170 Kilometern pro Stunde erwartet. Das Sturmtief zog vom Nordwesten nach Südosten, je nach Region gab es zu dem Windstößen Gewitterfronten und Regengüsse oder Kälteeinbruch und Schneefall.
Der Sturm - benannt nach einer 34-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen - schien umso heftiger zu werden je weiter er sich nach Süden schob. Im Landkreis Kusel in Rheinland-Pfalz wehte eine Böe ein Auto mit fünf Insassen von einer Bundesstraße in den Straßengraben. Verletzt wurde niemand, am Auto entstand jedoch Totalschaden. In Enkirch an der Mosel bog eine 69-Jährige in eine überflutete Unterführung ein - und blieb in dem hüfthohen Wasser stecken.
In Hessen riss „Andrea“ Bäume aus, warf einen Container von einem Schiff auf dem Rhein und kippte einen Lastwagen um. Verletzte gab es aber nicht. In Frankfurt wurden rund 20 für Donnerstag geplante Beerdigungen abgesagt. Die Gefahr, dass Trauernde durch Bäume oder Äste verletzt werden, sei zu groß, hieß es. Auch in der Pfalz wurden vereinzelt Friedhöfe gesperrt. In Köln wurde die „Hochwassermarke eins“ erreicht. „Es gibt erste Einschränkungen für die Schifffahrt“, sagte der Leiter der Hochwasserschutzzentrale Reinhard Vogt.
„Bis zum Abend ist der Spuk in den meisten Teilen Deutschlands vorbei“, versprach Meteorologe Helmut Malewski vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. In den kommenden Tagen bleibe es aber windig, und in den Niederungen werde es weitere Regenfälle geben. Vor allem in den Alpen sei eine Menge Schnee zu erwarten.
Weitere Sturmmeldungen:
In Norddeutschland gab es nach Angaben von Polizei und Feuerwehr zunächst keine nennenswerten Schäden . Nur wenige Bäume seien umgekippt. Vorsorglich waren mehrere Brücken für Autos mit Anhängern und leere Lastwagen gesperrt worden. Fähren stellten den Betrieb ein. Im Bodenseekreis im Südwesten beschädigten umfallende Bäume drei fahrende Autos, Menschen seien aber nicht zu Schaden gekommen, hieß es. Die Zoos in Karlsruhe und Heidelberg sowie einige Friedhöfe blieben geschlossen.
In Nordrhein-Westfalen wurden zunächst keine größeren Schäden gemeldet. Am Donnerstagmorgen war eine Gewitterlinie mit starkem Regen und schweren Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten bis 100 Kilometern pro Stunde übers Land gezogen. Bis zum Abend erwarten die Meteorologen weitere Sturmböen und Regen. Unwetterwarnungen wurden aber größtenteils aufgehoben.
Auf dem Brocken im Harz und auf den Alpengipfeln könne es zu extremen Orkanböen mit Geschwindigkeiten über 140 Stundenkilometer kommen, warnte der DWD am frühen Morgen. Für Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern wurden starke Schneeverwehungen angekündigt. Köln bereitete sich auf das erste Hochwasser des Jahres vor. „Inzwischen ist die Hochwassermarke eins erreicht“, sagte der Leiter der Hochwasserschutzzentrale in Köln, Reinhard Vogt. „Es gibt erste Einschränkungen für die Schifffahrt.“
In Frankreich zog der Sturm vor allem über den Norden des Landes, wo er in der Nacht zu Donnerstag nach Angaben der Feuerwehr Schäden an Dächern und Oberleitungen anrichtete. Ein umgestürzter Baum auf der Autobahn A 1 Lille-Paris verursachte einen Unfall mit zwei Lastwagen. Die Strecke musste am frühen Morgen vorübergehend gesperrt werden.
Unwetter fordert ein Menschenleben in Belgien
Bei schweren Unwettern infolge des Orkans "Andrea"ist ein 64-jähriger Belgier ums Leben gekommen. Der Mann wurde im flämischen Roosdaal bei Brüssel von einer etwa fünf Meter hohen Tür erschlagen,berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Bei den Unwettern im ganzen Land gab es zudem mehrere Verletzte. Der Wind fegte mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde über das Land. Häuser wurden abgedeckt, Bäume stürzten um, überflutete Straßen waren unpassierbar.
Die Thalys-Hochgeschwindigkeitszüge verspäteten sich auf dem Weg von den Niederlanden nach Brüssel. Wie Thalys mitteilte, hatten die Züge bis zu eine Stunde Verspätung.Reisende nach Deutschland kamen wegen eines Unfalls auf der Strecke Paris-Brüssel-Köln am Morgen mehr als eine Stunde verspätet an. Grund war nach Angaben von Thalys aber nicht das Wetter, sondern ein nicht näher beschriebener Personenschaden in Nordfrankreich.