Nach Auffassung des Hamburger Landgerichts hat der 53-Jährige Schütze seine Sorgfaltspflicht bei dem Einsatz nicht verletzt.

Hamburg. Nach einem tödlichen Schuss bei einem Polizeieinsatz hat das Hamburger Landgericht den Freispruch im Prozess gegen einen Zivilfahnder am Dienstag in zweiter Instanz bestätigt. Der Beamte musste sich erneut wegen fahrlässiger Tötung verantworten, da Angehörige des getöteten Opfers gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt hatten.

Nach Auffassung des Landgerichts verletzte der 53-Jährige seine Sorgfaltspflicht bei dem Einsatz jedoch nicht. „Der tödliche Ausgang war für den Angeklagten nicht vorhersehbar oder vermeidbar, er ist deshalb freizusprechen“, begründete die Richterin das Urteil.

Zivilfahnder hatten 2007 beobachtet, wie sich zwei mutmaßliche Kreditkartenbetrüger in der Hamburger Innenstadt an mehreren Bankautomaten zu schaffen machten. Bei einem nächtlichen Zugriff versuchten sie die beiden Männer zu stellen, die in einem parkenden Auto vor einer Bank warteten. Plötzlich löste sich ein Schuss aus der Dienstwaffe des Angeklagten und traf den 27-jährigen Fahrer tödlich im Rücken.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 53-Jährige unbeabsichtigt an den Abzug gekommen war. „Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände, alles spielte sich in Bruchteilen von Sekunden ab“, sagte die Richterin. Denn das Auto der Verdächtigen sei bei dem Zugriff mit einem Ruck unvermittelt nach vorne geschnellt, so dass der Angeklagte das Gleichgewicht verlor. Ein ungewollter Reflex im Muskel habe daraufhin zum Schuss geführt.

„Für den Tod kann niemand direkt verantwortlich gemacht werden“, erklärte die Richterin der kleinen Strafkammer deshalb. Die Anwälte der Familie des 27-Jährigen, die in diesem Prozess als Nebenkläger auftraten, hatten dem Zivilfahnder vorgeworfen, die Sicherheitsregeln beim Einsatz verletzt zu haben. Der Beamte hatte seine Waffe damals in der linken, ungeübteren Hand gehalten, um mit der anderen die Tür des verdächtigen Wagens zu öffnen.

„Schon in der Haltung der Waffe sehe ich eine Verletzung der Sorgfaltspflicht“, sagte die Vertreterin der 5-jährigen Tochter des Opfers und forderte, den Zivilbeamten zu einer Geldstrafe zu verurteilen. Nach ihrer Auffassung habe es Lücken bei den Ermittlungen gegeben und das Gericht den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ überstrapaziert. Die Richterin wies diese Vorwürfe zurück. Sie betonte außerdem, dass der Wechsel der Waffe in die linke Hand nicht gegen Dienstvorschriften verstoße.

Sowohl der Verteidiger, als auch die Staatsanwältin beantragten in ihren Schlussvorträgen, den Freispruch des Amtsgerichts aufrecht zu halten. „Die Situation wäre nicht eskaliert, wenn sich der Verdächtige der Polizei gestellt hätte“, sagte der Rechtsanwalt des 53-Jährigen in seinem Plädoyer. Den Vorwurf, es habe Schlampereien bei den polizeilichen Ermittlungen gegeben, bezeichnete er als „Stimmungsmache“.

Vor der Urteilsverkündung erklärte sein Mandant noch einmal: „Für mich ist das ein bedauernswerter Unglücksfall, der mir sehr leid tut.“ Die Nebenkläger kündigten an, eine Revision zu prüfen. Dann müsste das Oberlandesgericht erneut über das Urteil entscheiden.