Parteispitze unterstützt Mitgliederbefragung. Die Anfechtung der Bundestagskandidatennominierung der Annen-Anhänger wies sie zurück. Nun wird voraussichtlich das Schiedsgericht entscheiden.

Der quälende Streit in der Hamburger SPD will nicht enden. Am Freitag wies der Landesvorstand eine Anfechtung der Eimsbüttler Bundestagskandidatennominierung zurück - einstimmig bei einer Enthaltung. Nun wird voraussichtlich das SPD-Schiedsgericht entscheiden müssen, ob die umstrittene Wahl des Juso-Chefs Danial Ilkhanipour zum Bundestagskandidaten und die knappe Niederlage des Mandatsinhabers Niels Annen rechtlich einwandfrei war. Die Annen-Anhänger hatten moniert, dass drei Delegierte weniger als ein Jahr Mitglieder der SPD gewesen seien. Damit dürften sie laut Parteisatzung kein Parteiamt ausüben.

Der Parteivorstand wies diese rechtliche Einschätzung erwartungsgemäß zurück. Erstens sei die Anfechtung nicht fristgerecht eingegangen. Zweitens sei Delegierter kein Parteiamt im Sinne der Satzung. Und drittens gehe in diesem Fall das Wahlgesetz vor, erläuterte SPD-Chef Ingo Egloff nach der mehr als zweistündigen Krisensitzung des Vorstandes.

Zugleich forderte der Vorstand die Kontrahenten Annen und Ilkhanipour auf, sich einer Mitgliederbefragung in Eimsbüttel zu stellen und deren Ergebnis zu akzeptieren. Ilkhanipour aber, der sich bei den Kreisdelegierten im November formal korrekt und auf legale Weise mit 45 zu 44 Stimmen gegen Annen durchgesetzt hatte, betonte erneut, er werde sich keiner Mitgliederbefragung stellen .

Parteichef Egloff räumte ein, dass es schwierig sei, eine Lösung zu finden - und forderte alle Beteiligten noch einmal dazu auf, in sich zu gehen und zur Befriedung der Partei beizutragen. Auf die Frage, was denn eigentlich in der SPD los sei, erst der Stimmzettelklau, nun das Eimsbüttel-Chaos, sagte Egloff: "Manchmal bekommt man tatsächlich das Gefühl, man sei von Quartalsirren umgeben."

Ob es eine Lösung gibt, hängt nun allein von den beiden Kandidaten ab. Denn rein juristisch ist Ilkhanipour die Kandidatur nicht mehr zu nehmen. Aber selbst wenn Ilkhanipour zurückzöge, bliebe die Spaltung der Partei wohl bestehen. Denn es ist kaum anzunehmen, dass seine Anhänger nun Annen unterstützen würden - nachdem dieser sich offenbar bis heute nicht in seine formal korrekte Niederlage fügt. Annen wollte sich auch am Freitag nicht äußern. Auch zur Mitgliederbefragung habe er in der Sitzung nicht Stellung genommen, sagte Egloff.

Derweil mehren sich die Stimmen, die dafür plädieren, dass beide Kandidaten zurückziehen - da mittlerweile beide beschädigt seien. Egloff aber sagte, er sehe bisher keinen "weißen Ritter", der als rettender Dritter geritten komme.

Der amtierende Eimsbüttler Kreisvorsitzende Milan Pein hat unterdessen im Streit um die Neuwahl des Kreischefs nachgegeben. Er regte Freitag an, eine doppelte Mitgliederbefragung durchzuführen. Darin sollen die Eimsbüttler Genossen nicht nur ankreuzen, ob sie lieber Annen oder Ilkhanipour als Bundestagskandidaten sehen wollen - sondern auch, wer den Kreisvorsitz übernehmen soll. Bisher haben nur Pein und der Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer ihre Kandidatur für den Eimsbüttler SPD-Vorsitz angekündigt.

"Ich stelle mich so dem Votum der Mitglieder und werde mich diesem auch beugen", sagte Pein. Sprich: Sollte Böwer die Mehrheit bekommen, werde er bei der letztlich entscheidenden Delegiertenversammlung nicht für den Vorsitz antreten.

Er hoffe, dass das auch andere bewege, ihre Sache noch einmal zu überdenken, so Pein. Soll heißen: Auch Annen oder Ilkhanipour sollten im Falle einer Niederlage bei der Befragung zurückziehen. Böwer begrüßte den Vorschlag, den Kreischef per Mitgliederbefragung zu wählen.

Insgesamt deutet also alles darauf hin, dass sich die Krise der SPD auch über die Feiertage und bis ins neue Jahr hinziehen könnte, da die Vorbereitung der Mitgliederbefragung einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Gelöst wurden die Probleme mit der gestrigen Vorstandssitzung jedenfalls nicht. Besonders sauer ist man in der Bürgerschaftsfraktion über das Chaos. Der Senat biete so viel Angriffsfläche, hieß es. Die SPD aber beschäftige sich wieder nur mit sich selbst.