Behörde wirft Bahn vor, nicht schnell genug gehandelt zu haben. Es habe Gefahr bestanden.

Hamburg. Die technischen Probleme der Deutschen Bahn nehmen kein Ende und erreichen nun den Hamburger Nahverkehr. Auf Anweisung des Eisenbahn-Bundesamts (EBA) musste die Bahn von Mittwoch auf Donnerstag ihren S-Bahn-Betrieb zwischen Neugraben und Wilhelmsburg für 21 Stunden einstellen, nachdem "Oberflächenfehler an den Weichenzungen" festgestellt worden waren. Tausende Fahrgäste mussten von Mittwochmittag bis gestern um neun Uhr auf Ersatzbusse, Fernzüge oder Regionalbahnen des Konkurrenten Metronom ausweichen. Viele Pendler kamen deshalb zu spät zur Arbeit.

Das Besorgniserregende an dem Vorfall: Die Mängel an den Weichen hatte die Bahn nach Informationen des Abendblatts bereits am Dienstag auf einer Inspektionsfahrt gemeinsam mit Experten des Eisenbahn-Bundesamts festgestellt. Die Bahn sollte sich daraufhin zu dem Vorfall äußern, "doch das Unternehmen reagierte nicht", sagte EBA-Sprecherin Bettina Baader dem Abendblatt. Daraufhin griff die Aufsichtsbehörde zu ihrem schärfsten Schwert und verfügte am Mittwoch die sofortige Einstellung des Fahrbetriebs. "Der Fehler war so groß, dass der Betrieb nicht gefahrlos hätte fortgeführt werden können", so Baader.

Die Bahn wurde aufgefordert, die Weichen unverzüglich auszutauschen. "Wir haben die Arbeiten in der Nacht zum Donnerstag ausgeführt", sagte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis. Warum der Konzern sich nicht zu dem Missstand geäußert hatte und früher handelte, erklärt Meyer-Lovis mit "Kommunikationsproblemen": Man habe zwar intern auf das Problem reagiert und Ersatzteile bestellt, "doch wir haben dies nicht dem EBA mitgeteilt".

Nicht nur die Harburger Weichen sorgen für Ärger zwischen Bahn und Aufsichtsbehörde. Bereits bei den jüngst aufgetretenen Rissen an ICE-Achsen wurde die Bahn erst nach Einschreiten des Eisenbahn-Bundesamtes aktiv. Die Prüfer ordneten einen kürzeren Prüfzyklus für die betroffenen Züge an. Wegen technischer Fehler an Türen bei Nahverkehrszügen streiten das EBA und die Bahn sogar vor Gericht. Allein 2007 zwang die Aufsichtsbehörde das Unternehmen in 103 Fällen zur Mängelbeseitigung.

Fahrgastverbände und Kritiker der Bahnprivatisierung sehen sich durch die Vorfälle darin bestätigt, "dass die Bahn katastrophal wenig in das Schienennetz investiert, um ihre Bilanzen für den Börsengang zu schönen", sagte Carl Waßmuth von der Organisation "Bahn von unten". Die Folgen seien mehr Unfälle, mehr fehlerhafte Fahrzeuge und Gleisabsenkungen.