Die Hamburger Eisbeinwoche gilt in der Branche als wichtigste Kontaktbörse - gerade in Zeiten der Krise.
Sinkende Frachtraten, Finanzierungen auf der Kippe - die letzten Monate waren für die weltweite Schifffahrtsbranche besonders nervenaufreibend: Die internationale Finanzkrise war daher auch am Freitagabend Hauptthema beim traditionellen Eisbeinessen der Hamburger Schiffsmakler. Von manchen als eine Art Schützenfest der Schifffahrt belächelt, gilt die Veranstaltung im CCH in der Branche selbst als wichtigstes Treffen überhaupt. Tausende Reeder, Schiffsmakler und Schiffsagenten aus aller Welt sind dann in der Stadt. "Hamburg war in dieser Woche das Schifffahrtzentrum der Welt, die Branche ist dann praktisch lahmgelegt, weil so viele hier sind", sagt Klaus Bültjer, Geschäftsführer der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffagenten, die das traditionelle Treffen seit 1948 organisiert. Allein 5400 Gäste kamen zum traditionellen Eisbeinessen ins CCH, eine Rekordbeteiligung.
3750 Stück Eisbein, 750 Kilo Kassler oder Hunderte Kalbsteaks für muslimische Gäste wurden dort nahezu gleichzeitig serviert. Gefolgt von gut 9000 Litern Bier und 12 000 Schnäpsen. Nach dem Essen strömten dann weitere Gruppen hinzu. "Beim after Dinner waren es etwa 6000 Gäste", so Bültjer.
Insgesamt waren fast 10 000 Schifffahrtsleute aus 50 Nationen in Hamburg, schätzt Bültjer. "Ein solches Treffen ist weltweit einmalig", sagt er. Denn zusätzlich zum Eisbeinessen finden traditionell zahlreiche Treffen, Essen und Partys auch noch rund ums CCH statt, wo sich die Branche bei vielen weiteren Gelegenheiten trifft, Geschäfte bespricht und Visitenkarten austauscht. In der Branche auch "Japanese Handshake" genannt, weil mit dem Händedruck wie in Japan üblich die kleinen Kärtchen getauscht werden. Am Donnerstag gab es bereits ein Pre-Eisbeinessen mit den ersten Gästen. Und schon
Tage vorher besuchten Schifffahrtsleute aus aller Welt die Hamburger Kontore. Es wurde verhandelt, Millionen-Deals wurden eingefädelt und auch einmal in den Büros selbst gefeiert. "Eine Einladung zur Hamburger Eisbeinwoche gilt als ein Ritterschlag, der persönliche Kontakt ist immer noch wichtiger, als E-Mails es je sein können", sagt Bültjer. Und längst ist es nicht mehr eine dunkelblau gekleidete Männerdomäne. Etwa ein Drittel der Gäste sind Frauen, so Bültjer.
Doch das Treffen hat nicht nur Bedeutung für die weltweite Schifffahrt: Viele Hotels in der Hamburger Innenstadt sind bereits Tage vorher ausgebucht. "Das ist vergleichbar mit einem Tennis-Finaltag am Rothenbaum", sagt Sascha Albertsen von der Hamburg Tourismus GmbH. Auch Gastronomen machen Kasse, wenn die nicht selten trinkfesten Schifffahrtsleute rund ums CCH ausschwärmen, um weiterzufeiern. "Das ist einer unserer Spitzentage", so Gregor Maihöfer vom Hotel- und Gaststättenverband in Hamburg. Auf der Reeperbahn werden Sonderschichten eingelegt, heißt es bei Spöttern. Und auch für die Hamburger Taxifahrer gilt das Eisbeinessen als ein ganz besonderer Termin: "Das ist eine unserer besten Nächte", sagt Thomas Lohse, Vorstand der Taxen Union Hamburg.
Und für die Schifffahrtsbranche? Während das vergangene Eisbeinessen 2007 angesichts einer Boomphase noch von großer Euphorie gekennzeichnet war, gab es jetzt manchmal schon Katerstimmung vor dem eigentlichen Fest. "Doch gerade in solchen Zeiten ist das Kontakteknüpfen wichtig", sagt Schiffsmakler Bültjer. Und außerdem vertraue die Branche darauf, dass es wieder aufwärts geht. Schließlich sei es immer schon so gewesen, sagt Bültjer: "Ebbe und Flut - das ist Kaufmannsgut."