Unternehmen sollen Temperaturen von Einleitungen um sieben Grad senken. “Katastrophal für die Wirtschaft.“

Hamburg. Die Hamburger Wirtschaft fürchtet Belastungen in zweistelliger Millionenhöhe sowie einen "massiven Verlust von Arbeitsplätzen". Industrieunternehmen wie die Norddeutsche Affinerie (NA) sehen sogar ihre "Wettbewerbsfähigkeit gefährdet". Hintergrund ist der neue Wärmelastplan für die Elbe zwischen Mündung und Geesthacht ("Tideelbe"): In ihm wollen die drei Länder Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Einleitung von Kühlwasser in den Strom neu regeln.

Nach Abendblatt-Informationen soll die erlaubte Einleittemperatur um sieben Grad gesenkt werden, von bisher 35 Grad auf 28 Grad Celsius. So soll die weitere Erwärmung des Flusses gebremst werden. Umweltforscher warnen: Je höher die Wassertemperatur, desto weniger Sauerstoff ist im Fluss - immer mehr Fische wären gefährdet, im Extremfall droht sogar ein "Umkippen" des Flusses.

Doch die Umsetzung des neuen Wärmelastplans wird teuer. Hamburgs Handelskammerpräses Frank Horch sagte, der Plan sei "katastrophal für die ganze Hamburger Wirtschaft". Für zahlreiche Firmen, die Elbwasser zur Kühlung nutzen, wäre eine solche Absenkung der Einleittemperatur mit "erheblichen Investitionen" für Rückhaltebecken oder Kühltürme verbunden und würde dadurch "mit Sicherheit den Wegfall von Arbeitsplätzen bedeuten".

Affi-Sprecherin Michaela Hessling sagte dem Abendblatt: "Eine Verringerung der Einleitungstemperatur auf 28 Grad Celsius ist für die Kühlsysteme der Norddeutschen Affinerie aus technischer Sicht nicht möglich." Der Bau von Kühltürmen sei aufgrund "des hohen Energieverbrauchs nicht nur ökologisch der falsche Weg, sondern würde wegen der hohen Investitions- und Betriebskosten die Wettbewerbsfähigkeit der NA gefährden". Für neue Projekte, wie zum Beispiel das geplante Vattenfall-Kohlekraftwerk in Moorburg, würden die neuen Grenzwerte ab sofort gelten. Schon bestehende Industrieunternehmen müssten bis 2012 nachrüsten. Rund 15 Hamburger Firmen, darunter die Norddeutsche Affinerie, Holborn, die Ölmühle und Trimet, wären davon betroffen.

Während die Wirtschaft vor den Kosten der Temperaturabsenkung warnt, drängt der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf die "schnelle Verabschiedung" des Wärmelastplans. Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg, fürchtet andernfalls eine "genehmigungsrechtliche Willkür auf Kosten der Tideelbe". In Brunsbüttel seien Kraftwerke geplant, die bis zu 33 Grad Celsius warmes Kühlwasser in den Fluss einleiten würden. "Dies wäre eine gewässerökologische Katastrophe." Braasch kritisierte, dass der Plan immer noch nicht offiziell vorliege. Tatsächlich hatte die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) den neuen Wärmelastplan schon für Januar 2008 angekündigt. Die zurzeit gültige Regelung stammt aus dem Jahr 1973 und ist auch aus Sicht der BSU "längst überholt".