Kupferhütte: Dann müssen wir anderswo investieren. Auch die Holborn Europa Raffinerie sieht Standort in Gefahr.

Hamburg. Verlassen zwei große Traditionsunternehmen die Hansestadt? Die Norddeutsche Affinerie (NA) und die Holborn Europa Raffinerie sehen ihren Standort in Hamburg gefährdet , wenn der Senat wie geplant ab dem 1. Januar scharfe Auflagen für die Einleitung von Kühlwasser in die Elbe vorgibt.

Nach Abendblatt-Informationen wird der Senat am 23. Dezember den sogenannten "Wärmelastplan für die Tideelbe" beschließen. In der Verordnung, die dem Abendblatt vorliegt, wird die Einleittemperatur auf 28 Grad Celsius begrenzt. Bisher waren es 35 Grad Celsius. Damit wollen Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein den Fluss und dessen Tier- und Pflanzenwelt vor Überhitzung schützen. Schleswig-Holstein und Niedersachsen haben den Plan bereits verabschiedet. Schon bestehenden Betrieben sollen für die Umsetzung Übergangsfristen bis Ende 2012 gewährt werden.

"Wir können diese Werte nicht einhalten", sagte Affi-Sprecherin Michaela Hessling dem Abendblatt. Nach Konzernangaben müsste die NA, um die Auflagen zu erfüllen, 60 Millionen Euro in den Bau von Kühltürmen investieren. Diese würden aber durch den erhöhten Strombedarf die Kohlendioxid-Bilanz negativ beeinflussen. Eine andere Variante wäre, die Durchlaufmenge des Kühlwassers zu erhöhen. Auch dafür müssten für rund 60 Millionen Euro neue Rohrleitungen und Pumpen angeschafft werden, so Hessling. Diese Investitionen würden die Gewinne des Unternehmens auffressen.

"Aktionäre wollen Dividenden. Gibt es die nicht, müssen wir uns langfristig überlegen, in Ländern zu investieren, in denen es solche Belastungen nicht gibt", sagte Hessling. Sie hofft jetzt auf eine Ausnahmeregelung für die Affinerie.

Auch Frank Heyder, Geschäftsführer der Holborn Europa Raffinerie, setzt auf eine Sonderregelung mit der Behörde. Das Unternehmen müsse mit internationalen Betrieben konkurrieren, "die nicht solch strengen Auflagen" unterliegen, sagte Heyder zum Abendblatt. "Mit dem Wärmelastplan werden Rahmenbedingungen geschaffen, die es für Anteilseigner fast unmöglich machen, zu investieren und am Standort zu bleiben."

Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt verteidigt dagegen den Elbe-Schutz: "Wir brauchen einen neuen Wärmelastplan, damit die Elbe auch angesichts der Vielzahl neuer Kraftwerksplanungen als ökologisch wertvolles System erhalten bleibt", sagte Sprecher Volker Dumann. Man werde versuchen, mit den Betrieben "individuelle Lösungen" zu erarbeiten.

Wärmelastplan: Unternehmen fürchten Wettbewerbsnachteil Der Vorsitzende des Industrieverbandes Hamburg, Frank Horch, forderte einen "gemeinsamen Weg" von Politik und Wirtschaft bei der Umsetzung des "Wärmelastplans für die Tideelbe". Die Produktion der Unternehmen dürfe durch die Maßnahmen zum Schutz der Elbe nicht gefährdet werden. Er kündigte an, "jedes betroffene Unternehmen stark zu unterstützen".

Mit dem Wärmelastplan für die Elbe zwischen Mündung und Geesthacht (Tideelbe) wollen Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Einleitung von Kühlwasser in die Elbe neu regeln. So soll die weitere Erwärmung des Flusses gebremst werden. Umweltforscher warnen: Je höher die Wassertemperatur, desto weniger Sauerstoff ist im Fluss - immer mehr Fische wären gefährdet, im Extremfall droht sogar ein "Umkippen" des Flusses. Der bisher geltende Wärmelastplan stammt aus dem Jahr 1973. Inzwischen haben sich aber entlang der Elbe zahlreiche neue Unternehmen angesiedelt und acht Kraftwerke gebaut. Deren Einfluss auf die Wasserqualität wurde in dem neuen Plan mit einbezogen.

Das Problem für viele Betriebe: Um sich an die neuen Auflagen halten zu können, müssten sie sehr viel Geld investieren - die Norddeutsche Affinerie rechnet mit etwa 60 Millionen Euro. Da die Kupferhütte oder auch die Holborn Europa Raffinerie aber mit internationalen Betrieben konkurrieren müssen, die keine solchen Auflagen erfüllen müssen und zudem nicht dem teuren Emissionshandel für Kohlendioxid-Zertifikate unterliegen, fürchten sie einen massiven Wettbewerbsnachteil. Um den Aktionären weiterhin hohen Dividenden auszahlen zu können, überlegen sie deshalb, auf entsprechende Investitionen in Deutschland zu verzichten und die Produktion ins Ausland zu verlegen. Die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt stellte aber klar, nicht auf Konfrontationskurs mit der Industrie gehen zu wollen, sondern gemeinsam mit den Betrieben eine individuelle Lösung zu finden.