Prozess: 54-Jähriger steht wegen Sachbeschädigung in 24 Fällen vor Gericht.

Seine Welt sind die Graffiti. Sein zweites Zuhause, das sind die Gefängnisse und Gerichtssäle: Mehr als 120 000 Zeichen, so die Polizei , prangen von ihm in der Stadt, das bekannteste ist "Oz". An Hauswänden, Postkästen, Bahnanlagen, Verkehrszeichen sowie Stromanlagen. Schaden laut Experten: weit mehr als hunderttausend Euro. Walter Josef F. (54), Hamburgs ältester und berüchtigster Graffiti-Schmierer, steht derzeit wieder vor Gericht.

Unruhig rutscht der hohlwangige Mann auf der Anklagebank hin und her. Mit misstrauischen Blicken beobachtet er den Richter und die Staatsanwältin - und die Zeugen, die zuhauf aufmarschieren. 21 waren es allein am gestrigen Verhandlungstag. "Es gibt Graffiti-Hasser und Graffiti-Freunde", formuliert der Angeklagte einmal trocken.

Sachbeschädigung in 24 Fällen lautet ebenso trocken die Anklage vor dem Amtsgericht. Er ist angeklagt, zwischen September 2002 und Oktober 2003 Stromverteileranlagen, Verkehrszeichen und Postkästen mit seinen "Tags" (Schriftzeichen) versehen zu haben: "NBS", "Oz", Smiley-Gesichter. Zum Teil soll er auch Scheiben mit einem Schraubendreher zerkratzt haben. Einige Taten, bei denen Polizisten ihn erwischt hatten, hat er eingeräumt.

"Einige Smileys habe ich gemacht", sagt er einmal, als ihm Fotos von Tatorten vorgehalten werden. Stück für Stück werden die Fälle behandelt - akribische Arbeit für die Juristen. Da soll "Oz" eine Wand an der Max-Brauer-Allee/Schulterblatt verschandelt haben. "Oz": "Das ist eine legale Wand." Richter: "Die Wand gehört der Deutschen Bahn." "Oz": "Die Deutsche Bahn ist mir hinreichend bekannt." Richter: "Hat sie Ihnen das erlaubt?" "Oz" uneinsichtig: "Muss ich die Deutsche Bahn fragen?" Zudem sei die Wand schon vorher bemalt gewesen, meint "Oz". Der Richter: "Rein künstlerisch" sehe sie nun besser aus als früher. Einmal spricht ein Zeuge von "Schmiererei". Da hebt der Angeklagte mahnend den Finger, sagt: "Kunst und Schmiererei ist zweierlei." Bei einem anderen Schmier-Vorwurf blökt er dazwischen: "Ich habe die Wand nur neu gemalt."

Jahre hat der Sozialhilfeempfänger schon wegen seiner Graffiti-Taten in Gefängnissen verbracht, zuletzt verbüßte Walter Josef F. eine mehrjährige Haftstrafe.

Wer kann den Dauer-sprüher stoppen? Die Justiz? Sie stößt bei ihm an ihre Grenzen.