“Wenn wir hier Sturmflut haben, vibriert der Deich.“ Harald Zahrte, Samtgemeindebürgermeister in Otterndorf, wählt gerne solch drastische Sätze, um...

"Wenn wir hier Sturmflut haben, vibriert der Deich." Harald Zahrte, Samtgemeindebürgermeister in Otterndorf, wählt gerne solch drastische Sätze, um die Sorgen seiner Bürger vor einer weiteren Elbvertiefung zu beschreiben. Und tatsächlich wohnen die Menschen dort an der niedersächsischen Elbmündung in einem Gebiet, das fast auf Meeresspiegel-Niveau liegt. Ein Deichbruch hätte da fatale Folgen, sagen sie und man mag nicht widersprechen.

Die Frage der Deichsicherheit an diesem neuralgischen Punkt nahe der Nordsee in Niedersachsen hat sich daher längst zum Knackpunkt in dem Nervenkrieg zwischen Hamburg und Hannover um eine weitere Elbvertiefung entwickelt. Die Argumente in Ottendorf sind ganz klar: Noch gebe es Schäden, die durch die Elbvertiefung von 1999 verursacht seien, heißt es beispielsweise beim Deichverband Hadeln in Otterndorf.

Bevor also überhaupt über eine neue Elbvertiefung gesprochen werden könne, müsse der Bund diese Schäden beseitigen, fordert etwa der Schultheiß (Deichgraf) Günter Hahl. Neue Buhnen (Steindämme) müssten gebaut, das weggespülte Watt vor dem Deich wieder aufgespült und die Deiche selbst mit neuen Vorbauwerken geschützt werden, sagt er. Und das sind keine Argumente eines typischen Öko-Protestlers. Zum Teil sind es an der Unterelbe Menschen mit stark konservativem Hintergrund, die sich in die regelmäßigen Fackel-Proteste auf dem Deich einreihen. Und das macht es auch der schwarz-gelben Landesregierung schwer, einfach den Argumenten der Hamburger Hafenwirtschaft zu folgen und für eine rasche Vertiefung der Elbe zu sorgen. Der neue starke Mann in der Niedersachsen-CDU, Fraktionschef David McAllister, hat zudem hier seinen Wahlkreis. Wenn er von den Ängsten der Menschen hinter dem Deich spricht, ist das kein politisches Kalkül. Es ist schlicht das Lebensgefühl der Bewohner dort, die ein tiefes Misstrauen gegen alle Beteuerungen der Elbvertiefungsplaner hegen. An Gutachten, Grafiken oder Hinweisen, dass die Vertiefung keine Gefahr bringe, glaubt kaum einer in Otterndorf. Die Verschlickung des kleinen Yachthafens, die Probleme der Elbfischer oder auch der Verlust von Wattflächen - das alles wird hier der jüngsten Elbvertiefung angelastet. Hinzu kommt, dass bei der neuen "Fahrrinnenanpassung", wie das rund 400 Millionen Euro teure Projekt von seinen Planern genannt wird, in der Elbmündung die sogenannte Medem-Rinne mit Baggergut aufgefüllt werden soll. Ein Maßnahme, die den Tidenstrom dämpfen soll. Doch in Otterndorf wird auch da eine große Gefahr gesehen. Deichschützer Hahl: "Dann wird sich die Strömung hier sogar noch weiter verstärken und die Deiche kaputt machen."