Zwischen der Deutsch-Afghanin Morsal (16) und ihrem Bruder Ahmad-Sobair Obeidi (24), der sie mit 23 Messerstichen tötete und sich derzeit vor dem...
Zwischen der Deutsch-Afghanin Morsal (16) und ihrem Bruder Ahmad-Sobair Obeidi (24), der sie mit 23 Messerstichen tötete und sich derzeit vor dem Landgericht wegen Mordes verantworten muss, bestand offenbar eine Art "Hassliebe". Das ergab sich gestern aus Zeugenaussagen im Prozess.
Eine Sozialarbeiterin vom Jugendamt, die aussagte, hatte Morsal im Jahr 2006 beruflich kennengelernt. "Sie fürchtete Ahmad und sie liebte ihn, er war ihr Vorbild." Die Jugendliche selbst hatte sich in der Vergangenheit mehrfach an das Jugendamt gewandt und um Hilfe gebeten, weil sie von ihrer Familie drangsaliert und verprügelt wurde. Sie war teilweise in Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht worden, auf eigenen Wunsch aber immer wieder zu ihrer Familie zurückgekehrt.
Die Eltern hätten sich immer wieder Sorgen gemacht, weil Morsal bisweilen viel Geld und verschiedene Handys bei sich gehabt habe und über Nacht auch schon mal wegblieb, so die Zeugin. Mit einem weiteren "Familienhelfer" des Jugendamtes habe man versucht, die Konflikte in der Familie Obeidi zu lösen, Kompromisse zu finden. Morsal habe immer gedacht, ihre Eltern würden sich ändern. Eine Mitarbeiterin des Mädchenhauses, in dem Morsal zeitweise unterkam, sagte ebenfalls, Morsal habe Angst vor ihrem Bruder gehabt. Sie habe geglaubt, dieser solle sie im Auftrag der Eltern "erziehen". "Letzten Endes fühlte sie sich den Familienmitgliedern ausgeliefert", so die Sozialpädagogin. Ein Psychologe bescheinigte dem Angeklagten einen unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten, zwischen "70 und 79", Obeidi wende seine Aggressionen stark nach außen.
Unterdessen hat die psychiatrische Gerichtssachverständige Dr. Marianne Röhl in einer Stellungnahme Vorwürfe zurückgewiesen, dass sie fachlich nicht geeignet sei. Staatsanwalt Boris Bochnick hatte unlängst einen Befangenheitsantrag gegen sie gestellt. Sie hält den Angeklagten für vermindert schuldfähig. Ein anderer Gutachter, der Obeidi für voll schuldfähig hält, war als befangen aus dem Verfahren ausgeschieden. Bochnick sagte nach Röhls Stellungnahme: "Das hat mich überhaupt nicht überzeugt. Ich halte sie für wissenschaftlich nicht vertretbar, dabei bleibe ich." Der Prozess wird am nächsten Montag fortgesetzt.