Opposition nutzt Regierungserklärung des Bürgermeisters zum Konjunkturprogramm, um Senat die Lage bei der HSH Nordbank vorzuhalten.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat Hamburg nicht nur auf schwere Zeiten eingestimmt, sondern auch den Abschied von einem streng marktliberalen Kapitalismus verkündet. "Die Idee, man müsse den Markt nur sich selbst überlassen, schwarze Schafe würden dann von allein abgesondert, diese Idee ist gescheitert", sagte von Beust in seiner Regierungserklärung zum Konjunkturprogramm der Stadt. Der CDU-Bürgermeister erhielt stürmischen Beifall von den Bänken der Linksfraktion und der GAL, während die Vertreter seiner eigenen Partei zunächst etwas irritiert wirkten, bevor sie dann doch zögerlich applaudierten. CDU-Fraktionschef Frank Schira betonte daher später sicherheitshalber: "Niemand will die Allmacht des Staates. Die CDU setzt auf die soziale Marktwirtschaft."

Noch sei die Krise für viele Bürger "virtuell", warnte von Beust. "Doch die Zunahme von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit und der Rückgang des Hafenumschlags sind eindeutige Vorboten." Die Konsequenz müsse sein: "Wenn die Weltwirtschaft schwächelt, dürfen wir nicht schwächeln", rief der Bürgermeister energisch. Außer in die Bildung müsse auch in die Infrastruktur des Hafens investiert werden. "Damit Hamburg wieder Spitze ist, wenn die Wirtschaft anzieht." Insgesamt etwa 550 Millionen Euro aus den Konjunkturpaketen stünden dafür bereit.

Doch während von Beust diese Worte sprach, wusste er bereits, dass 230 Millionen Euro davon, die Hamburg vom Bund zu erwarten hat, noch nicht gesichert sind - weil es noch Streit um die ökologische Ausrichtung des Konjunkturprogramms II gibt. Richtig bleibt aber in jedem Fall, dass weitere Schulden gemacht werden müssen. Das sei "bedauerlich, aber notwendig", so der Bürgermeister. Wie hoch die Kreditaufnahme ausfallen werde, wisse er noch nicht. "Konkret für 2009" bekannt sei bislang nur, dass die Stadt infolge der Krise etwa 300 Millionen Euro weniger in der Kasse haben werde - weil die Steuereinnahmen zurückgehen, die Freibeträge steigen und die Pendlerpauschale wieder eingeführt wurde. Im Sommer werde daher ein Nachtragshaushalt beraten werden. In dem Zusammenhang kündigte von Beust an: "Sobald die Wirtschaft wieder anspringt, werden wir diese Schulden sofort zurückzahlen."

GAL-Fraktionschef Jens Kerstan sprach gar von einer "Sternstunde der Politik", welche die Finanzkrise eröffne. Schließlich müsse die Rolle des Staates neu definiert werden. "Nach Jahrzehnten sinkender Ausgaben für den öffentlichen Bereich ist das eine große Chance." So habe der Senat trotz Krise 375 Millionen Euro für die Gründung einer Wissenschaftsstiftung bereitgestellt, so Kerstan. Prompt erinnerte Linke-Fraktionschefin Dora Heyenn, dass diese Stiftung lediglich über Hypotheken auf städtische Grundstücke finanziert werde: "Diese Konstruktion ist genau das, was immer wieder als Ursache der Finanzkrise genannt wird: Sie ist ein virtueller Geldwert", sagte Heyenn.

SPD-Fraktionschef Michael Neumann nutzte die Debatte, um den Senat mit dem Thema HSH Nordbank zu konfrontieren. Es sei bemerkenswert, dass der Bürgermeister vor einem Jahr Fragen nach Problemen der Bank ausgewichen sei und Finanzsenator Michael Freytag noch im Oktober von einer "im Kern gesunden Bank" gesprochen habe. In Anspielung auf Beusts Äußerung, viele Bürger würden die Krise noch als virtuell empfinden, fuhr der SPD-Fraktionschef fort: "Die HSH-Nordbank-Krise ist nicht virtuell, die liegt direkt vor Ihrer Haustür." Aus dem CDU/GAL-Lager ging nur Kerstan kurz auf das Thema Nordbank ein, indem er bstätigte, dass die Regierungsspitzen aus Hamburg und Schleswig-Holstein morgen über die Lage informiert werden, am Dienstag das Parlament unterrichtet werde.

Neumann warf dem Senat darüber hinaus vor, die Rekordsteuereinnahmen der guten Jahre nicht zur Konsolidierung genutzt zu haben, was sich verheerend auswirke: "Für 2009 haben wir schon jetzt über eine Milliarde Defizit." Die komplette Kritik der Opposition taten sich der Bürgermeister und sein Finanzsenator übrigens nicht an: Als SPD-Finanzexperte Peter Tschentscher die Debatte beschloss, hatten beide den Saal bereits verlassen.