Bürgermeister Ole von Beust hat den Kapitalismus für gescheitert erklärt. Er erhält viel Zuspruch - aus fast allen Parteien. Bilder von Ole von Beust.

"Und was ist mit dem Kapitalismus? Nun sagen wir, wir haben eine soziale Marktwirtschaft, die haben wir auch. Aber, meine Damen und Herren, haben nicht viele - und auch manche von uns - aus wirtschaftlichen Kreisen noch Anfang dieses Jahrtausends gesagt: Wenn man der Wirtschaft doch bloß freien Lauf ließe und wenn der Staat sich doch bloß zurückzuziehen würde und wenn man bloß alle Regeln aufgeben würde - und wenn man bloß nur auf Wachstum setzen würde -, dann würde alles sich von alleine regeln. Und die schwarzen Schafe würden schon von selber ausgeschwitzt werden. Leider ist auch diese Idee gescheitert." Ole von Beust (CDU)

Um es positiv auszudrücken: Diese Monate sind voller Überraschungen. Seit die Finanzkrise ihren Lauf nahm, sind Dinge geschehen, die vorher kaum einer für möglich gehalten hätte: Die USA verstaatlichen Banken, mit Island droht ein kompletter Staat bankrott zu gehen. Und nun bezeichnet Ole von Beust, CDU-Bürgermeister einer Handelsmetropole, den Kapitalismus als gescheitert. Auch wenn dies nicht als Ablehnung der sozialen Marktwirtschaft zu werten ist: Der Senatschef hat sich in seiner Regierungserklärung von den marktliberalen Grundsätzen seiner Partei verabschiedet. Und nicht einmal konservative Unionspolitiker sind empört: "Wir müssen verstärkt eine gesunde Mischung aus Kapitalismus und Sozialismus betreiben", sagt Innenpolitiker Karl-Heinz Warnholz. Andreas Mattner, Chef des Hamburger CDU-Wirtschaftsrats, erkennt eine "Renaissance der sozialen Marktwirtschaft, weil vorher Fehler gemacht wurden". Und Fraktionschef Frank Schira bestätigt: "Der Bürgermeister hat mit seiner Analyse recht."

Damit hat Ole von Beust neue, wenn auch noch skeptische Freunde gefunden: "Das haben wir schon immer gesagt", kommentierte SPD-Chef Ingo Egloff. Und die Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, bietet dem Bürgermeister gar einen Beitritt in ihre Partei an: "Ich fürchte aber, es wird alles wie vorher, wenn die Krise vorbei ist."

Wenig Verständnis zeigte Kaffee-Unternehmer Albert Darboven: "Was ist unser System, wenn nicht Kapitalismus? Eine Marktwirtschaft läuft nicht mit Hosenknöpfen. Schlagwörter wie ,Der Kapitalismus ist gescheitert' sind nicht besonders hilfreich." Auch FDP-Bundestagspolitiker Burkhardt Müller-Sönksen kritisierte von Beust: "Wie ein Bürgergeselle ist der Bürgermeister in dumpfe Linksrhetorik verfallen."