Koalitionen zwingen zu Kompromissen - das ist im schwarz-grünen Hamburg nicht anders als in der Großen Koalition in Berlin. Was ursprünglich keine...

Koalitionen zwingen zu Kompromissen - das ist im schwarz-grünen Hamburg nicht anders als in der Großen Koalition in Berlin. Was ursprünglich keine Partei wollte, wird nach langen Verhandlungsrunden über Nacht zum Lösungsweg. So entstehen seltsame Kompromisse wie der Gesundheitsfonds oder die Primarschule.

Bei der Senatsklausur in Lüneburg haben die Partner einen neuen Kompromiss geboren. Das Leitbild "wachsende Stadt" der CDU ist passe, die "kreative Stadt" der GAL gleichermaßen. Stattdessen setzt Hamburg nun auf "Wachsen mit Weitsicht". Das klingt wie ein Schlagertitel - gut und hohl zugleich. "Wachsen mit Weitsicht" ist eine Kopfgeburt, die nicht von einem Versprechen (Wachstum) getragen, sondern von Bedenken (Weitsicht) gebremst wird. Es ist politisch so korrekt, dass sich erst keiner daran reiben und später keiner daran erinnern kann. So droht das neue Leitbild zum kurzsichtigen Nachfolger der "wachsenden Stadt" mit seiner langfristigen Wirkungsmacht zu werden. Dieses Leitbild lebte von seiner Einfachheit und der jugendlichen Provokation. Da setzte Hamburg in einer schrumpfenden Gesellschaft voll auf Wachstum - und wagte ein Versprechen, das sich selbst erfüllen sollte.

Ohne Not hat sich der Senat von dieser alten Erfolgsformel verabschiedet. Einmal mehr einigt sich Schwarz-Grün nicht nur auf dem kleinsten politischen Nenner, sondern auch unter seinen Möglichkeiten. Und einmal mehr trennt sich die CDU eilfertig vom Erbgut ihrer Politik. Besonders bedenklich stimmt, dass das neue Leitbild viel heiße Luft enthält: Da wird zum Beispiel im schlimmsten Bürokratendeutsch ein Handlungsfeld definiert: "Sicherung und Weiterentwicklung der Stadt als attraktives zukunftsfähiges Zuhause von und für die Einwohner mit besonderem Fokus aus Familienförderung und Integration." "Wachsende Stadt", Champions League, das war gestern. Nun droht die Zweite Liga.