Hamburg. Umzug des Fernbahnhofs nach Diebsteich eröffnet große Möglichkeiten. Welche es sind und warum die Bürgerbeteiligung jetzt starten soll.

„Wer heute am Bahnhof Altona ankommt, möchte hier nur zügig weg“, sagt Bezirkspolitiker Dennis Mielke (SPD). Der Abriss des alten Bahnhofsgebäudes sei rückblickend ein Fehler gewesen. Der 1970er-Jahre-Bau sei ästhetisch nun wahrlich nicht ansprechend, alles wirke kühl und so gar nicht, wie Altona eben sei, „vielfältig, quirlig und geprägt von Altbaucharme“. Wenn es nach der SPD in Altona geht, dann gehört das Gebäude weg. Ein neues Zentrum für Altona soll her. Klingt abwegiger, als es ist.

Denn durch den geplanten Umzug des Fernbahnhofs von Altona nach Diebsteich eröffnen sich plötzlich ganz andere Perspektiven und Möglichkeiten. Mielke spricht sogar von einer „Jahrhundertchance für Altona“, das Zentrum neu zu denken und zu gestalten. Denn Anstoß dazu hat die Bezirksversammlung am Donnerstag gegeben.

Altona soll neues Zentrum am Bahnhof bekommen – „genau richtiger Zeitpunkt“

Einem Antrag von SPD und Grünen schloss sich eine politische Mehrheit an, die eine umfangreiche Bürgerbeteiligung zu dem Thema wünscht. Obwohl der Umzug laut der Deutschen Bahn erst für 2027 vorgesehen ist, soll der Ideenwettbewerb zeitnah starten. „Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt“, sagt Mielke. Das Schlimmste wäre doch, der Fernbahnhof ziehe um, und man fange erst dann an, über ein Konzept nachzudenken – und das vom Schreibtisch aus.

Vielmehr müssten jetzt die Überlegungen beginnen – ergebnisoffen und unter Beteiligung einer möglichst breiten Öffentlichkeit. Daher sollen in vielfältigen und vielschichtigen Formaten wie Veranstaltungen, Begehungen oder Workshops die Bewohner und Nutzer nach ihrer Meinung gefragt werden. „Wir dürfen uns bei einem so bedeutenden Vorhaben nicht mit einer beliebigen Neubebauung oder Gestaltung zufriedengeben“, fordern die Sozialdemokraten in ihrem Antrag zusammen mit den Grünen.

Bahnhof Altona als Eingangstor soll identitätsstiftend für Stadtteil sein

Was man darunter versteht? „Der Bahnhof ist das Eingangstor zu Altona. Das neue Zentrum sollte identitätsstiftend sein, eine hohe Aufenthaltsqualität haben und bessere Wegeverbindung herstellen“, erklärt Mielke. Natürlich müssten der Bahnhof und der ZOB auch ihre Funktion erfüllen. Allerdings könnte man über die Lage des ZOB nachdenken. Wäre es zum Beispiel sinnvoll, den Busbahnhof einmal um 90 Grad zu drehen, sodass eine Sichtachse und Wegeverbindung Richtung Elbe entsteht?

Altonaer Bahnhof
Der ZOB am Altonaer Bahnhof ist stark frequentiert. Ob er an diesem Standort bleibt und wenn ja, in welcher Form, soll ebenfalls Teil der Diskussion sein. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Mielke nennt noch eine weitere Idee als Beispiel für das neue Zentrum Altona: Was wäre, wenn man den Fehler aus den 70ern heilt? Das ehemalige Kaufhausgebäude, das sich mittlerweile auch im Besitz der Stadt befindet, abreißt und ein neues in Anlehnung an die Form des alten Altonaer Bahnhofs baut?

Neue Markthalle am Bahnhof Altona könnte im alten Stil gebaut werden

Dem prachtvollen Backsteingebäude im neogotischen Stil, das 1898 noch von Kaiser Wilhelm II. persönlich eingeweiht wurde, trauern bis heute viele in Altona nach. „Der Eingang hatte die Form des Altonaer Wappens, mit offenem Tor und zwei Türmen“, so Mielke. Genau das könnte ein neues Gebäude aufgreifen. Eine Markthalle für die Nachbarschaft stellt er zur Debatte.

Bahnhof von Altona, Hamburg, Deutschland, Postkarte Text, Ansicht um ca 1910, Historisch, digitale Reproduktion einer hi
Diese Postkarte zeigt das alte Bahnhofsgebäude in Altona um circa 1910 mit dem markanten Eingang. © IMAGO/H. Tschanz-Hofmann | IMAGO/H.Tschanz-Hofmann

Die neu in der Altonaer Bezirksversammlung vertretene Partei Volt wünscht sich für das neue Zentrum einen Platz, wo gemeinschaftlich die Zukunft gestaltet wird. In Form von offenen Werkstätten, in die kleine und mittelständische Firmen oder Start-ups ziehen könnten.

Neues Zentrum für Altona: CDU warnt davor, zu hohe Erwartungen zu wecken

Während die einen vom alten Bahnhof träumen oder sich Innovationszentren wünschen, hat die CDU in Altona doch deutliche Bedenken. „Das klingt, als hätten wir die Möglichkeit, alles zu entscheiden, was wir wollen. Dabei sieht die Kassenlage ganz anders aus, und es gibt auch Sachzwänge“, warnte CDU-Bezirkspolitikerin Antje Müller-Möller davor, zu hohe Erwartungen zu wecken. So könnte die gut gemeinte Bürgerbeteiligung in Politikverdrossenheit münden.

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Ein weiterer Haken an der Sache, auf den auch die Linken hinwiesen: Der Zeitplan hängt von der Deutschen Bahn ab. Wenn sich der geplante Umzug des Fernbahnhofs nach Diebsteich verzögere oder nicht käme, dann wäre die Planung umsonst. Mielke hält dagegen: „Die Verlagerung ist beschlossene Sache. Wir müssen da jetzt ran, wir brauchen ein neues Zentrum für Altona.“

Das Planungsgebiet

Das Gebiet „Neues Zentrum Altona“ umfasst die Neugestaltung der gesamten Fläche des Paul-Nevermann-Platzes inklusive des Bahnhofgebäudes und des angeschlossenen Kaufhauses. Es erstreckt sich von der östlich gelegenen Max-Brauer-Allee bis zur westlich angrenzenden Ottenser Hauptstraße sowie von der südlich gelegenen Museumsstraße bis zum nördlich liegenden Gleisbereich und dem zukünftigen Stadtteilpark Mitte Altona II.

Dabei ist das Zentrum ein öffentlicher Begegnungsraum mit repräsentativer Bedeutung. Es gilt aber auch Themen in den Blick zu nehmen wie ein Verkehrsknotenpunkt für S-Bahn-Linien, Buslinien, eine Busumsteigeanlage, Velorouten und Fußwege. Außerdem fungiert das Areal als Verbindungsstück zwischen den großen Einkaufsstraßen Neue Große Bergstraße und Ottenser Hauptstraße. Gleichzeitig ist es Verbindungselement der Park- und Freizeitachse Altonaer Balkon, Rathaus, Platz der Republik und Stadtteilparks der Mitte Altona bis zum neuen Diebsteichquartier.