Hamburg. Einer Hamburgerin wurde nach 31 Jahren gekündigt – das ist „beunruhigender Trend“. Warum der Gang vors Gericht unklug ist.

  • Erst kam die Mieterhöhung, dann die Kündigung nach 31 Jahren
  • „Mieter helfen Mietern“ typisch für einen beunruhigenden Trend
  • Tipp: möglichst eine einvernehmliche Lösung mit der Vermieterseite finden

Erst kam der neue Eigentümer, dann die Mieterhöhung von 200 Euro, und nachdem die Hamburgerin sich das nicht gefallen ließ, folgte die Kündigung nach 31 Jahren Mietverhältnis: Der Fall von Anke Ilgenstein-Wille ist laut dem Verein „Mieter helfen Mietern“ typisch für einen beunruhigenden Trend.

Der Mieterverein beobachtet mit Sorge, dass in Hamburg die Zahl der Eigenbedarfskündigungen mit fraglichem Hintergrund steigt. Vermieter nutzten das Instrument zunehmend, um sich von langjährigen Mietern zu trennen, die dementsprechend niedrigere Mieten zahlten. Der Bedarf beim Vermieter in diesem Fall also ganz woanders liege.

Wohnung mieten in Hamburg: Starker Beratungsbedarf wegen Eigenbedarfskündigungen

„Insbesondere der sogenannte angekaufte Eigenbedarf, das sind die Fälle, in denen jemand eine vermietete Eigentumswohnung kauft, macht uns Sorge“, erklärt Andree Lagemann. Die Juristin arbeitet für „Mieter helfen Mietern“ und stellt fast, dass der Beratungsbedarf, was dieses Thema angeht, derzeit sehr stark zunehme.

Gerade wenn das vermietete Objekt frisch erworben worden sei, kämen die neuen Vermieter häufig mit einer Eigenbedarfskündigung, und das auffallend häufig, wenn „die Mieterin die verlangte Mieterhöhung nicht akzeptiert, Einwendungen gegen die Betriebsabrechnung erhebt oder gar einen Mangel in der Wohnung anzeigt“, so Lagemann.

Kündigung der Wohnung: Mancher Vermieter nutzt Eigenbedarf im Mietstreit

Das Problem dabei ist: Bei Kündigungen wegen Eigenbedarf gebe es keine Interessenabwägung auf der Tatbestandsebene der Kündigungsvorschrift. Übersetzt heißt das laut Lagemann: „Es zählen hier allein die Belange des Vermieters.“ Wenn ein Vermieter angibt, eine 80 Quadratmeter große Wohnung für den Sohn in Ausbildung zu brauchen, dann spielt es keine Rolle, dass diese erworbene Wohnung seit 33 Jahren von jemandem bewohnt wird und man das vor dem Kauf auch wusste.

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„Zwar kann der Mieter Widerspruch einlegen gegen eine Kündigung, aber nur, wenn die Beendigung für ihn eine Härte begründet“, erklärt Lagemann. Aber: „Hierunter fallen nach der Rechtsprechung lediglich extreme Einzelfälle, wie etwa ein suizidgefährdeter Mieter. Mieter von Einzeleigentümern sind daher aus meiner Sicht Mieter zweiter Klasse.“

Wohnung mieten Hamburg: Eigenbedarf vorgetäuscht? Behauptung sei nur schwer zu beweisen

Der Mieterverein rät daher, nur in besonders schwerwiegenden Fällen den Gerichtsweg zu beschreiten, weil es in vielen Fällen schwer sei, die Behauptung, der Eigenbedarf sei vorgetäuscht gewesen, zu beweisen. Marielle Eifler, stellvertretende Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg, sagte in einem Gespräch mit der Deutschen Presse Agentur dazu kürzlich: „Daher ist es immer gut, sich vor einem gerichtlichen Verfahren Rechtsrat einzuholen und möglichst eine einvernehmliche Lösung mit der Vermieterseite zu finden, ohne vor Gericht gehen zu müssen.“