Hamburg. Hauskauf wird zu Frage der Ehre: Fachanwältin macht Fall öffentlich, der moralisch klar scheint – rechtlich aber ganz anders aussieht.
Neben Gebrauchtwagenhändlern und Investmentbankern zählen Makler wohl zu der Berufsgruppe mit dem schlechtesten Ruf. Fahren sie schließlich generell mit dem Porsche vor, um nichts weiter zu tun als die Haustür aufzuschließen und dafür eine unanständig hohe Provision zu kassieren.
Komisch nur, dass diese Berufsgattung nicht schon längst ausgestorben ist, wenn sie so nutzlos scheint. Vielleicht ist diese Sache mit den Immobilien ja doch komplizierter. Schließlich ist es ja selbst in Hamburg schon längst nicht mehr so, dass Hausverkäufern die Bude eingerannt werden würde. Vom ersten Aufschließen der Haustür bis zur Übergabe der Schlüssel kann es ein langer Weg sein. Gute Makler, das werden die meisten Verkäufer, Vermieter und Interessenten unterschreiben, verdienen ihr Geld.
Immobilien Hamburg: Makler zieht vor Gericht – Fachanwältin macht Fall öffentlich
Oder etwa doch nicht? Mit dieser Frage mussten sich kürzlich Gerichte beschäftigen. Wie sie geurteilt haben, ist dabei fast zweitrangig, denn zunächst geht es in diesem Fall um eine Gewissensfrage.
Aufgebracht hat diese eine Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht aus Düsseldorf, die den Makler vertreten und das Ganze auf der Business-Plattform LinkedIn geteilt hat. Eingeleitet mit den Worten: „Mal sehen, was Euer Rechtsempfinden sagt“.
Makler und ihre Courtage: Eine Frage der Widerrufsbelehrung – und des Gewissens
Während die Reaktionen auf den Post von Makler- und Immobilienrechtsexpertin Simone Obrock gar nicht abreißen wollten, ist der Fall an sich schnell erzählt: Ein Kunde erhält online ein Exposé von einem Makler, besichtigt mit ihm das Haus, lässt ihn mit dem Verkäufer über den Preis verhandeln, diesen drücken – und kauft die Immobilie. Als der Makler später die Courtagerechnung stellt, zahlt der Kunde jedoch nicht. Denn: Er hatte zuvor keine Widerrufsbelehrung erhalten – und daher das Recht, den Maklervertrag zu widerrufen und die Maklercourtage zu sparen.
„Der Makler hatte auf die Formalie der Widerrufsbelehrung bei außerhalb der Geschäftsräume angebahnten Geschäfte verzichtet, weil er den Kunden von mehreren vorherigen Hauskäufen kannte und auf diese gewachsene Geschäftsbeziehung vertraut hatte“, erläutert Obrock.
Makler nach dem Hauskauf nicht zu bezahlen sei „maximal unanständig“
Zum Hintergrund: Maklerverträge können – wenn sie außerhalb der Geschäftsräume des Maklers abgeschlossen werden – innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Klärt der Makler den Kunden nicht über sein Widerrufsrecht auf und überreicht ihm keine schriftliche Belehrung, fängt die Widerrufserklärungsfrist nicht an zu laufen, und das Recht erlischt sogar erst ein Jahr nach Vertragsabschluss. Damit Makler also nicht Gefahr laufen, am Ende trotz eines erfolgreichen Immobilienverkaufs leer auszugehen, lassen sie sich in der Regel zuvor bestätigen, dass der Kunde auf dieses Recht verzichtet. So jedoch nicht in diesem Fall.
Nun also die Gewissensfrage: Widerruf erteilen und die Courtage sparen oder trotzdem zahlen? Für die Community von Fachanwältin Obrock eine – mehrheitlich – recht klare Sache: „Ich würde den Makler für seine Tätigkeit entsprechend bezahlen, das steht für mich persönlich außer Frage. Ich glaube, mein zukünftiges Haus hätte sonst sicherlich kein gutes Karma …“, schreibt eine Kommentatorin. Nicht zu bezahlen, sei „maximal unanständig“, meint der Nächste. Recht sei das eine, der moralische Kompass schreie jedoch: „Himmelungerechte Sauerei!“
Widerrufsrecht: Hätte Gericht für oder gegen den Makler entschieden?
Mit der Meinung, Widerrufsrecht sei nun mal Verbraucherschutz, steht ein Kommentator ziemlich alleine da. Die meisten sehen es so: Das Thema sei keine Frage der Juristerei, sondern von Anstand und Respekt. „Selbstverständlich würde ich die Provision bezahlen“, heißt es in einem weiteren Kommentar. „Das ist eine Sache der Ehre, da braucht es keine vertragliche Ausgestaltung. Vor allem wenn der Makler seine Aufgabe über Gebühr erfüllt hat und man sich kennt.“ Moralisch und menschlich gebe es hier keine Diskussion – auch wenn es rein rechtlich vielleicht anders aussehe.
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Und genau das tut es laut Fachanwältin Simone Obrock: „Sowohl das Land- als auch das Oberlandesgericht haben sich an das formale Erfordernis der Widerrufsbelehrung geklammert und auch den weiteren Einwand der Treuwidrigkeit des Kunden abgelehnt“, sagt sie. Heißt: Die Gerichte hätten gegen den Makler entschieden.
Immobilien Hamburg: Fachanwältin beobachtet „Ressentiments gegen Makler“
Allerdings kam es am Ende aufgrund einer Besonderheit nicht dazu: Im notariellen Kaufvertrag war eine konstitutive Maklerklausel vereinbart, welche das Widerrufsrecht letztlich nach Auffassung der Gerichte außer Kraft setzte. Der Kunde musste nun doch zahlen.
„Ohne diese Klausel hätte der ,Widerrufsjoker‘ aber gezogen, und der Makler wäre leer ausgegangen“, sagt Obrock, die auch noch etwas anderes beobachtet hatte: „Gerade Makler kämpfen mit Ressentiments. Das haben wir auch vor Gericht zu spüren bekommen.“ Alles in allem also doch: eine Frage der Ehre.