Hamburg. Nachbarn werfen Unternehmen vor, beim Verkauf Zuwegung verschwiegen zu haben. Ist der Rechtsstreit Grund für jahrelange Verzögerung?

„Eigentum verpflichtet, aber das gilt wohl nur für uns“, sagt Stefan Schwarz mit Blick auf das Nachbargrundstück. Schwarz gehört zusammen mit seiner Schwester Ute Bresch ein Teil des Hauses direkt neben der seit Jahren brachliegenden Fläche an der Ecke Elbchaussee und Mühlenberg in Blankenese. Also dort, wo einst das Unternehmen Esso eine beliebte und gut laufende Tankstelle betrieb.

Das ist sechs Jahre her. Seitdem verfällt und verwahrlost das Grundstück in Bestlage, für das es eigentlich Wohnbaupläne gab. Wände sind mit Graffitis beschmiert, das Grün wuchert, Müll wird hier abgeworfen. Die Anlieger berichten davon, dass die verlassene Tankstelle nicht gut gesichert sei, Unbekannte sich Zugang verschafften und auch in den Gebäuden hausten. Sie befürchten, dass eine Brandgefahr von dem Objekt ausgeht, und haben sich nun mithilfe ihres Anwalts an den Bezirk Altona und die Öffentlichkeit gewandt.

Immobilien Hamburg: Tankstellen-Ruine in Blankenese – Rechtsstreit

Ihr Anwalt ist kein Unbekannter: Corvin Fischer hat schon eine Strafanzeige gegen den damaligen Verkehrssenator Frank Horch und Staatsrat Andreas Rieckhof gestellt. Und 2016 stellte er einen öffentlichkeitswirksamen Befangenheitsantrag gegen sechs Hamburger Verfassungsrichter in einem Beschwerde-Verfahren gegen die Bürgerschaftswahl 2015. 

Fischer, selbst in Blankenese aufgewachsen, vertritt aber auch schon seit 2019 die Anlieger an der Elbchaussee gegen das Unternehmen Esso. Denn das einst gute nachbarschaftliche Verhältnis, wie Schwarz es beschreibt, endete jäh mit dem Tankstellen-Aus und dem Grundstücksverkauf.

Laut den Anliegern gibt es einen notariell beglaubigten Vertrag zwischen der ehemaligen Besitzerin Alwine Seemann und der Esso Deutschland GmbH. „Meine Urgroßmutter hat einen Teil des Grundstücks an die Esso verkauft, um der Tankstelle eine zweite Zufahrt von der Elbchaussee zu ermöglichen“, berichtet Stefan Schwarz. Im Gegenzug habe man ein unentgeltliches und unwiderrufliches Überfahrtrecht zugesichert.

Immobilie in Blankenese: Wurde beim Verkauf das Überfahrtrecht verschwiegen?

Das habe auch jahrzehntelang alles wunderbar geklappt. Die Bewohner durften ihre Autos auf dem hinter der Tankstelle gelegenen Parkplatz abstellen. Mit dem Verkauf des rund 5000 Quadratmeter großen Grundstücks durch die ExxonMobil in 2018 kamen laut Schwarz die Probleme. Ein Bauzaun wurde aufgestellt, eine Zufahrt nicht mehr ermöglicht, auch nicht nach zahlreichen Versuchen, auf das Überwegerecht hinzuweisen. Jurist Fischer wirft dem Unternehmen im Rechtsstreit vor, dass man das zugesicherte Überfahrtrecht dem Käufer verschwiegen habe.

Auf Abendblatt-Anfrage, wie man zu diesem Vorwurf stehe, inwieweit das Tankstellen-Gelände geräumt übergeben wurde und davon noch eine mögliche Gefahr ausgehen könnte, antwortet die ExxonMobil bis zur gesetzten Frist am Donnerstag nicht.

Tankstellen-Ruine in Blankenese: Feuerwehr Hamburg sieht keinen Gefahren

Überhaupt ist es erstaunlich still, wenn man in diesem Fall Anfragen stellt. Die Feuerwehr lässt nach mehrfacher Nachfrage erklären: „Wir gehen als Feuerwehr grundsätzlich davon aus, dass das Areal vom vorherigen Betreiber ordnungsgemäß verlassen wurde und keine Gefahren davon ausgehen“, so ein Sprecher.

Ansonsten verweist man auf das Bezirksamt Altona. Von dort war am Donnerstag keine Stellungnahme zu bekommen. Auffällig: In dem Antwortschreiben des Bezirks auf das Anwaltsschreiben von Fischer geht man auf viele Punkte ein, auf mögliche Altlasten und eine Brandgefahr nicht.

Blick auf die Tankstellen-Ruine in Blankenese: Einst plante hier ein Investor, fünf Einzelhäuser mit 35 Wohnungen zu errichten. Über das Entwurfsstadium kamen die Pläne aber nie hinaus. Seither liegt das Areal brach, zuletzt sollte es verkauft werden.
Blick auf die Tankstellen-Ruine in Blankenese: Einst plante hier ein Investor, fünf Einzelhäuser mit 35 Wohnungen zu errichten. Über das Entwurfsstadium kamen die Pläne aber nie hinaus. Seither liegt das Areal brach, zuletzt sollte es verkauft werden. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Oder ist dafür der neue Eigentümer zuständig, der hier vor einigen Jahren eine Wohnbebauung plante? Alle Versuche, mit den einst genannten Investoren in Kontakt zu treten, verliefen ins Leere. Wobei bereits öffentlich wurde, dass das besagte Unternehmen sich von dem Grundstück wieder trennen will. Altlasten – etwa Verunreinigungen im Boden – könnten ein Grund dafür sein, warum es hier seit Jahren nicht vorangeht.

Schandfleck von Blankenese: Gerichtsverfahren könnte ein Grund für Brache sein

Es gibt aber noch weitere Probleme: Bei Grabungen wurden archäologische Funde gemacht. Darauf müsste bei einer möglichen Nutzung Rücksicht genommen werden. Zudem läuft auch das Gerichtsverfahren weiterhin. Die Anlieger klagen auf Schadensersatz.

Am Freitag, 28. Juni, gibt es einen erneuten Termin vor dem Landgericht, bei dem ein Sachverständiger gehört wird. Auch beim Verwaltungsgericht ist ein Verfahren in der Sache laut Fischer anhängig. Bekämen die Anlieger Recht, müsste man ihnen eine Zuwegung zusichern. Inwieweit dies Folgen auf den einstigen Verkauf des Grundstücks hat, ist unklar.

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„Hätte meine Urgroßmutter doch bloß nie einen Teil des Grundstücks verkauft“, sagt Schwarz. Seit Jahren würde sich das Verfahren schleppen und Unmengen kosten. Aber ohne Zufahrt geht es nicht. „Wir können nicht mal was anliefern lassen. Wenn hier jemand eine neue Küche braucht, muss die Elbchaussee gesperrt werden. Das ist doch Wahnsinn“, sagt seine Schwester. Stefan Schwarz ergänzt: „Und ein Schandfleck für Blankenese ist das hier auch.“