Hamburg. Wegen des Verbindungsbahnentlastungstunnels wird das Empfangsgebäude später fertig. Linke sieht „kein Licht am Ende des Tunnels“.

Das Bahnhofsgebäude in Diebsteich für den neuen Fernbahnhof Hamburg-Altona wird wohl nicht pünktlich fertig werden – was das Abendblatt Anfang Mai berichtete, bestätigt nun der Senat in einer Kleinen Anfrage der Linken. Zwar wird der neue Bahnhof nach derzeitigem Stand 2027 seinen Betrieb aufnehmen, wegen der Planungen für den Verbindungsbahnentlastungstunnel (VET) aber als Provisorium.

In der Senatsantwort heißt es: „Auch bei Verzögerungen beim Bau des Mehrzweckgebäudes nebst der DB-Gebäudeteile und der DB-Empfangshalle wird der Bahnhofsbetrieb trotzdem durchgängig sichergestellt.“ Geplant sind dort zwei markante Türme mit Läden, Gastronomie, Fahrradparkhaus und Hotel.

Bahnhof Diebsteich: Erst kam der Architektenwettbewerb, dann der neue Tunnel

„Das Ziel, ein Gebäude mit Strahlkraft zu errichten, hat Bestand. Vor diesem Hintergrund wird die Vereinbarkeit beider Projekte geprüft. Dies ist ein komplexer Vorgang mit vielen Beteiligten“, heißt es in der Senatsantwort auf die Anfrage der Stadtentwicklungsexpertin Heike Sudmann (Linke). Zur Begründung steht dort: „Erst nach Investorensuche und hochbaulichem Wettbewerb für das Empfangsgebäude entstand das Projekt VET.“

Dieses Projekt bereitet den Planern Kopfzerbrechen. Die zuständigen Behörden prüfen die Vereinbarkeit von Empfangsgebäude und VET und befinden sich mit der Bahn und dem Investor ProHa im Austausch. Nach Informationen des Abendblatts läuft es auf den Bau eines vorsorglichen unterirdischen Tunnels hinaus, der 2040 – wenn der VET kommt – den neuen Bahnhof anschließt. Der Senat könnte darüber schon in den kommenden Wochen entscheiden.

Der neue Bahnhof wird voll funktionstüchtig – nur ohne Empfangsgebäude

Über den neuen Bahnhof äußert sich der Senat in der Anfrage folgend: „Der Fern- und Regionalbahnhof wird zum Eröffnungszeitpunkt eisenbahnbetrieblich voll funktionstüchtig sein. Für die Inbetriebnahme werden in diesem Sinne die Arbeiten an den Bahnsteigen und der Personenunterführung abgeschlossen sein.“ An der Planung der S-Bahn-Gleise zum Stand der Planfeststellung ändere sich nichts.

Eine Laufzeitverlängerung für den beliebten und zentral gelegen Fernbahnhof Altona in Ottensen gibt es damit wohl nicht. „Ein Weiterbetrieb des alten Kopfbahnhofs ist mit Inbetriebnahme des neuen Fern- und Regionalbahnhofs Hamburg-Altona aus eisenbahntechnischen sowie -betrieblichen Gründen nicht mehr möglich.“

Senat selbst spricht von „gestalterisch ansprechenden Provisorien“

Diebsteich präsentiert sich dann 2027 wohl wenig attraktiv. Es bestehe „grundsätzlich die Möglichkeit, den neuen Fern- und Regionalbahnhof Hamburg-Altona auch über die Westseite zu erreichen“, heißt es in der Antwort. „In der Personenunterführung würden einige Ladeneinheiten für die Versorgung der Reisenden zur Verfügung stehen.“ Darüber hinaus werde sich der Senat für „funktional ausreichende und gestalterisch ansprechende Provisorien auf der Ostseite“ einsetzen.

„Für den neuen Bahnhof Diebsteich ist kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Ob das bisher vorgesehene Bahnhofsempfangsgebäude mit ‚Strahlkraft‘ noch realisiert werden kann, ist durch die Planung zum Verbindungsbahnentlastungstunnel zu einer völlig offenen Frage geworden“, kritisiert Heike Sudmann.

Linke reagiert fassungslos auf die Planungen: „Wie kann man es wagen?“

„Der Senat prüft nun, ob die beiden Projekte überhaupt vereinbar sind. Gute Nacht, Marie! Es gibt noch nicht mal eine Vorplanung für die VET-Station Diebsteich, laut Bundesverkehrsministerium wird der VET insgesamt nicht vor 2040 fertig sein.“

Sie fürchtet, dass es dort jahrelang „noch nicht mal eine provisorische Hundehütte für die Reisenden“ gibt. „Wie kann der Senat es wagen, für die schlechteste aller Lösungen den sehr gut funktionierenden heutigen Bahnhof Altona aufzugeben? Die so dringend notwendige Mobilitätswende mit Umstieg auf die Bahn wird hiermit definitiv nicht gefördert.“

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Die Planungen für den VET werden indes vorangetrieben: Der Zuwendungsvertrag mit der Bahn zur Finanzierung der Vorplanung für einzelne Teilbereiche (Stationen Hauptbahnhof, Dammtor, Sternschanze und Diebsteich), der Voraussetzung für den Start der Planung ist, soll in Kürze unterzeichnet werden, heißt es in der Senatsantwort. Sollte er kommen, warten weitere Großbaustellen auf die Stadt.

So werden die Planungen zum barrierefreien Ersatzneubau der U3 Sternschanze nach endgültiger Klärung des Trassenverlaufs des VET aufgrund der bestehenden Schnittstellen fortgeführt. Auch die anstehenden Tunnelsanierungen Sternschanze und Mönckebergstraße haben Schnittstellen zum VET.

Ohnehin schwebt über allem noch ein finanzielles Fragezeichen, obwohl der Bund eine Finanzierung zu 75 Prozent zugesagt hat: „Die Finanzierungsverhandlungen mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr und der Bahn sind noch nicht abgeschlossen“, heißt es in der Senatsantwort.