Hamburg. Mediziner vom Krankenhaus Tabea haben am Donnerstag gestreikt. Der Ton zwischen Gewerkschaft und Unternehmen ist scharf.
Glaubt man den Gewerkschaftern, dann arbeiten „in Blankenese die am schlechtesten bezahlten Ärzte der Stadt“, wie Dr. Pedram Emami am Donnerstag während einer Kundgebung auf dem Erik-Blumenfeld-Platz gegenüber vom S-Bahnhof erklärte. Denn laut dem Hamburger Ärztekammer-Präsidenten gilt für die Mediziner am KrankenhausTabea in Blankenese kein Tarifvertrag – und damit gehört die Einrichtung zu einer der ganz wenigen in Hamburg.
Doch genau das wollen Gewerkschaft und Ärzte nicht länger hinnehmen. Für die Einführung eines Tarifvertrages traten sie am Donnerstag in den Erzwingungsstreik und gingen für ihr Anliegen auch auf die Straße.
Demo in Blankenese: An der Kundgebung in Hamburg beteiligen sich rund 30 Ärzte
Dabei wirkte die Gruppe relativ überschaubar. Rund 30 Personen versammelten sich am Mittag unter den neugierigen Blicken der Passanten in Blankenese. Allerdings arbeiten laut Katharina von der Heyde, Geschäftsführerin der Ärztegewerkschaft Marburger Bund Hamburg, fast 70 Ärzte am Krankenhaus. Darunter aber auch rund 20 Chefärzte und Oberärzte, die nicht unter einen Tarifvertrag fallen würden.
Zudem habe die Tabea-Geschäftsführung den Ärztinnen und Ärzten, die am Streiktag zur Arbeit erscheinen, eine Prämie in Höhe von 500 Euro in Aussicht gestellt, wie von der Heyde berichtet. Ob das rechtens ist, will der Marburger Bund jetzt prüfen lassen.
Ärztekammer-Chef aus Hamburg wirft Geschäftsführung Realitätsverlust und Bösartigkeit vor
„Die Dreistigkeit, mit der die Geschäftsführung versucht, in der Grauzone zwischen illegitim und illegal das ärztliche Kollegium zu spalten, um ihnen ihre Rechte vorzuenthalten, zeugt entweder von Realitätsverlust, Bösartigkeit oder Angst vor der Autonomie der Mitarbeiterschaft“, findet Dr. Emami dazu klare Worte.
Doch auch von der anderen Seite ist der Ton scharf. Für die Unternehmensgruppe Artemed äußert sich die Leiterin der Unternehmenskommunikation auf Abendblatt-Anfrage zum Blankeneser Fall. So teilt Leonie Ottmer mit: „Tatsächlich können wir auch eine gewisse Enttäuschung über das erneute egoistische Verhalten einiger weniger Ärzte nicht ganz verhehlen. Denn gefordert wird seitens des Marburger Bundes ein arztspezifischer Tarifvertrag.“
Krankenhaus Hamburg: Klink-Betreiber lehnt jegliche Gespräche mit Gewerkschaft ab
Das Unternehmen lehnt deshalb auch jegliche Verhandlungen mit dem Marburger Bund ab, der „als reine Klientelgewerkschaft einseitig die Interessen der Ärzte vertritt und diese notfalls zum Nachteil der übrigen Belegschaft durchzusetzen versucht. Im Tabea war und ist jede und jeder Einzelne wichtig.“
Zu dem Vorwurf, es würden Streikbruchprämie oder vergleichbare Prämien gezahlt, sagt die Unternehmenssprecherin: Das gebe es nicht. „Derlei ist auch nicht erforderlich, denn die ganz überwiegende Anzahl an Ärztinnen und Ärzten hat ohnehin kein Interesse, am Streik teilzunehmen“, stellt Leonie Ottmer klar. Aus ihrer Sicht handele es sich bei der Zahlung im Einzelfall vielmehr um einen für alle Mitarbeiter geltenden Bonus für diejenigen, die aus der Freizeit heraus kurzfristig einspringen würden.
Blankenese: Streik beeinträchtigt Betrieb in Hamburger Krankenhaus laut Betreiber nicht
Ob der Klinikbetrieb durch den Streik betroffen sei? Dazu antwortet sie: „Der laufende Klinikbetrieb bleibt natürlich nichtsdestotrotz vom Streikgeschehen unbeeinträchtigt.“ Wie das gelingt, obwohl 25 Ärzte streiken und weitere im Urlaub sind, bleibt unklar. Die Mediziner berichten am Donnerstag, dass die Unternehmensgruppe Ärzte aus anderen Krankenhäusern, zum Beispiel aus Bremen, nach Hamburg hole.
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„Wir fordern die Klinikleitung des Krankenhauses Tabea auf, sich endlich mit uns an den Verhandlungstisch zu setzen“, gibt Dr. Pedram Emami aber nicht auf, der am Donnerstag die Demonstrierenden auf weitere Aktionen einschwor.
Arztspezifische Tarifverträge seien in nahezu allen Hamburger Kliniken Standard und böten den Angestellten mehr Transparenz und Verbindlichkeit, vor allem aber bessere Arbeitsbedingungen. Neben der Vergütung für die Regelarbeitszeit sind darin auch Wochenendarbeit, Nachtarbeit, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft klar geregelt.