Hamburg. Bahn setzt Arbeiten für Brückenneubau fort. Zuvor hatte das Unternehmen mit den Gegnern in einem Punkt eine Abriss-Einigung erzielt.
- Die Bahn hatte verpflichtend erklärt, dass bis zum 1. Mai keine denkmalgeschützten Bauwerke abgerissen werden
- Dennoch kann das Unternehmen die Arbeiten für den geplanten Ersatz der in die Jahre gekommenen Sternbrücke fortsetzen
- Ganz zum Ärger aller Kritiker
Das ging schnell. Gerade eingereicht, zeigt die Klage beim Oberverwaltungsgericht gegen den geplanten Neubau der Sternbrücke im Schanzenviertel bereits Wirkung.
Wie der Verein Prellbock und die Initiative Sternbrücke am Freitagmittag mitteilten, habe sich die Deutsche Bahn auf Anraten der Verwaltungsrichter auf einen Abrissstopp eingelassen. Zumindest teilweise: Denn am Sonnabend begannen dann doch die ersten Abrissarbeiten. Allerdings handelt es sich dabei um keine denkmalgeschützte Häuserzeile.
Sternbrücke: Hin und Her in Altona – Bagger der Deutschen Bahn reißen erste Häuser ein
Am Freitag hatte die Bahn verpflichtend erklärt, dass bis zum 1. Mai keine denkmalgeschützten Bauwerke abgerissen werden. Dennoch kann das Unternehmen die Arbeiten für den geplanten Ersatz der in die Jahre gekommenen Sternbrücke fortsetzen. Ein Antrag, um noch vor dem Wochenende einen gerichtlichen Baustopp zu erwirken, sei wieder zurückgezogen worden, sagte ein Bahnsprecher am Freitag. „Wir können daher im Rahmen des sofort vollziehbaren Planfeststellungsbeschlusses die Bauarbeiten für eine neue Sternbrücke fortsetzen.“
Ein Sprecher des Umweltverbandes Prellbock Altona bestätigte, dass der entsprechende Antrag zurückgezogen wurde. „Wir sind offen für eine weitere Diskussion mit der Politik.“ Hintergrund sei die Zusage der Bahn, bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts keines der denkmalgeschützten Häuser abzureißen.
Nach dem Beginn der Abrissarbeiten schreibt die Initiative Sternbrücke am Sonnabend auf Instagram: „So sieht es aus, wenn auf Geheiß der Deutschen Bahn und mit dem Okay des Hamburger Senats und des Bezirks Altona Fakten geschaffen werden. Häuser, die gute 140 Jahre alt sind und schon gestanden haben, als noch die erste Sternbrücke (Baujahr 1893) hier die Stresemannstraße (damals: Kleine Gärtnerstraße) überbrückt hat, werden abgerissen.“
Baustopp an der Sternbrücke: Initiativen feiern Klage-Erfolg
Die Gegner der geplanten „Monsterbrücke“, wie sie sie nennen, setzen sich auch für den Erhalt der umliegenden Gebäude ein. Diese sollten ursprünglich ab Mitte März abgerissen werden.
Die Entscheidung wird von Prellbock und der Initiative Sternbrücke dementsprechend als Erfolg und Etappensieg gefeiert. Der Eilantrag und Antrag auf Baustopp zeigten damit Wirkung, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung. Bei der Deutschen Bahn beurteilt man die Sache naturgemäß anders.
Deutsche Bahn: „Das hat keine Auswirkungen auf den Bau oder den Zeitplan“
„Es ist richtig, dass die DB zunächst mit dem Abbruch der nicht unter Denkmalschutz stehenden Gebäude beginnt“, erklärt ein Bahnsprecher auf Abendblatt-Anfrage am Freitag. Das sei aber auch nicht anders geplant gewesen und habe keine Auswirkungen auf den Bau oder den Zeitplan. Zur Frage, ob man sich auf Anraten der Richter zu einem Abrissstopp bis zum 1. Mai verpflichtet habe, heißt es: „Eine Entscheidung des OVG steht aus, zu laufenden Verfahren kann sich die DB nicht äußern.“
Ansonsten stehe jedem der Klageweg frei. „Im Sinne einer zügigen Umsetzung des Projekts und um den engen Zeitplan einzuhalten, setzen wir daher bis auf Weiteres und entsprechend dem gesetzlichen Rahmen, den uns der Beschluss gibt, die Arbeiten für die Brückenerneuerung fort“, betont der Bahnsprecher.
Prellbock Altona: Deutsche Bahn muss denkmalgeschützte Gebäude erhalten
„Zwei wichtige Dinge sind in den letzten drei Tagen passiert: Das OVG hat zum einen unsere Klage angenommen und möchte sich Zeit zur Prüfung nehmen, zum zweiten musste die Deutsche Bahn aufgrund der Intervention des OVG denkmalgeschützte Gebäude erhalten“, sagt Michael Jung, Sprecher von Prellbock Altona. Der Umweltverbund hat die Klage im Namen der Gegner eingereicht.
Allerdings bezieht sich der Stopp eben nur auf denkmalgeschützte Gebäude. Die ebenfalls vorm Abriss stehenden Häuser in der Max-Brauer-Allee 213 bis 217 und in der Stresemannstraße 117 fallen nicht darunter.
Sternbrücke: Initiative fordert, Bauarbeiten zu stoppen und eine Neuplanung
„Wir haben heute an Deutsche Bahn und die Hamburger Politik appelliert, die Konsequenzen aus der Intervention des OVG zu ziehen, die Bauarbeiten insgesamt zu stoppen und zügig in eine Neuplanung unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort einzusteigen“, erklärt Marlies Thätner, Sprecherin der Initiative Sternbrücke. Der Planfeststellungsbeschluss hänge bis zur Entscheidung des OVG in der Schwebe. „Jetzt mit den Verwüstungen um die Sternbrücke fortzufahren, ist unverantwortlich.“
- Gebäudeabrisse im Umfeld der Hamburger Sternbrücke starten Mitte März
- Sternbrücke Hamburg: Ein Club hält den Jazz am Leben
- Elbchaussee ab 15. März wieder frei? Vollsperrung am Holstenplatz
Anlass für die Klage: Die Deutsche Bahn plant, die fast 100 Jahre alte und sanierungsbedürftige Brücke durch eine 108 Meter lange und 21 Meter hohe, stützenfreie Stabbogenkonstruktion zu ersetzen. Geschätzte Kosten: 125 Millionen Euro. Dafür müssen unter anderem 86 Bäumen gefällt werden sowie bis Ende Mai fünf Gebäude sowie zwei Anbauten abgerissen werden. Zwei weitere Gebäude sollen später folgen.
Eine Initiative wehrt sich vehement gegen den aus ihrer Sicht überdimensionierten Neubau. Für die Klage gegen den vor vier Wochen erteilten Planfeststellungsbeschluss wurden mehr als 45.000 Euro durch Spender eingesammelt. Am Donnerstag organisierten die Kritiker das 100. Kreiselkonzert, das von weiteren Protesten begleitet wurde.