Hamburg. Das Bündnis fordert einen vierwöchigen Baustopp. Polizei muss Demonstration mehrmals auflösen. Am Mittag meldet sich die DB zu Wort.
Nachdem die Initiative Sternbrücke kurzfristig zu einer Versammlung aufgerufen hatte, haben sich am Montagmorgen knapp 200 Menschen an der Sternbrücke in Altona versammelt, um gegen den Abriss des Bauwerks zu demonstrieren. Anfangs verlief die Aktion weitgehend friedlich, doch später kam es zu Widerstand und auch zu Gewalt.
Die Deutsche Bahn zeigte sich derweil unbeeindruckt: Am Mittag erklärte das Unternehmen, dass es an seinen Plänen festhält. Doch einen kleinen Teilerfolg scheint das Bündnis erzielt zu haben. „Unser Protest zeigt Wirkung“, erklärte Axel Bühler, Sprecher der Initiative Sternbrücke, am Abend. Denn die Bahn sei zumindest davon abgerückt, einen ersten Teil des Bauwerks gleich abzureißen.
Initiative Sternbrücke demonstriert zunächst friedlich gegen Abriss
Das Unternehmen hatte am Montagnachmittag erklärt, dass die Genehmigungen für die vorbereitenden Arbeiten an der Sternbrücke vorlägen. Zudem werde bis Mitte März kein Gebäude abgerissen. Allerdings gingen die Arbeiten an der Baustellenfläche für die neue Brücke weiter. Somit würden dort und am Bahndamm Bäume gefällt oder zurückgeschnitten. Der Ausgleich dafür werde in Neupflanzungen geschaffen. „Der DB war es immer ein Anliegen, das Bauprojekt so sozial- und umweltverträglich wie möglich umzusetzen – im engen Austausch mit der Politik sowie den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern.“ Die Bahn bekräftigte, die derzeitigen Arbeiten („Sowieso-Arbeiten“) seien unabhängig von der Art der neuen Brücke.
Ziel der Initiative Sternbrücke war es, durch die Demo einen vierwöchigen Baustopp an der Stresemannstraße Ecke Max-Brauer-Allee zu erwirken. Dies solle den Gegnern des Projektes die Möglichkeit geben, den Planfeststellungsbeschluss zu prüfen und eine Klage einzureichen.
Bühler fährt fort: „Der Aufschub der Abrissarbeiten ist ein erster Erfolg. Nun müssen wir dafür sorgen, dass auch die Bäume erhalten bleiben, bis das Gericht entschieden hat.“
Demo an der Sternbrücke sei bei der Polizei nicht angemeldet worden
Die Versammlung am frühen Montagmorgen verlief über weite Strecken friedlich. Um 6.30 Uhr ging es los. Etwa eine Stunde lang soll die Polizei die Gruppe bei ihrem Protest gewähren lassen haben, bis die Beamten die Straße letztlich räumten.
Denn es gab ein Problem bei der Demonstration, wie Polizeipressesprecher Florian Abbenseth auf Abendblatt-Anfrage sagte. Zwar sei die ursprüngliche Versammlung an der Max-Brauer-Allee im Vorfeld in den Sozialen Medien beworben worden, aber bei der Polizei selbst sei keine Anmeldung für eine Demonstration eingegangen. Deshalb waren Beamte bereits kurz nach Demobeginn vor Ort, um Strafanzeigen wegen einer unerlaubten Versammlung zu stellen.
Jedoch lösten die Ordnungshüter die Demonstration nicht auf, als sich vor Ort eine Person dazu bereiterklärte, die Versammlung in ihrem Namen anzumelden. Diese verlief, so Abbenseth, im angemeldeten Zeitraum bis etwa 7.50 Uhr friedlich.
Demonstration Sternbrücke: Polizei löst Sitzblockade auf
Im Gegenzug zu der zuvor friedlichen ablaufenden offiziellen Demonstration seien die Beamten gegen deren offiziellen Ende um 7.50 Uhr auf Widerstand gestoßen. Mehrere Demonstrierende weigerten sich, den Bereich der Max-Bauer-Allee, die wegen der Versammlung von der Stresemannstraße bis zur Julius-Leber-Straße für den Verkehr gesperrt war, zu verlassen.
Die Polizisten vor Ort waren gezwungen, mitunter Gewalt anzuwenden. Einer der Demonstranten soll sogar einen der Beamten angegriffen haben. Daraufhin wurde er abgeführt, unter dem deutlichen Unmut anderer Demonstrationsteilnehmer.
Zwar beruhigte sich daraufhin die Lage vor Ort zunächst, aber bereits kurze Zeit später blockierten die Demonstranten offenbar erneut die Straße mit einem Sitzprotest. Nach Abendblatt-Informationen soll die Polizei, die gegen 8.30 Uhr mit drei Mannschaftswagen anrückte, wieder eingegriffen haben.
Gegen 9.40 Uhr hatten dann auch die letzten Demonstrantinnen und Demonstranten den Bereich verlassen. Insgesamt musste die Polizei über 40 Platzverweise bis zu diesem Zeitpunkt ausstellen. Am Nachmittag war die Lage immer noch ruhig. Nur ein einzelner Laster mit Baugerüsten stand vor Ort. Die Bauarbeiten hatten noch nicht begonnen.
Initiative Sternbrücke rief spontan zur Versammlung auf
Erst vergangenen Freitag hatten Vertreter der Deutschen Bahn in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz mitgeteilt, dass erste Abrissarbeiten an diesem Montag beginnen sollen. Erst kurz vor diesem Termin hatte die Initiative Sternbrücke davon erfahren, dass der seit Langem erwartete Planfeststellungsbeschluss vorliegt (das Abendblatt berichtete).
Losgehen sollten die Abrissarbeiten mit den leer stehenden Gebäuden, in denen zuvor der Club Waagenbau sowie eine Autowerkstatt ansässig waren. Außerdem sollen zeitnah 40 Bäume gefällt werden.
Initiative Sternbrücke: Bürger vor vollendete Tatsachen zu stellen sei „frech“
„Bahn und Stadt haben das Planfeststellungsverfahren fast vier Jahre lang verschleppt. Und die Planung ist auf den ersten Blick so schlecht geblieben wie am ersten Tag“, teilte Bühler mit. Hamburgs Bürger vor vollendete Tatsachen stellen zu wollen, sei „frech und kann eigentlich nur bedeuten, dass die Bahn Angst hat, vor Gericht zu verlieren“, hieß es weiter.
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Unter der Sternbrücke waren bedeutende Hamburger Kultureinrichtungen untergebracht, darunter die Clubs Waagenbau und Fundbureau. Die Deutsche Bahn will die mehr als 100 Jahre alte Brücke abreißen, um eine neue Trasse zu errichten. Gegen das Bahnprojekt wurde bereits eine Petition gestartet. Laut der Initiative Sternbrücke sollen seit 2020 fast 20.000 Menschen diese Online-Petition unterschrieben haben.