Hamburg. In den sozialen Medien berichtet Phia Quantius schonungslos über alle Facetten ihrer Migräneerkrankung. Was ihr Antrieb ist.

Zeigt sich Phia Quantius auf Instagram oder TikTok, dann sind da keine Bilder von einem perfekten Leben. Auf ihrem Profil existieren keine Videos, in denen sie Schminktipps gibt oder neue Produkte eines Start-up-Unternehmens bewirbt.

Die Wahlhamburgerin und Influencerin zeigt sich in den sozialen Medien von einer schonungslos ehrlichen und vulnerablen Seite: Mal liegt die 25-Jährige mit glasigem Blick und Tränen im Gesicht im Bett. Mal zeigt sie sich über die Toilettenschüssel gebeugt, während sie sich übergibt.

TikTok: Hamburgerin teilt Videos über ihre Migräneerkrankung

Was Phia Quantius so offen und ehrlich in der Öffentlichkeit teilt, gehört zu ihrem Leben seit sie elf Jahre alt ist. Seitdem leidet sie unter einer starken Form von Migräne mit Aura, also einer neurologischen Störung mit Sehbeschwerden. Immer wieder reißt sie die Erkrankung aus dem Alltag. In den sozialen Medien möchte die 25-Jährige darüber aufklären und anderen Betroffenen Mut machen.

Allein auf Instagram sehen sich 230.000 Menschen Videos über ihre Migräneerkrankung an, auf TikTok sind es fast 400.000. Bereut habe sie den Schritt, sich mit einem so persönlichen Thema öffentlich zu zeigen, nie. „Ich habe Revue passieren lassen, dass ich mich in meiner Kindheit und Jugend mit meiner Krankheit alleingelassen gefühlt habe“, erzählt sie.

Doch allein ist sie damit nicht. Laut Dr. Jan Philipp Buschmann, Neurologe an der Asklepios Klinik Altona, leiden zehn Prozent der Deutschen an wiederkehrenden Migräneanfällen. Demnach ist Migräne mit Aura besonders einschränkend, da zu den Symptomen Seherscheinungen gehören, bei denen Betroffene Zacken und Blitze vor sich sehen, bevor der Kopfschmerz einsetzt.

Hamburger Influencerin hat bis zu sechs Migräneanfälle im Monat

Aus ihrem Umfeld habe Quantius in ihrer Jugend jedoch niemanden gekannt, der Ähnliches durchmacht. „Für mich war es sehr schwer, weil ich das Gefühl hatte, die Einzige damit zu sein. Niemand konnte mich verstehen“, sagt die Hamburgerin. Sie habe erlebt, wie sie von Expertinnen und Experten ausgelacht oder mit Medikamenten nach Hause geschickt wurde, die nicht geholfen haben.

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Eine Migräneerkrankung zeige sich bei jedem betroffenen Menschen individuell. In ihrem Fall gehören Seheinschränkungen, Sprachstörungen, Übelkeit, Lähmungserscheinungen und starke Kopfschmerzen dazu. Es kommt sogar vor, dass sie kurzzeitig erblindet. Zwischen vier Stunden und drei Tagen kann ein Migräneanfall bei der 25-Jährigen andauern. Zu kämpfen hat sie drei- bis sechsmal im Monat damit. Natürlich habe sie Medikamente – doch diese schlagen nicht immer an.

Phia Quantius lebt mit bekanntem Influencer in Hamburg zusammen

Mit Social Media habe Quantius durch ihren Partner Malte Zierden angefangen. Er ist ebenfalls als Influencer aktiv und engagiert sich für Tierschutz. Das Paar lebt seit etwa drei Jahren gemeinsam im Hamburger Westen. Eigentlich hat es die beiden nur durch Zufall dorthin verschlagen. Der Tätowierer von Malte Zierden bot dem Paar seine Wohnung zur Nachmiete an, und so ging es für die gebürtige Kölnerin in die Hansestadt.

Ihre Videos hat Phia Quantius ursprünglich für ihren Partner Malte Zierden aufgenommen.
Ihre Videos hat Phia Quantius ursprünglich für ihren Partner Malte Zierden aufgenommen. © Privat | Privat

Für ihren Partner hat sie angefangen, Videos von sich selbst während eines Anfalls aufzunehmen. „Malte hatte vorher keine Berührungspunkte mit Migräne und ich wollte eine Art Schritt-für-Schritt-Anleitung für ihn machen, damit er weiß, was ich wann brauche.“ Denn die Migräne, so erklärt sie es, beeinflusse das Leben aller Menschen in ihrem Umfeld.

Instagram-Star zeigt die „ungeschönte Wahrheit“ auf Social Media

Die Videos sollten zunächst nur für sie selbst und ihren Partner sein. Lange Zeit hatte Quantius sie auf ihrem Handy gespeichert. Dann entschloss sie sich, in den sozialen Medien darüber aufzuklären und die Krankheit sichtbar zu machen. „Ich habe mir gesagt: Wenn ich über meine Migräne sprechen möchte, dann richtig und ohne es zu schönen“, sagt die 25-Jährige.

Also zeigt sie die ungeschönte Wahrheit auf Social Media. Sie nimmt ihre Followerinnen und Follower mit und gibt private Einblicke in ihren gesundheitlichen Zustand während eines Migräneanfalls. Außerdem hat sie erst kürzlich ihr erstes Buch veröffentlicht. In „Bombenkopf“ erzählt sie von ihrem Leben mit der Erkankung.

„Von der Gesellschaft musste ich lernen, dass eine Krankheit als Schwäche gilt und nicht gesehen wird“, so Quantius. „Aber ich habe mich eigentlich nie so gefühlt. Ich habe mich immer total stark gefühlt, weil ich all die Dinge mache, die ich mache, obwohl ich krank bin.“

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Dass sie sich von ihrer Krankheit nicht unterkriegen lässt, beweist Phia Quantius mit ihrem sozialen Engagement: Neben ihrer Tätigkeit als Influencerin und Model ist Phia Quantius als Tierschützerin gemeinsam mit ihrem Partner aktiv. Regelmäßig reisen die beiden in ein ukrainisches Dorf in der Nähe zur ungarischen Grenze, um dort ein Tierheim für Hunde und Katzen in Kooperation mit der Hilfsorganisation Notpfote aufzubauen.

Hamburger TikTok-Influencerin reist als Tierschützerin in die Ukraine

Obwohl die Reisen in die Ukraine für Quantius zusätzlichen Stress bedeuten, der bei ihr Migräne auslösen kann, nimmt sie das Risiko für die Tiere auf sich. „Ich habe eigentlich immer einen Migräneanfall, wenn ich dort bin. Bisher habe ich das aber relativ gut in den Griff bekommen“, berichtet sie. Ein Video von einem ihrer Anfälle während einer Ukraine-Reise ist in den sozialen Medien viral gegangen.

Von ihrer Community bekommt die Influencerin viel Zuspruch für ihre Arbeit. Sie könne auf Social Media in den Austausch mit anderen Betroffenen gehen. Und auch Menschen, die bislang keine Berührungspunkte mit der Krankheit hatten, melden sich bei Quantius und zeigen sich betroffen. „Zu sehen, dass ich damit nicht alleine bin, ist schon mal sehr viel wert.“ Mit ihrer Arbeit erhofft sich die junge Frau, die Krankheit ein Stück weit sichtbarer zu machen.