Hamburg. „Katastrophe für den Einzelhandel“: Umbau der Reventlowstraße stößt auf erheblichen Widerstand. Wie sich Betroffene wehren wollen.
- Im Bereich Othmarschen und Groß Flottbek wird wieder gebaut.
- Doch der Umbau der Reventlowstraße erntet massive Kritik von Bürgern und Händlern der nahen Waitzstraße
- Jetzt trommeln die Gewerbetreibenden zur Protestaktion
Im Bezirksamt Altona waren sich die Verantwortlichen schon bewusst, dass die Entscheidung für eine erneute Baustelle im Bereich Othmarschen und Groß Flottbek für Ärger sorgen könnte. Ob man allerdings mit diesem Gegenwind gerechnet hat?
Vor Kurzem hatte der Bezirk über den geplanten Umbau der Reventlowstraße als wichtige Zufahrtsstraße informiert, eine Welle an Reaktionen folgte prompt. Die Kritik ist enorm und massiv. Sowohl Bürgerverein, Politik als auch die Kaufleute in der nahe liegenden Waitzstraße: Das Entsetzen über die erneute Baustelle ist groß. Nun rufen die Händler der Einkaufstraße zum gemeinsamen Protest auf.
Waitzstraße: Händler rufen zum gemeinsamen Protest am Montag auf
„Stoppt den Verkehrsinfarkt. Wir verkraften keine Großbaustelle in der Reventlowstraße“, schreibt die Interessengemeinschaft (IG) Waitzstraße. Sie rufen dazu auf, in den Verkehrsausschuss am Montag, 5. Februar, zu kommen. „Sagt Eure Meinung, nur gemeinsam sind wir stark“, lautet der Appell, der unter anderem über soziale Medien verbreitet wird. Die Sitzung beginnt um 18 Uhr im Technisches Rathaus in Altona, Jessenstraße 1.
Darum geht es: Die Reventlowstraße soll als Teil des Projekts „Veloroute 1“ fahrradfreundlicher werden. Für rund 4,5 Millionen Euro wird ein 700 Meter langer Abschnitt (Jungmannstraße bis Klein Flottbeker Weg) umgebaut – inklusive Straßensperrungen. Los geht es Ende März. Bis Oktober soll alles fertig sein. Muss es auch.
Baustelle Elbvororte: A7, Elbchaussee, Fernwärme – „Bürger verlieren die Nerven“
Grund sind neue Sperrungen aufgrund des Deckelbaus auf der A7. Während der Arbeiten wird die wichtige Verbindungsstraße und Zubringer zur A7 eine Einbahnstraße Richtung Süden. Komplettsperrungen sind voraussichtlich an drei Wochenenden nötig.
„In Othmarschen und Flottbek wird nicht nur der Deckelbau über der A7 betrieben. Die Elbchaussee wurde über Jahre umgebaut. Die Fernwärmeleitung wird seit über drei Jahren gebaut, mit massiven Einschränkungen der Anwohner und Passanten, und nun kommen die diversen Velorouten“, zählt Lorenz Flemming vom Bürgerverein Flottbek Othmarschen die Bauprojekte auf. Und er mahnt: „Die Bürger in unseren Stadtteilen und auch unsere Mitglieder verlieren langsam die Nerven.“
Waitzstraße: Einzelhändler sehen Einkaufsstraße durch Planung in Gefahr
Die einen ärgern sich über neue Verkehrsbehinderungen und haben wenig Verständnis für den fahrradfreundlichen Umbau an sich, andere sorgen sich um ihre Existenz. Denn nicht weit entfernt von der Baustelle liegt die Einkaufsmeile Waitzstraße. Die hiesigen Einzelhändler fürchten um ihre Kunden und das Geschäft.
„Wir sind mit den Planungen überhaupt nicht einverstanden und sehen die Waitzstraße als Einkaufsstraße in Gefahr – wieder einmal“, sagt Dirk Hübenbecker vom gleichnamigen Schlachter und als Mitglied der IG Waitzstraße. „Es ist eine Katastrophe, wenn man bedenkt, was wir alles erleiden mussten.“
Waitzstraße: Händler beklagen zahlreiche Baustellen und Einbußen
Denn Baustellen hatten die Einzelhändler in der Vergangenheit mehr als genug. Mehrfach musste die Straße umgebaut werden, auch aufgrund zahlreicher Unfälle mit Fahrzeugen, die in Geschäften landeten. Nun falle mit der dann einseitig befahrbaren Reventlowstraße in Richtung Süden eine Zuwegung zur Waitzstraße weg. Während auf der anderen Seite seit Jahren an der Fernwärmetrasse gebaut werde.
Das habe den Zugang für Kunden signifikant erschwert und bereits zu spürbaren Rückgängen in der Kundenfrequenz geführt, so die IG in einer Pressemitteilung am Montagabend. „Eine weitere längerfristige Baustelle werden viele Geschäfte nicht mehr kompensieren können und zur Aufgabe gezwungen sein“, warnen die Händler. „Der besondere Charme der Waitzstraße steht mehr denn je auf dem Spiel.“ Die IG Waitzstraße fordert vom Bezirksamt Altona daher, die Baumaßnahme Reventlowstraße zu verschieben.
CDU Hamburg: „Radverkehr soll verbessert werden – auf Kosten der Geschäfte“
Auch von der Politik gibt es Rückenwind für die Kaufleute. Die CDU und FDP in Altona kritisieren die Planung ebenfalls harsch. Sven Hielscher, Vorsitzender der CDU-Fraktion, sagt: „Eine weitere Baustelle rund um die Waitzstraße ist in Anbetracht der insgesamt schwierigen Situation eine Katastrophe für den Einzelhandel vor Ort.“ Der Umbau der Reventlowstraße sei eine rein ideologische Entscheidung: Der Radverkehr solle verbessert werden – und zwar auf Kosten der Geschäfte vor Ort.
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„Wie sollen die Kunden denn in die Waitzstraße kommen, wenn die Zu- und Abfahrt jetzt von allen Seiten erschwert bzw. unmöglich gemacht wird? Das Vorgehen des Bezirksamts Altona ist absolut inakzeptabel“, so Hielscher. FDP-Fraktionschefin Katarina Blume sagt: „Die grün geführte Verwaltung zeigt einmal mehr, dass ihnen die Belange der Anwohner und der Gewerbetreibenden egal sind. Durch diese wiederholten geschäftsschädigenden Maßnahmen entsteht der Eindruck, dass die beschauliche Waitzstraße den Verantwortlichen ein Dorn im Auge ist.“
Waitstraße: Bezirksamtschefin verweist auf einziges Zeitfenster bei Umbau
Bezirksamtschefin Stefanie von Berg (Grüne) hält dagegen. Wie sie schon bei der Ankündigung betonte, habe man lange überlegt und abgewogen, ob man die Maßnahme aufgrund der vielen Baustellen jetzt nicht lieber lasse. Das nächste mögliche Zeitfenster wäre aber erst wieder im Jahre 2031 gewesen. „Es handelt sich aber um ein extrem wichtiges Teilstück. Und wenn man diesen Lückenschluss auf der Veloroute jetzt nicht hinbekommt, hätte das die Mobilitätswende im ganzen Hamburger Westen ins Stocken gebracht“, so von Berg, die zudem auf einige Unfälle mit Radfahrern in diesem Bereich verwies.