Hamburg. Das Lichtspektakel in Hamburg lockt im Winter viele Besucher an. Doch Naturschützer sehen das Wohl vieler Tiere in Gefahr.
Durch den verschneiten Loki-Schmidt-Garten in Klein Flottbek wandern und dabei die tanzenden Lichter des Christmas Garden bestaunen: Das verzaubert derzeit viele Besucher, die auch ihre positiven Bewertungen auf zahlreichen Bewertungsportalen hinterlassen. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) ist dagegen kein Fan dieses Veranstaltungsformats, das seine Premiere in diesem Winter in Hamburg feiert.
Denn: „Das viele Licht hat seine Schattenseiten“, sagt Jonas Voß, Nabu-Sprecher in Hamburg. „Übermäßige Beleuchtung stellt im städtischen Raum eine der größten Gefahren für die urbane Biodiversität dar.“ Wenn es nach dem Nabu geht, dann wäre die Veranstaltung im Landschaftsschutzgebiet auch nie genehmigt worden – um die Tierwelt zu schützen.
Christmas Garden in Hamburg – Nabu kritisiert Behörden
Die Verwaltung und die Bezirke würden Natur und Umwelt beim Erteilen solcher Genehmigungen noch viel zu selten mitdenken, kritisiert Voß. Dabei gebe es rechtliche Grundlagen, die den Schutz der Natur in Landschaftsschutzgebieten wahren sollen.
In solchen Gebieten sei es per Verordnung verboten, „die Ruhe der Natur oder den Naturgenuss durch Lärmen oder auf andere Weise zu stören“. Wem das nicht reiche, der solle sich die Hamburger Verfassung ansehen, so der Naturschützer.
Christmas Garden Hamburg – „dient rein dem menschlichen Vergnügen“
Dort steht bereits in der Präambel, dass die natürlichen Lebensgrundlagen unter dem besonderen Schutz des Staates stehen. „Wenn das keine leeren Worte sein sollen, dann muss man solche Veranstaltungen, die rein dem menschlichen Vergnügen dienen, in der Abwägung auch mal zum Wohle der Natur nicht genehmigen“, sagt Voß.
Bisher passiere das aber nicht – trotz stetig voranschreitendem Verlust von Arten und Lebensräumen. „Der Winter bringt gerade für die Tierwelt durch Nahrungsknappheit und Kälte viele Strapazen mit sich. Sie brauchen deshalb in einer belebten Stadt Rückzugsräume und gerade dafür gibt es ja Natur- und Landschaftsschutzgebiete.“ Diese würden in Hamburg schwinden.
Christmas Garden, Lumagica und Co: Zahl der Lichtevents in Hamburg steigt
Mit Sorge beobachtet der Nabu den Trend zu immer mehr Lichtveranstaltungen im Winter. Ob nun Christmas Garden im Botanischen Garten, Lumagica im Wildpark Schwarze Berge oder Planten un Lumen als Lichtkunst in der Hamburger City: Es gibt derzeit zahlreiche neue und weitere Formate, die einst dunkle Parkanlagen und Landschaften in der Winterzeit in Licht tauchen.
Dass sich gerade in der dunklen Jahreszeit die Menschen nach mehr Licht sehnen und es auch im öffentlichen Raum gemütlich beleuchtet haben wollen, sei aus Sicht des Nabu auch verständlich. „Aber wir Menschen sind eben nicht völlig allein auf der Welt, sondern Teil eines Systems, in dem auch andere Tierarten wie Insekten, Vögel oder Eichhörnchen leben“, erklärt Voß.
Christmas Garden in Hamburg: Helles Licht verstört Tiere – Nabu warnt
Durch eine dauerhafte Beleuchtung gehe der für die Natur elementar wichtige Tag-Nacht-Rhythmus verloren. „Vögel werden durch helles Licht in ihrem Zugverhalten gestört“, so der Nabu-Sprecher.
„Fledermäuse verlieren durch Beleuchtung ihre Quartiere und Insekten werden durch Lichtquellen massenhaft angezogen. Im Bann der Beleuchtung werden sie zur leichten Beute anderer Tiere oder sterben durch Kollision oder Erschöpfung. Sie fehlen als Bestäuber von Blütenpflanzen oder als Glieder in der Nahrungskette.“
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Christmas Garden in Klein Flottbek – Veranstalter planen Neuauflage 2024
Der Biorhythmus von tag-, nacht- oder dämmerungsaktiven Tieren sei meistens anders als der von Menschen und ihre Empfindlichkeit gegenüber zunehmender Beleuchtung – vor allem im städtischen Raum – stärker. Voß appelliert: „Insofern ist es gut, wenn wir Menschen mit unseren Bedürfnissen maßvoll sind und bei allem, was wir planen, andere Lebewesen in einem gemeinsamen genutzten Umfeld mitdenken. Denn ohne andere Tiere im öffentlichen Raum wollen wir schließlich auch nicht leben.“
Klar ist, dass im Fall vom Christmas Garden das zuständige Bezirksamt Altona die Genehmigung durchaus kritisch und langwierig geprüft hat. Am Ende gab es eine Erlaubnis für die Lichter-Show im Botanischen Garten. Die Veranstalter planen auch bereits mit einer Neuauflage im kommenden Jahr.
Christmas Garden – Bezirksamt Altona: Fledermäuse werden nicht gestört
Auf Anfrage erklärt Monia Wachsen, stellvertretende Pressesprecherin im Bezirk Altona: „Vor dem Hintergrund, dass die Veranstaltung in den Herbst- und Wintermonaten stattfindet, in denen Fledermäuse sowie Insekten und Vögel eine geringe Aktivität haben, ist eine temporäre Beleuchtung wie jene im Christmas Garden aus naturschutzfachlicher Sicht – aber unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen – möglich.“
So habe der Bezirk dem Veranstalter aufgegeben, im Besonderen das Vorhandensein von Fledermauswinterquartieren zu beachten. Es habe daher zuvor eine Prüfung der Bäume durch einen fachlich qualifizierten Biologen auf Besatz von Fledermäusen gegeben. Die Untersuchung habe laut Bezirksamt keine erhebliche Störung von Ruhestätten im näheren Umfeld gezeigt.