Hamburg. Einer der schillerndsten Projektentwickler Deutschlands wird jetzt in der Hansestadt aktiv – auch beim Holsten-Areal mischt er mit.
Der Mann steckt voller Energie. Morgens ist er aus Salzburg gekommen. Am Nachmittag geht es im Privatflieger, den der Hobbypilot selber steuert, nach Braunschweig. „Gespräche mit Banken führen.“ Abends ist Zürich die nächste Station, dort steht ein Treffen mit Investoren auf dem Programm. Aber vorher empfängt Christoph Gröner noch das Abendblatt zum Interview.
Der Firmensitz der CG Gruppe liegt im Berliner Stadtteil Charlottenburg. Ein unauffälliges Bürogebäude an der Wilmersdorfer Straße. Hier in der fünften Etage residiert Christoph Gröner. Hinter seinem Schreibtisch hängt ein ziemlich buntes und großformatiges Bild des Künstlers Stefan Szczesny. Mehrere wertvolle Skulpturen von Günther Uecker stehen in dem etwa 30 Quadratmeter großen Raum. Die Einrichtung, mal abgesehen von den Grünpflanzen, ist in Schwarz gehalten. Christoph Gröner nimmt am Besprechungstisch Platz. Vor ihm steht eine Tasse Tee. Den trinke er immer ab mittags.
Der 50-Jährige zählt zu den bekanntesten Projektentwicklern der Republik, ist bundesweit aktiv. Die CG Gruppe, deren Gründer und Vorstandsvorsitzender Gröner ist, habe für die kommenden fünf Jahre ein Projektvolumen von rund 6,3 Milliarden Euro, erzählt Gröner. In anderen Großstädten wie Berlin, Düsseldorf oder Köln hat das Unternehmen schon Tausende Wohnungen entwickelt.
Jetzt ist die Hansestadt an der Reihe: „Hamburg hat noch viel Flächenpotenzial. Wir werden hier in den nächsten Jahren zahlreiche Großprojekte realisieren. Einige spannende Standorte haben wir schon, aber wir sind an weiteren Grundstücken dran“, sagt Gröner.
Gröner startet mit eigener Niederlassung
Den Start für sein Engagement in Hamburg, eine Niederlassung am Hans-Henny-Jahnn-Weg in Winterhude, gibt es auch schon, die Grundsteinlegung für das Bahrenfelder Carré ist am 11. April. Bis 2021 sollen dort an der Von-Sauer-Straße 289 Wohnungen entstehen. Das Investment beträgt rund 100 Millionen Euro. Wohl eher Peanuts für Gröner. Da sind die veranschlagten 357 Millionen Euro für das Neuländer Quarree in Harburg mit rund 430 Wohnungen, etwa 40.000 Quadratmetern Gewerbefläche und einem Hotel schon ein größerer Fisch. In der vergangenen Woche wurden die Sieger des Architektenwettbewerbs gekürt. Gröner saß in der Jury: „Ich bin begeistert von Harburg. Der Stadtteil wird sich prächtig entwickeln.“
Als er über seine Planungen für sein Projekt am Billwerder Neuen Deich in Rothenburgsort spricht, blitzen seine Augen. Auf dem Gelände der Golf Lounge und angrenzenden Grundstücken „werden wir hier am Eingangstor zur Stadt, ein architektonisches Highlight schaffen, das einem bei der Fahrt über die Elbbrücken gleich ins Auge sticht“. Noch steht aber nicht fest, was denn hier nun eigentlich entwickelt werden soll.
Zunächst hatte Gröner von bis zu 700 Wohnungen gesprochen. Davon war die Stadt dem Vernehmen nach nicht so begeistert. Jetzt sagt Gröner: „Wir stimmen uns mit der Stadt noch intensiv ab. Aber ich denke, so 150 bis 200 Wohnungen dürften es schon werden und dann eben auch Gewerbe.“ Hier ist von einem Investitionsvolumen von rund 230 Millionen Euro und einer Realisierung bis 2023 die Rede.
Geplanter Baustart für Holsten-Areal ist 2020
Auch bei der Entwicklung des Holsten-Areals in Altona mit bis zu 1500 Wohnungen ist Gröner mit an Bord. Das ist eines der größten Bauvorhaben in Hamburg mit einem Gesamtvolumen von rund 822 Millionen Euro.
Das kam so: Die SSN Group, die Eigentümerin des rund 86.500 Quadratmeter großen Brauereigeländes ist, gehört inzwischen zu 93 Prozent der Berliner Consus Real Estate AG (wir berichteten). Und die CG Gruppe befindet sich zu mehr als 70 Prozent im Besitz der Consus AG: „Wir werden hier unsere Expertise beim Wohnungsbau einbringen. Ziel ist es, den städtebaulichen Vertrag nun zügig unter Dach und Fach zu bringen. Ich habe selbst schon zweimal Gespräche im Bezirksamt geführt, und ich denke, wir werden einen Konsens finden.“
Die Bezirkspolitik habe eine lange Liste mit Forderungen vorgelegt, und nun müsse man halt schauen, was geht und was nicht. Er spricht Klartext: „Wir folgen nicht den Wünschen der Politik, wir sind vor allem dafür da, den großen Bedarf an Wohnraum für die Bürger zu stillen und dabei für alle Beteiligten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.“ Natürlich solle es auch eine entsprechende Anzahl öffentlich geförderter Wohnungen geben. 2020 soll Baubeginn sein und 2023 die ersten Gebäude bezogen werden können.
Das selbstbewusste Auftreten von Gröner stößt bei der Politik auf wenig Begeisterung: „Auch aus seinem eigenen Interesse heraus sollte sich Herr Gröner schnell auf das hanseatische Miteinander in dieser Stadt einlassen. Wildwestmethoden oder entsprechendes Gebaren sind hier fehl am Platz. Wir werden alles dafür tun, dass sich Projektentwickler daran halten“ sagt Hamburgs SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf dem Abendblatt. Etwas mehr Understatement sei angebracht.
Klare Worte findet auch Sven Hielscher, CDU-Vizefraktionschef in der Bezirksversammlung Altona: „Die Politik ist für die Bebauungspläne verantwortlich. Deshalb sollte der Projektentwickler im engen Austausch mit uns stehen, denn noch ist das Areal ein reines Gewerbegebiet. Wenn wir über das Holsten-Quartier sprechen, müssen wir leider feststellen, dass hier bislang wenige Fakten geschaffen wurden.“ Der Stadtentwicklungsexperte stellt fest: „Die Zusammenarbeit mit dem Bauherrn ist schwierig, Wir hoffen, dass zügig unsere Forderungen für dieses für die gesamte Stadt so wichtige Bauvorhaben umgesetzt werden.“
Vielleicht spielt bei der Bebauung des Brauereigeländes dann auch Erfurt eine Schlüsselrolle. Denn dort sind „wir am Bau des modernsten Fertigteilwerks der Welt beteiligt. Das ist die Zukunft und wird die Rohbaukosten, ohne die Architektur und Bauqualität einzuschränken, deutlich reduzieren“, prophezeit Gröner.
Stillstand ist für Gröner ein Fremdwort
Die Elbmetropole gefällt Gröner, der Wohnsitze in Berlin, Köln und an der Cote d’Azur hat. „Ich spiele mit dem Gedanken, mir in Hamburg eine Wohnung in Alsternähe zu kaufen.“ Er ist mit dem ehemaligen Bahnchef Rüdiger Grube befreundet und schätzte den verstorbenen Altbundeskanzler Helmut Schmidt. Nur den legendären Satz von Schmidt, der lautete: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, den „teile ich nicht“, sagt Gröner lächelnd.
Stillstand ist für den Selfmademan ein Fremdwort. „Ich gebe immer 100 Prozent. Ich sehe meine Lebensaufgabe darin, bezahlbaren hochwertigen Wohnraum zu schaffen. Und dafür wird es immer Bedarf geben, nur offensichtlich nicht in allen Ecken von Berlin.“ Sein Streit mit dem Grünen-Baustadtrat Florian Schmidt aus dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat ihn bundesweit bekannt gemacht. Die beiden zofften sich leidenschaftlich vor laufenden Kameras in der TV-Talkshow von Sandra Maischberger.
Christoph Gröner hatte an dem früheren Postscheckamt am Halleschen Ufer ein riesiges Plakat aufgehängt, auf dem stand weit sichtbar: „Hier verhindert Rot-Rot-Grün 623 Wohnungen.“ Die wollte die CG Gruppe an dem Standort bauen, doch der Bezirk stimmte dem „frei finanzierten Wohnungsbau“, so Gröner, nicht zu. Irgendwann gab es eine Einigung.
Jetzt baut hier die landeseigene Degewo 311 Sozialwohnungen. Die CG Gruppe hat ihren Anteil an den Grundstücken an die Art-Invest aus Köln verkauft. Christoph Gröner ist jetzt raus aus der Sache, aber immer noch aufgebracht: „Es gibt in der Partei der Grünen/Bündnis 90 mehrheitlich Politiker, die ganz seriös grüne Politik betreiben. Und es gibt Menschen, die ich ganz offen als Ökofaschisten bezeichne, mit denen ist eine Zusammenarbeit nicht möglich.“
Seine Karriere begann Gröner als Bauhelfer
Als Bauhelfer hat Gröner seine Karriere begonnnen. „Ich habe alles auf der Baustelle gemacht, richtig hart gearbeitet. Das merke ich heute noch an meinem Rücken“, sagt der 1,95 Meter große Mann. Danach gründete Gröner Bauunternehmen, die im Karlsruher Raum aktiv waren. 1995 folgte der Wechsel nach Leipzig, und der Hobbyboxer spezialisierte sich auf die Sanierung von Altbauten. Im Jahr 2000 wurde eine Niederlassung in Berlin eröffnet, und 2005 stieg Gröner auch im großen Stil in die Projektentwicklung ein. Inzwischen gibt es Standorte in Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart, München, Dresden und Hamburg. Die CG Gruppe hat laut Gröner rund 650 Mitarbeiter.
Der Mann ist reich. Ein Multimillionär, der Porsche und Kunst sammelt, immer auf der Überholspur unterwegs ist. Er erzählt vom Skiurlaub in Saalbach-Hinterglemm. „Da bin ich mit 110 Stundenkilometern die Piste runtergebrettert“. 20 Kilometer joggt Gröner in der Woche, spielt ab und an Tennis. Gröner ist laut, eckt immer wieder an. „Ich polarisiere eben.“
Auch in einer TV-Reportage stand er im Mittelpunkt: „Die haben das aber so zusammengeschnitten, dass ich als Angeber dastand. Das ist ärgerlich.“ Dort spielte auch sein Privatflugzeug eine Rolle: „Das habe ich, weil ich bei meinen vielen Terminen dieses Pensum gar nicht bewältigen könnte, wenn ich Linie flöge. Ich sehe es aber nicht als Statussymbol an, sondern um schnell von einem Ort zum anderen zu kommen.“
Der Selfmademan ist ein Familienmensch
Aber es gibt nicht nur den scheinbar von Arbeit besessenen Christoph Gröner: „Ich bin ein absoluter Familienmensch und versuche so oft wie möglich, mit meinen Kindern zusammen zu sein. Das ist das Größte für mich.“ Er hat drei Töchter und einen Sohn im Alter von 10 bis 29 Jahren. „Die Älteste ist Künstlerin in Berlin. Wir sehen uns alle zwei bis drei Wochen. Ich bin sehr stolz auf ihre Arbeit.“ Ein Kunstwerk der Tochter hängt auch in seinem Büro.
Die Zeit drängt. Bevor sich Gröner zum Flughafen aufmacht, steht noch ein Baustellenbesuch an. Unten wartet ein schwarzer Van mit Fahrer. Seine Assistentin sitzt neben ihm. „Ich nehme immer einen Mitarbeiter mit auf Reisen.“
Die Fahrt zum Ernst-Reuter-Platz dauert nur wenige Minuten. Dort, in bevorzugter Berliner Lage, entsteht ein achtgeschossiges Gebäude mit 141 Wohnungen. „Hochwertig, aber nicht luxuriös bauen wir hier.“ Anstatt über die Treppe, gelangt Gröner über Leitern in die zweite Etage des Rohbaus. Beim Fototermin ist Gröner in seinem Element. Er liebt das Spiel mit der Kamera, jede Pose sitzt. Der Mann weiß sich in Szene zu setzen.