Hamburg. In der Speicherstadt wurde der Lebensretterpreis an drei Hamburger verliehen. Wie die Geretteten ihren Schutzengeln dankten.

Hand in Hand standen die zwei Frauen auf der Bühne. Kein Wunder. Sie verbindet seit dem 25. März dieses Jahres ein ganz besonderes Band. Katja Iken hat Sina Zenke ihr Leben zu verdanken. Denn die junge Frau war es, die mitten in Ottensen in einem Nussladen sofort reagierte, als die dreifache Mutter zu Boden fiel, weil ihr Herz stehen geblieben war.

Am Mittwochabend wurde Sina Zenke für ihren außergewöhnlichen Einsatz um das Leben von Katja Iken nun im ehemaligen Hauptzollamt am Alten Wandrahm mit dem Preis „Asklepios-Lebensretter 2023“ geehrt.

Asklepios Lebensretterpreis: Im Nussladen wiederbelebt – fürs Leben verbunden

Auf der Bühne bei der Verleihung war es dann Retterin Sina Zenke, die mit den Tränen kämpfen musste, als sie zu dem einschneidenden Erlebnis befragt wurde. „Hätte ich mich von meiner Panik leiten lassen, dann wäre ich mit Sicherheit gegangen“, sagt sie mit gebrochener Stimme. Und fährt an alle gewandt fort: „Man muss es einfach machen.“

Rune Hoffmann (Asklepios, l.) mit Tom Dzieniszewski, der seine Frau Karolina Zablocka wiederbeleben musste.
Rune Hoffmann (Asklepios, l.) mit Tom Dzieniszewski, der seine Frau Karolina Zablocka wiederbeleben musste. © Funke Foto Services | Michael Rauhe

Katja Iken war ohne jegliche Vorwarnung Ende März in dem Nussladen, in dem Sina Zenke als Aushilfe arbeitete, zusammengebrochen. Die junge Frau hörte im Pausenraum einen dumpfen Knall – und wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Sina Zenke rannte in den Verkaufsraum, wo die Hamburgerin auf dem Boden lag – und begann sofort intuitiv mit der Herzdruckmassage. Mit ihrem Einsatz überbrückte sie die entscheidenden Minuten, bis die Notärzte vor Ort waren – und rettete der Hamburgerin damit ihr Leben.

Asklepios: Der Preis soll zeigen, dass jeder im Notfall helfen kann

Katja Iken berichtete auf der Bühne, dass sie das schreckliche Ereignis bereits gut verarbeitet habe. Sie verfolge nicht ständig die Sorge, dass so etwas wieder passieren könne. Allerdings lebe sie seit dem Vorfall im März mit einer großen Dankbarkeit „gegenüber Sina und gegenüber den Ärzten“.

Den Nussladen mitten in Ottensen habe sie anfangs noch gemieden. „Mittlerweile gehe ich aber wieder sehr gern hin.“ Zwischen den beiden Frauen ist so etwas wie eine kleine Freundschaft entstanden. Zweimal hätten sie sich bereits getroffen. „Aber es fängt jetzt ja auch erst an“, so Katja Iken. „Ich glaube, das wird sich in Zukunft noch entwickeln.“ Sie freue sich darauf.

Der Asklepios-Lebensretterpreis wurde zum neunten Mal vergeben

Ziel des Preises ist es, anhand von Geschichten wie dieser von Katja Iken und Sina Zenke zu zeigen, dass jeder Mensch Leben retten kann. Alle Hamburger sollen dazu ermuntert werden, einzugreifen, wenn eine Notlage vorliegt. Denn, so wird immer wieder berichtet, die Helfer können nichts falsch machen. Sondern die Situation des Betroffenen nur verbessern, ihm eben gegebenenfalls das Leben retten.

Gleichzeitig soll die Auszeichnung Menschen grundsätzlich dazu animieren, ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse immer wieder auf den aktuellen Stand zu bringen.

Aus diesem Grund haben das Abendblatt und der Asklepios-Konzern gemeinsam mit der Hamburger Feuerwehr den Lebensretterpreis initiiert. In diesem Jahr wurde er bereits zum neunten Mal vergeben. Moderiert wurde die Verleihung von Abendblatt-Redakteurin Vanessa Seifert. Sie führte einfühlsam und humorvoll zugleich durch die Verleihung, zu der rund 100 Gäste aus der Hamburger Gesundheitsbranche sowie Mitglieder von Vereinen und Rettungsdiensten geladen waren.

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© Hamburger Abendblatt | Hamburger Abendblatt

„Ich bin jedes Mal wieder inspiriert und angetan von dem, was Menschen tun, um anderen Menschen zu helfen“, sagte Joachim Gemmel, Sprecher der Geschäftsführung von Asklepios. „Und wir wollen mit diesem Preis dafür sorgen, dass das Thema „Leben retten und Helfen“ als ein Thema erkannt wird, bei dem jeder etwas tun kann. Und dass man nicht, wenn irgendetwas passiert, auf sein Handy schaut und vorbeigeht oder mit dem Auto vorbeifährt, sondern selber einen Beitrag leisten kann.“

Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts (l.), mit Heiko Jagusch (M.), der Günther Walther gerettet hat.
Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts (l.), mit Heiko Jagusch (M.), der Günther Walther gerettet hat. © Funke Foto Services | Michael Rauhe

Und das sei oft einfacher als man denkt. In einer Gesellschaft, die zunehmend egoistisch werde, sei es immer wichtiger, diesen Menschen, die Leben retten, Wertschätzung entgegenzubringen.

Alle fünf nominierten Lebensretter bekamen eine Auszeichnung

Neben Sina Zenke wurden zwei weitere Retter von Asklepios und dem Abendblatt ausgezeichnet. Tom Dzieniszewski erhielt ebenfalls einen Preis. Er musste seine eigene Frau Karolina im Bett wiederbeleben, als diese plötzlich zusammenbrach. „Hätte Tom nicht so blitzschnell und mutig reagiert, dann wäre ich nicht mehr da“, sagte sie am Abend auf der Bühne. Und ihr Mann ergänzte: „Ich habe eine Frau, die Kinder haben ihre Mutter. Wir sind sehr glücklich.“

Auch Heiko Jagusch erhielt eine Auszeichnung. Er hatte seinen Segelkameraden Günther Walther im gemeinsamen Segeclub am Falkensteiner Ufer das Leben gerettet, als der bewusstlos zusammenbrach. „Mein letzter Ersthelfer-Kurs war schon eine Weile her, aber wenn man das Wissen dann plötzlich braucht, dann ist es da“, so Jagusch.

Alle Retter und Geretteten beim Asklepios Lebensretterpreis 2023 in der Speicherstadt.
Alle Retter und Geretteten beim Asklepios Lebensretterpreis 2023 in der Speicherstadt. © Michael Rauhe / Funke Foto Services | Michael Rauhe

Walther berichtete, dass es ihm wieder gut gehe und er bereits einen ersten Segeltörn hinter sich habe. „Welches Glück hatte ich, dass man mir noch ein Leben geschenkt hat.“ Auch die anderen nominierten Lebensretter, Lars Lawrenz, Michel Rohlfing und Alexander Antoni wurden mit einer Urkunde geehrt.

Der Sonderpreis 2023 ging an das Gymnasium Dörpsweg

Der Sonderpreis ging in diesem Jahr an das Gymnasium Dörpsweg. Hier werden schon seit vielen Jahren Erste-Hilfe-Kurse für die Kinder angeboten. Einzelne Kinder werden zu Schulsanitätern ausgebildet und können so später ihre jüngeren Mitschüler unterrichten.

„Uns wurde mit dieser Ausbildung etwas ganz Wichtiges vermittelt, nämlich dass man sich sicher fühlt, weil man weiß, dass man handeln kann“, sagt die ehemalige Schülerin Gina Ehrich bei der Verleihung. Sie ist nach ihrem Abitur an dem Gymnasium nun selbst im Rettungsdienst tätig.

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Bleibt noch der Auftritt der A-cappella-Band Lalelu. Die vier Musiker sorgten für die gute Stimmung an dem emotionalen Abend. Ein Auftritt, der den Sängern jedoch sichtlich schwerfiel. „Wir hatten hinter der Bühne Tränen in den Augen“, sagt Bandmitglied Jan Melzer. „Und dann mussten wir raus und gute Stimmung machen, das war unfassbar schwer.“

Asklepios Lebensretterpreis: Mitglieder der A-cappella-Band Lalelu machen Erste-Hilfe-Kurs

Dennoch hätten ihnen die Minuten auf der Bühne gerade deshalb besonders viel Spaß gebracht. „Diese Menschen müssten eigentlich auf dem Rathausmarkt geehrt werden für das, was sie getan haben“, so Melzer. „Es bedeutet uns wirklich viel, dass wir dabei sein konnten.“ Die Band versprach noch auf der Bühne: „Nach diesem Abend werden wir alle unsere Erste-Hilfe-Kenntnisse auffrischen.“

Und damit hat der Preis bereits an diesem besonderen Abend genau das erreicht, was er sollte.