Hamburg. Weil die Stadtteilschule gesperrt ist, trafen sich alle unter freiem Himmel. Wo jetzt gelernt wird und was Eltern kritisieren.
Das Wetter war am Montagmorgen gnädig: Sonnenschein, blauer Himmel, Schäfchenwolken. Unter diesen Bedingungen sind rund 650 Schüler und Schülerinnen der Stadtteilschule Altona verspätet in das neue Schuljahr gestartet, und das unter freiem Himmel auf der grünen Wiese im Stadtteilpark der Neuen Mitte Altona. Der Grund: Die Schüler können nicht in ihre Schule.
Es ist wuselig an diesem Morgen rund um die Straße An der Kleiderkasse. Eltern, Lehrer und Schüler bevölkern Gehwege und Wiesen. Hinter dem vermeintlichen Chaos steckt aber ein genauer Plan. „Alle Schüler versammeln sich zunächst auf der Wiese und verteilen sich anschließend auf die Örtlichkeiten in der Stadt“, sagt Schulleiterin Andrea Lüdtke.
Schule Hamburg: Erster Tag unter freiem Himmel an der Stadtteilschule Altona
An der Stadtteilschule wurden wie berichtet die Ferien unfreiwillig um zwei Tage verlängert. Denn eigentlich hätte der siebengeschossige Neubau der Stadtteilschule Altona in der Neuen Mitte längst bezogen werden sollen, doch wegen Problemen mit dem Wasseranschluss wurde der Einzug kurz vor Ferienbeginn gestoppt. Hunderte von Schülern stehen nun ohne Schulgebäude da.
Schulsenator Ties Rabe (SPD) sprach von einer starken Schadstoffbelastung des Grundwassers. Unterricht an diesem Schulstandort ist nicht möglich.
Stadtteilschule Altona: Unterricht an anderen Standorten statt im Neubau
Andrea Lettau wartet an diesem Tag wie andere Eltern auch am Rande der Wiese, während ihre Tochter ein paar Schritte weiter im Kreis ihrer neuen Klasse steht. Später geht es für die Fünfklässler zur Einschulungsfeier in die Turnhalle der nahe gelegenen Theodor-Haubach-Schule.
An anderer Stelle auf der grünen Wiese spielt ein Lehrerinnenteam mit den neuen Fünfklässlern und -klässlerinnen die ersten Kennenlernspiele. „Wer kennt schon sechs Namen?“, möchte die Lehrerin wissen.
Unterrichtet wird die Tochter von Andrea Lettau dann für mindestens vier Wochen in der Kurt-Tucholsky-Schule an der Eckernförder Straße statt in dem neuen Schulgebäude, weiß die Mutter. „Wenn es nur vier Wochen und kein Jahr dauert, bis die Kinder endlich im neuen Schulgebäude unterrichtet werden, finde ich das nicht schlimm“, sagt Andrea Lettau. Ihre Tochter allerdings findet es durchaus schade, weil der Schulweg an die Eckernförder Straße länger ist und ein neues Schulgebäude einfach cooler sei.
Schüler werden Ausflüge machen oder auf Klassenreise gehen
Schulleiterin Andrea Lüdtke ist ebenfalls unter den vielen Menschen an diesem Montagmorgen. Am 4. Oktober soll dann wirklich der Einzug in die neue Stadtteilschule Altona sein, sagt sie. „Die Wochen bis dahin müssen wir nun noch überbrücken.“
Und sie freut sich, dass unter anderem die Universität und das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Räume bereitstellen. Um die Zeit ansonsten zu überbrücken, können die Schüler mit ihren Lehrern Museen besuchen oder auf Klassenreisen gehen. „Die Kollegen haben ein super Programm zusammengestellt“, sagt Andrea Lüdtke.
So wird der Unterricht der 12. und 13. Klassen laut Schulhomepage etwa im Landesinstitut für Lehrbildung (LI) stattfinden. Darüber hinaus gibt es Angebote zum schulischen Forschungszentrum, zum Desy sowie auch Angebote der örtlichen Bücherhallen und kulturellen Institutionen wie Theater und Museen. „Selbstverständlich werden alle fachlichen Inhalte dabei angemessen berücksichtigt“, heißt es.
„Das ist eine Katastrophe gewesen, dass wir so in die Ferien geschickt wurden“
Andere Klassen, wie etwa eine aus dem Jahrgang sechs, gehen nach dem Treffen auf der Wiese ebenfalls zu einem außerschulischen Lernort, nämlich zum Esche Jugendkunsthaus. Was sie da erwartet? Das scheint die Lehrerin noch nicht genau zu wissen und sagt zu einem Schüler: „Der Leiter der Esche wird uns schon alles zeigen.“ Ungewöhnliche Lernorte in einer ungewohnten Situation.
Schulleiterin Lüdtke ist Kummer gewohnt, hat sich der Neubau ihrer Schule doch seit acht Jahren immer wieder verzögert. „Wir sind einfach froh, wenn wir dann drin sind“, sagt sie. „Ich bin optimistisch.“ Irgendwann müsse es ja klappen.
Dass sie erst drei Tage vor Beginn der Sommerferien davon erfahren hat, dass aus dem Einzug in den Neubau nach den Ferien nichts wird, sei sehr ärgerlich gewesen. „Das ist für uns eine Katastrophe gewesen, dass wir so in die Ferien geschickt wurden.“
Schule Hamburg: Unterricht von acht bis 14 Uhr und Nachmittagsbetreuung
Und so gab es in der unterrichtsfreien Zeit viele Treffen mit der zuständigen Schulbehörde, damit an diesem Montag alles reibungslos läuft und die Schüler für die kommenden Wochen gut untergebracht sind. „Der Unterricht findet von acht bis 14 Uhr an verschiedenen Standorten statt“, sagt Andrea Lüdtke. Die Nachmittagsversorgung sei ebenso gewährleistet wie ein Mittagessen.
Doch nicht alle Eltern sehen die kommende Zeit entspannt. Eine Mutter, die ihren Namen nicht nennen möchte, sagt: „Der Unterrichtsausfall ist ohnehin schon heftig, jede Woche sind das sicherlich um die 20 bis 30 Prozent.“
Schule Hamburg: Mutter in Sorge vor weiterem Unterrichtsausfall
Sie hat die Sorge, dass ihr Sohn, der jetzt in der sechsten Klasse ist, in den Wochen bis zum Einzug in die neue Schule wieder viel Unterrichtsstoff versäumt. Sie fühlt sich von der Schule schlecht informiert und wisse gar nicht, wo ihr Sohn an diesem ersten Schultag überhaupt Unterricht hat. „Da habe ich keine Ahnung“, sagt sie. „Während der Ferien haben wir keine Infos von der Schule bekommen, wir Eltern sind völlig ratlos.“
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Und doch sieht sie auch etwas Gutes an der Situation: „Man merkt, wie sich die Menschen hier im Stadtteil einbringen und zusammentun im Sinne der Schüler und wie man an solchen Herausforderungen wächst.“
Schule Hamburg: Elternrat der Stadtteilschule Altona lobt Schulleitung
Dominik Oberthür aus dem Vorstand des Elternrats will zunächst abwarten und schauen, wie sich alles entwickelt, wie gut die Alternativprogramme sind, die sich Lehrer und Schulleitung überlegt haben. „Je nach Feedback der Eltern müssen wir dann mit der Schulleitung und der Behörde in den Dialog treten.“
Er findet es beeindruckend, was das Kollegium bislang geleistet hat. „Dass wir nicht in den Neubau ziehen können, kam ja für alle wie aus heiterem Himmel. Die Schulleitung hat in den Sommerferien Großartiges geleistet für den Schulstart jetzt.“ Er hofft, dass es in den kommenden Wochen alles nach Plan läuft.