Hamburg. Ehemaliges Vivo-Gebäude wird klimaschonend umgestaltet. Viel Platz zum Lernen und Spielen. Die Planung überrascht.
Das Projekt ist in dieser Form in Deutschland einmalig: Das ehemalige Vivo-Einkaufszentrum an der Bahrenfelder Straße wird zur neuen Stadtteilschule Ottensen umgebaut. Das Besondere: Um Ressourcen und Klima zu schonen, soll von der alten Bausubstanz so viel wie möglich erhalten und gleichzeitig der Bedarf einer Schule optimal berücksichtigt werden.
Schulsenator Ties Rabe (SPD) sprach bei der Vorstellung des Projekts von „nachhaltigem und ressourcenschonendem Schulbau mitten in der Großstadt“.
Schule Hamburg: Neue Stadtteilschule in Ottensen für mehr als 1000 Schüler
Die neue Schule wird fünf Parallelklassen pro Jahrgang und insgesamt rund 1060 Schülerinnen und Schüler haben. Damit reagiert die Schulbehörde auf die steigenden Schülerzahlen in der Region. Diese hatten in den vergangenen Jahren um rund 20 Prozent zugenommen.
Das Projekt wird von der Schulbehörde, Schulbau Hamburg und dem Generalplaner „agn Leusmann“ realisiert. Die vorigen Mieter werden das Gebäude zum Jahresende 2024 verlassen, die neue Schule soll dann zum Schuljahr 2027/28 starten.
Vivo-Einkaufszentrum aus dem Jahr 2003 erwies sich als Misserfolg
Das sogenannte Vivo-Gebäude in der Nähe des Kulturzentrums „Fabrik“ ist ursprünglich ein Einkaufszentrum aus dem Jahr 2003. Der Gebäudekomplex wurde damals als ökologisches Einkaufs- und Dienstleistungszentrum errichtet und firmierte zunächst unter dem Namen „Ö“.
Es hatte jedoch von Anfang an mit Leerständen zu kämpfen und wird für den eigentlichen Zweck kaum noch genutzt. Weite Teile der Gesamtanlage stehen mittlerweile seit Jahren leer.
Umbau des Vivo-Zentrums zur Schule ist ökologischer als Abriss und Neubau
Die nun gefundene Lösung für das Gebäude wird allgemein positiv bewertet. „Ein Umbau ist wesentlich klimaschonender als ein Abriss und Neubau, da viele Baustoffe nach einem Abriss nur schwer recycelbar sind und die Produktion des Baumaterials für einen Neubau erhebliche Mengen Energie verbraucht und CO2 freisetzt“, sagt Rabe bei der Präsentation.
Es gelinge nun, „an sehr zentraler und gut erreichbarer Stelle“ eine attraktive, neue Schule zu schaffen, die „anderweitig wohl nicht realisierbar gewesen wäre“. Das genaue Investitionsvolumen steht nicht fest. Da die Behörde mit dem Projekt „Neuland“ betrete, seien die Berechnungen noch nicht abgeschlossen.
„Gute Bausubstanz“: Vivo-Zentrum war seiner Zeit schon vor 20 Jahren voraus
Nach Darstellung der Behörde erleichterten Größe und die Lage des Einkaufszentrums die Umwandlung. Denn das Gebäude sei bereits vor 20 Jahren sehr hochwertig gebaut worden und befinde sich in einem guten Zustand.
So habe es unter anderem eine „offene und flexible Struktur“ in den einzelnen Geschossen, die großes Potenzial zur Umnutzung zu einer Stadtteilschule biete. Rabe nannte als weitere Beispiele die kompakte, gläserne Bauweise, die erfolgreiche Regenwassersammlung, Betonspeicherdecken und die „trennungsfähigen Materialien“. Damit erfülle der Altbau bereits die Standards für nachhaltiges, recyclinggerechtes Bauen.
Neue Schule: Pausenflächen sind rund 10.000 Quadratmeter groß
Das Einkaufszentrum hat eine Grundstücksgröße von 12.200 und eine bebaute Fläche von 9300 Quadratmetern. Mit einer Bruttogeschossfläche von rund 36.000 Quadratmetern ist das Gebäude nach Darstellung des projektleitenden Architekten Michael Specht „selbst für eine Schule schon fast zu groß“.
Trotz der eng bebauten Innenstadtlage könne die neue Schule ihren Schülerinnen und Schülern dadurch viel Bewegungsmöglichkeiten und Pausenflächen auf insgesamt bis zu 10.000 Quadratmetern anbieten.
3800 Quadratmeter Außenfläche auf den Dächern zur Verfügung
Freiflächen für die Schulhofnutzung stehen insgesamt zwar nur begrenzt zur Verfügung, aber die Flachdachflächen und Bereiche im sehr großen Atrium können ebenfalls genutzt werden, um Angebote an Pausen-, Erholungs-, Bewegungs- und Freizeitbedürfnissen der Schülerschaft zu machen.
So stehen 2900 Quadratmeter Außenfläche im Erdgeschoss sowie rund 3800 Quadratmeter Außenfläche auf den Dächern zur Verfügung.
Grundschule Bahrenfelder Straße soll mit neuer Schule verbunden werden
„Auch wenn ein formeller Beschluss der direkt gegenüberliegenden Grundschule Bahrenfelder Straße noch ansteht, plant deren Schulgemeinschaft bereits einen Zusammenschluss mit der neuen Stadtteilschule“, sagte Rabe.
Auf diese Weise würden beide Schulen voraussichtlich eine sogenannte Langformschule von der Vorschule über die Grundschule bis zur 13. Klasse bilden und alle Schulabschlüsse anbieten. Schulleiterin der Grundschule ist Britta Heils, die später auch die Stadtteilschule leiten wird.
Schulbehörde reagiert auf stark steigende Schülerzahlen in Altona
Die neue Schule ist Teil des riesigen Schulneubauprogramms und wird in Altona dringend benötigt. In der Schulregion 4, die die Stadtteile Altona, Ottensen und Bahrenfeld umfasst, ist die Anzahl der Erstklässlerinnen und Erstklässler von 1003 im Jahr 2016 auf 1213 im laufenden Schuljahr 2022 gestiegen, also um 20 Prozent innerhalb von nur sechs Schuljahren.
Hinzu kommen Wohnungsbauprojekte in der Region, die zusätzliche Grundschülerinnen und -schüler für rund 11 zusätzliche Parallelklassen bis zur Mitte des nächsten Jahrzehnts erwarten lassen. Dazu gehören unter anderem Großprojekte wie der Ausbau der Neuen Mitte Altona und der Science City.
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Weitere Schulerweiterungen und Neugründungen im Bezirk Altona
Aus diesem Grund gibt es in der Region 4 sowohl zahlreiche Schulerweiterungen als auch – Neugründungen. So werden mit dem Struensee-Gymnasium und dem deutsch-französischen Gymnasium (DFG) an der S-Bahn-Station Königstraße von 2025 an zusätzliche Schulen mit insgesamt acht Parallelklassen pro Jahrgang gebaut.
Zudem wird mit der Gründung der ersten Campus-Stadtteilschule in Altona nahe der Eckernförder Straße ab dem kommenden Schuljahr 2023/24 eine siebenzügige weiterführende Schule gegründet, die Platz bietet sowohl für Stadtteil- als auch Gymnasialschüler. Außerdem wird auch die Stadtteilschule Altona durch einen Neubau in der Neuen Mitte Altona ihre Kapazitäten erweitern.
Stadtteilschule Altona: So wurde das Vivo-Zentrum zum Flop
Das Vivo-Zentrum war ursprünglich als Deutschlands größtes ökologisches Einkaufszentrum konzipiert worden. Als es im Jahr 2004 eröffnet wurde, rechnete der damalige Senat damit, dass sich dort 70 Läden und Betriebe aus der Öko-Branche ansiedeln würden. Doch das Projekt floppte und wurde zum Millionengrab.
Jährlich zahlte die Stadt rund 1,8 Millionen Euro, um die Verluste auszugleichen. Statt Öko-Läden zogen unter anderem ein Fitnesscenter und eine Bar ein, andere Teile des Gebäudes wurden von städtischen Behörden genutzt.
Die Altonaer CDU-Schulexpertin Kaja Steffens sagt dazu: „Ich war die Erste, die diese Idee der Umgestaltung hatte. Das lässt sich belegen.“ Entsprechend lobt Steffens sowohl die gute ökologische Verwertung des Vivo-Zentrums als auch die Planung für den neuen Schulstandort.