Hamburg. Birte Lorenzen-Herrmann ist mit dem Extremsegler verheiratet. Wie sie ihn kennenlernte – und welche wichtige Aufgabe sie hat.
Birte Lorenzen-Herrmann kommt ein wenig später zum Termin. „Entschuldigung, die Kita“, sagt sie achselzuckend. In ihrer Einrichtung gleich um die Ecke in Ottensen herrsche gerade akuter Personalmangel, deshalb müsse sie ihre kleine Tochter Marie-Louise, von allen nur Malou genannt, auch etwas später bringen und früher abholen. Der typische Alltag einer berufstätigen Mutter, Termine jonglieren zwischen Kind, Haus und Beruf.
Die 39-Jährige ist mehr als nur die Frau an der Seite von Hamburgs derzeit vermutlich bekanntestem Segelsportler. Eine Tatsache, die ihr wichtig ist, zu Recht. Birte Lorenzen-Herrmann steht für das Bildungsprogramm My Ocean Challenge, das sie gemeinsam mit Herrmann entwickelt hat – und das beiden sehr am Herzen liegt. Die junge Mutter ist als studierte Gymnasiallehrerin genau die richtige Person für diese Aufgabe.
Ocean Race: Birte Lorenzen-Herrmann ist viel mehr als nur die Frau an der Seite von Boris Herrmann
Geboren und aufgewachsen ist Birte Lorenzen-Herrmann in Kiel. Hier ging sie zur Schule, hier studierte sie die Fächer Kunst und Mathematik auf Lehramt. „Eigentlich wollte ich gar nicht unbedingt hierbleiben“, sagt sie heute. „Es hat sich schlicht so ergeben.“
Denn eigentlich wollte die Abiturientin erst einmal auch nur in ihre beiden Lieblingsfächer reinschnuppern, was mal genau daraus werden solle, hatte sie sich nicht überlegt. Aber, ob es eher in die künstlerische oder mathematische Richtung gehen solle, wollte sie herausfinden. „Mir hat die Kombination aber schnell so gut gefallen, dass ich weitergemacht habe.“ Der Kontrast zwischen den so unterschiedlichen Fächern habe unheimlichen Spaß gemacht. „Und komischerweise ergänzen sie sich sogar.“
Boris Herrmanns Ehefrau: Nach dem Studium folgte ein Referendariat in Hamburg
Birte Lorenzen-Herrmann absolvierte ihr Studium im Schnelldurchlauf und begann an der Stadtteilschule Stellingen ihr Referendariat. Dem zweiten Staatsexamen folgte eine feste Anstellung, wieder in Stellingen.
In diese Zeit fällt auch das erste Treffen mit ihrem späteren Ehemann. Nein, auf dem Wasser hätten sie sich nicht kennengelernt, sagt die junge Frau und lacht. „Wir haben uns hier in einem Café in Ottensen getroffen.“
In einem Café lernte Birte Lorenzen-Herrmann ihren Mann kennen
Lange Zeit wusste Birte Lorenzen-Herrmann nicht einmal, was ihr Freund genau machte. „Wenn er sagte, er geht jetzt segeln, dann habe ich mir nichts weiter dabei gedacht, als dass das sein Hobby wäre.“
Schließlich teilte sie die Freude am Wasser und dem Wind durchaus. „Ich habe jahrelang gerudert, Wellenreiten gemacht und bin in Kiel auch viel gesegelt.“ Aber eher das klassische Fahrtensegeln auf den Jugendyachten des Kieler Yachtclubs (KYC) nach Schweden, Norwegen oder Dänemark. Vielleicht hin und wieder mal eine kleine Regatta, mehr nicht.
Lange Zeit hatte Birte Lorenzen-Herrmann keine Ahnung, was ihr Mann macht
Deshalb habe sie auch überhaupt nicht geahnt, welchen Mann sie dort in dem Café in Ottensen vor mittlerweile knapp zehn Jahren kennengelernt hatte. „Wir hatten so viele andere Themen, wie die Kunst, da haben wir lange Zeit gar nicht darüber gesprochen, was wir beruflich machen.“ Bis ein Bekannter sie auf den doch eher ungewöhnlichen Beruf ihres neuen Freundes hinwies.
Seitdem ist sie Stück für Stück gemeinsam mit ihrem Mann in die Hochseesegelszene eingetaucht. Bis heute bezeichne sie sich allerdings eher als Schönwetterseglerin, sagt Birte Lorenzen-Herrmann, die seit 2020 mit dem Extremsegler verheiratet ist. Die harten Bedingungen, die Entbehrungen an Bord einer Rennyacht wie der „Malizia – Seaexplorer“, das sei nichts für sie. Dennoch, das grundsätzliche Verständnis für den Sport und alles, was er so mit sich bringe, das habe sie.
Gemeinsam haben die Herrmanns ein Bildungsprojekt entwickelt
Eigentlich will sie viel lieber über ihr Herzensthema sprechen, die Bildung von Kindern und Jugendlichen. Zu ihrem eigenen Bildungsprogramm sind Herrmann und sie auch eher durch einen Zufall gekommen, einen glücklichen, wie sie berichtet.
Im Jahr 2018 nahm sich die junge Frau eine Auszeit vom Lehrerleben. „Ich brauchte einen Perspektivwechsel“, sagt sie heute. In diesen Monaten konzentrierte sie sich auf ihre Kunst, plante und organisierte eine Ausstellung in Monaco.
Birte Lorenzen-Herrmann stieg in die Themen Ozean und Klimawandel ein
Gleichzeitig begann sie, über die Themen Ozean und Klimawandel zu recherchieren. Ein Treffen mit Toste Tanhua vom Geomar Institut in Kiel gab dann den Anstoß für das Bildungsprogramm. „Wir haben eigentlich über die Möglichkeiten gesprochen, wie Boris auf seinem Schiff Daten für die Ozeanforschung erheben kann“, so die junge Mutter. „Doch ganz nebenbei haben wir drei dann auch erkannt, dass dieses Thema ideal dafür geeignet ist, um Kinder an das Thema Ozean und Klimawandel heranzuführen.“
Also begann Birte Lorenzen-Herrmann gemeinsam mit ihrem Mann, die ersten Arbeitsmaterialien für Kinder zu erarbeiten. Doch, wie das Ehepaar so ist, nur ein bisschen Bildung, das ging nicht, sagt Birte Lorenzen-Herrmann. „Wenn, dann sollte es Vollgas sein.“ Ein Heft entstand, Vorträge wurden erarbeitet, Schulen und Behörden kontaktiert.
Im Lehrplan kommt das Thema Ozean nicht vor
Lorenzen-Herrmann will mit dem Programm eine Lücke füllen. Eine Lücke, die in vielen Lehrplänen bis in die Mittelstufe vorhanden ist. Und für die viele Lehrer in ihrem Alltag keine Zeit haben. „Im schulischen Leben hat der Ozean nicht den Stellenwert, den er eigentlich haben sollte.“
Aber nur, wenn man die Rolle des Ozeans in unserem Ökosystem verstehe, könne man auch den Klimawandel verstehen. „Und wir haben nicht mehr viel Zeit, wir müssen jetzt anfangen umzudenken.“
Über Sport will das Ehepaar Kinder für den Ozean begeistern
Das Besondere an dem Programm des Ehepaars: Über den Sport von Herrmann wollen sie die Kinder begeistern – und so auch für das Thema Ozean und Klimawandel ein Interesse wecken. „Diese Reisen um die Welt faszinieren die Jungen und Mädchen – und dieses Interesse wollen wir nutzen.“ Dazu käme ein fundierter wissenschaftlicher Aspekt. „Wir wollen die Geheimnisse des Ozeans erklären, sie damit packen.“
Ganz wichtig ist den beiden, dass das Programm positiv besetzt ist. „Wir zeigen immer Lösungsansätze auf. Wir wollen Hoffnung vermitteln, nicht Angst machen.“ Lorenzen-Herrmann ist überzeugt: „Angst lähmt, Hoffnung motiviert zum Handeln.“ Die Kombination von Spaß an dem Sport und der Hoffnung sei für sie der Schlüssel zum Erfolg. Wichtig ist Lorenzen-Herrmann: „Wir positionieren uns nicht politisch.“ Aber durch Wissen entstehe Meinung und durch Meinung entstehe Aktion. Und das sei ihr Ziel.
Seit fünf Jahren gibt es das Bildungsprogramm My Ocean Challenge
Heute blickt Birte Lorenzen-Herrmann stolz auf die ersten fünf Jahre zurück. So viele Kinder haben sie und das Team mit ihrem Programm erreicht, in so viele begeisterte Gesichter geschaut. „Die Hamburger Behörde empfiehlt den Lehrern, unser Programm zu verwenden“, sagt sie. In Schleswig-Holstein würde es für Studierende und Referendare schon zur Ausbildung gehören. „Und in Monaco wird es in allen Grundschulen unterrichtet.
Das gesamte Team Malizia stehe hinter dem Programm und helfe, wo es könne, so Lorenzen-Herrmann. „Wir sind so international aufgestellt, das hat uns jetzt gerade beim Ocean Race sehr geholfen, wenn Vorträge in anderen Sprachen gehalten werden mussten.“ Es sei unheimlich befriedigend zu sehen, mit welcher Begeisterung alle dabei seien. „Und was wir bei den Kindern erreichen.“
Nun steht allerdings erst einmal ein Familienurlaub an
Doch auch sie brauche nach den aufreibenden Monaten rund um das Ocean Race ein wenig Pause. „Wir haben jetzt in Genua noch ein Kinderevent.“ Dann gehe es mit allen zum Abschluss nach Monaco. Dem kleinen Staat sind die Herrmanns eng verbunden, schließlich ist Pierre Casiraghi, Sohn von Caroline von Monaco Mitbegründer des Team Malizia. Und auch er ist beim Thema Bildung engagiert. „Pierre lässt mittlerweile nur noch Fragen von Kindern auf seinen Pressekonferenzen zu“, sagt Birte Lorenzen-Hermann. „Weil Kinder seiner Meinung nach die besten Fragen stellen.“
Danach stehe dann endlich ein Familienurlaub an, berichtet die Hamburgerin. „Den haben wir nach dem ganzen Hin und Her auch wirklich nötig.“ Sie sei mit der kleinen Malou an fast allen Zwischenstopps des Ocean Race gewesen. Um für das Bildungsprogramm zu arbeiten – und natürlich, um ihren Mann zu sehen. Zudem war Herrmann zwischendurch bei der Familie in Hamburg. „Aber die Monate waren für alle extrem intensiv, ich freue mich, wenn jetzt ein wenig Ruhe reinkommt.“
Ocean Race: In Ottensen lebt Familie Herrmann
Ruhe auch in ihrem Zuhause in Ottensen. Birte Herrmann-Lorenzen ist es extrem wichtig, dass sie alle immer wieder hierher zurückkehren. Ihrem Mann auch, berichtet sie. „Hier ist unsere Heimat. Und das möchten wir gerade unserer kleinen Tochter vermitteln. Ihr immer wieder zeigen, wo ihre Wurzeln sind.“ Hier leben die Freunde.
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Und hierher kehren alle immer wieder zurück, so oft es geht. „Ich freue mich schon jetzt auf die kommenden Monate, wenn zumindest für einige Zeit wieder ein wenig Alltag einkehrt.“ Natürlich nur bis zur nächsten großen Regatta ihres Mannes. Spätestens zur Vendée Globe 2024, die im kommenden November gestartet wird, herrscht dann sicherlich wieder Ausnahmezustand im Hause Herrmann. „Aber das ist ja zum Glück noch ein wenig hin.“