Hamburg. Jeden Freitag rollt der Bicibus durch Hamburg-Altona. Woher die besondere Idee stammt und wie Kinder kostenfrei mitmachen können.

Der Bicibus ist das womöglich einzige Unikum, das sich das katalanische Barcelona und das hamburgische Altona teilen.

Mit dem Zweiradmitnahmeservice für Schüler aus Ottensen stärkt der Verkehrsclub Nord e. V. (VCD) bereits seit einem knappen Jahr das Selbstbewusstsein sowie die Verkehrssicherheit von Kindern auf ihrem Schulweg und setzt ein deutliches Zeichen gegen Elterntaxis.

Hamburg-Altona: Origineller „Bus“ macht Schulweg für Kinder sicher

Der Bicibus ist eine Fahrradkarawane für Schulkinder und dreht jeden Freitag ab 7.30 Uhr eine Runde durch Ottensen. Die Rundfahrt beginnt an der Max-Brauer-Schule und führt entlang des Gymnasiums Altona, der Rudolf-Steiner-Schule, der Schule Rothestraße und der Schule Bahrenfelder Straße binnen einer halben Stunde zurück zum Startpunkt. „Einsteigen“ können kleine Fahrgäste – auch in Begleitung ihrer Eltern – überall auf der Route. Eine Fahrkarte müssen sie für die Reise im Bicibus selbstverständlich nicht lösen.

Immer mit dabei sind die beiden VCD-Mitglieder, Organisatoren und Gründer der Idee, Finn Peters und Jens Deye. Letzterer sorgt mit seiner auf einem Fahrradanhänger befestigten Musikbox für ausreichend morgendliche Motivation bei den Schulkindern. Als Vorbild für das Projekt diente dem VCD-Landesvorstand für Radverkehr Deye und seinem Kollegen Peters der Bicibus aus Barcelona, der prinzipiell genauso funktioniert wie der Ottenser Fahrradbus.

Auf dieser Route fährt der Bicibus freitags durch Hamburg-Ottensen und bringt Schüler sicher zur Schule.
Auf dieser Route fährt der Bicibus freitags durch Hamburg-Ottensen und bringt Schüler sicher zur Schule. © HA Grafik | F. HasseFrank Hasse

Weil der Bicibus als Versammlung angemeldet ist, fahren an vorderster Front sowie als Schlusslicht stets zwei Polizeibeamte mit. Sie sorgen zusätzlich für Sicherheit im Verkehr. Auf einen Mannschaftswagen beziehungsweise Motorradpolizisten, die der Bicibus in seinen Anfangstagen dabeihatte, verzichten Deye und Peters mittlerweile.

Die motorisierten Fahrzeuge hätten für mehr Unruhe als Sicherheit gesorgt. Zumal es die Idee hinter dem Bicibus natürlich unterstreicht, wenn selbst die Beamten umweltfreundlich unterwegs sind.

Ökologisches Gegenmodell zum beliebten Elterntaxi

Für Deye und Peters ist das Projekt nicht nur eine Möglichkeit, Schulwege sicherer zu gestalten. Der Bicibus ist außerdem das zweirädrige, ökologische Gegenmodell zum Elterntaxi. „Dem wollen wir uns klar entgegenstellen. Es kann nicht sein, dass so viele Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht werden, in einem so dicht besiedelten Raum“, meint Deye.

Deshalb verstehen die beiden Begründer den Bicibus immer auch als rollenden Demonstrationszug. Kein Zufall also, dass er sich gerade an Klima-Freitagen durch Ottensen schlängelt. Mit dem Bicibus will der VCD etwa seine Forderungen nach Tempo-30-Zonen, insbesondere in der Nähe von Schulen, sowie nach deutlich reduziertem Durchgangsverkehr in Bahrenfeld und Ottensen verdeutlichen. Kurzum: Es soll ein fahrradfreundliches Altona beworben werden.

Derzeit verhalte es sich schließlich so, dass viele Eltern eine berechtigte Angst hegen würden, ihre Kinder allein auf dem Fahrrad zur Schule zu schicken, sagt Deye. Doch wählen diese Eltern aus Sorge um das Wohl ihrer Kinder das Elterntaxi, würden sie zum Teil des Problems.

Hamburg-Altona: Schüler dürfen im sicheren Pulk fahren

„Wir wollen einen Straßenraum, in dem auch Kinder sicher und frei fahren können“, so Deye. Mit dem Bicibus machen sie das auf ganzer Strecke deutlich. Denn weil sich einige Dutzend Radler gemeinsam auf den Schulweg machen, gelten sie als „geschlossener Verband“ und dürfen laut Straßenverkehrsordnung raumgreifend im Pulk fahren.

Der Bicibus rollt am Freitagmorgen durch Ottensen. Dabei sind alle Kinder im Pulk unterwegs.
Der Bicibus rollt am Freitagmorgen durch Ottensen. Dabei sind alle Kinder im Pulk unterwegs. © Tim Kaiser | Tim Kaiser

Auch wenn das Licht der Ampel plötzlich von Grün zu Rot wechselt, muss sich die Gruppe nicht auseinanderreißen lassen. Denn „ein ,echter’ Bus kann sich ja auch nicht teilen“, so Peters. Das verschafft den Kindern zusätzliche Sicherheit, und keiner geht verloren.

Obwohl die beiden Organisatoren wie auch die Polizeibeamten bestmöglich darauf achten, dass alle Kinder sicher und vergnügt im Klassenraum ankommen, stellt Deye klar: „Ohne Frage liegt die Verantwortung weiterhin bei den Eltern. Abgesichert sind die Kinder nicht durch uns, sondern über die Schulwegversicherung“, also die gesetzliche Unfallversicherung, sagt er.

Hamburg-Altona: Morgendliche Radtour in die Schule

Weitere Vorteile der morgendlichen Radtour: Sie bringt den Kreislauf der Kinder in Schwung und gibt ihnen in puncto Orientierung und Eigenständigkeit einen Schub, so die Initiatoren. Selbstbestimmt Wege zurücklegen zu können sei häufig ein „unheimlicher Meilenstein für Kinder“, sagt Peters. Eltern, die ihre Kinder früher oder später allein mit dem Bicibus mitfahren lassen, verschaffen sich daher nicht nur selbst etwas Entlastung, sondern eröffnen den Kindern einen gänzlich neuen Horizont.

Die Mitfahrt im Bicibus ist für Kinder und Eltern unkompliziert: Eine Anmeldung ist dafür nicht erforderlich, ein Zustieg bürokratiefrei möglich. Wer sich dennoch gern mit den Organisatoren oder anderen mitfahrenden Eltern abstimmen möchte oder aber Musikwünsche für die nächste Tour hat, der gelangt über die Website des VCD Nord e. V. zu einer entsprechenden Signal-Gruppe, in der sich die Bicibus-Beteiligten vernetzen.