Hamburg. Eine große Ausstellung präsentiert bisher unbekannte Aufnahmen des Hamburger Stadtteils. Dabei gibt es Verblüffendes zu entdecken.
Um ein Haar hätte es den beliebten Wochenmarkt in Groß Flottbek in seiner heutigen Form nie gegeben. Vor rund 50 Jahren sollten die Marktfläche planiert und das Gelände am Quellengebiet des Flüsschens Röbbek bebaut werden. Fünf- bis sechsstöckige Wohnhäuser waren geplant – insgesamt 250 Wohnungen mit Garagen.
Die Pläne, aus denen dann zum Glück nichts wurde, lagen bereits öffentlich aus. Das ist nur eine von vielen Geschichten aus der Fotoausstellung „Groß Flottbek – vom Bauerndorf zum Villenvorort“, die jetzt in der Volkshochschule West zu sehen ist.
Ausstellung Hamburg: Seltene Fotos zeigen Groß Flottbeks letzte Geheimnisse
„Einfach die Stresemannstraße hoch, dann über die Autobahn, und dann ist man schon da.“ So beschreiben die Menschen aus Flottbek (angeblich) Ortsunkundigen den Weg zu sich.
In der Tat liegt kein Stadtteil mit gehobener Einzelhausbebauung so nah zur Hamburger Innenstadt – mit der S-Bahn sind es nur 16 Minuten Fahrt bis zum Jungfernstieg. Umso erstaunlicher ist, wie lange sich die Gegend zwischen Waitzstraße und Osdorfer Landstraße ihren ländlichen Charakter erhalten konnte.
Groß Flottbek: Geplant waren Häuser im „anständigen Villenstyl“
Nach 1880 hatte sich die Villenbebauung aus Othmarschen von der Bahnlinie an immer weiter nach Norden fortgesetzt, und um 1900 entstanden auch in Groß Flottbek viele sehr großbürgerliche Häuser. Die Auflagen für die Bauherren waren streng, was aber merkwürdigerweise nicht für die äußere Anmutung galt. Es sollten lediglich „Einfamilienhäuser in anständigem Villenstyl“ entstehen, so die lapidare Vorgabe.
Das Ergebnis waren jede Menge Erker, Türmchen, Säulen und Fachwerkgiebel. Vieles davon ist heute noch zu sehen – und über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Die Bebauung endete dann aber weitgehend im Norden des Stadtteils. Eine in der Ausstellung gezeigte Luftaufnahme von 1964 belegt die damals immer noch sehr lockere Bebauung.
Flottbeker Mühle an der Osdorfer Landstraße fiel Brandstiftern zum Opfer
Noch in den 1950er-Jahren gab es rund um die Flottbeker Kirche sogar landwirtschaftliche Nutzung. Bauernhäuser und Scheunen standen direkt an der heutigen Baron-Voght-Straße (nordöstliches Ende), die damals noch ganz schmal war.
Wegen der vielen Reetdachhäuser in der Gegend hatte das auch heute noch erhaltene Gebäude der freiwilligen Feuerwehr bis 1956 einen hohen Wachturm. Gebrannt hat es trotzdem viel – aber nur selten steckten Naturgewalten dahinter. Auch die Flottbeker Mühle an der Osdorfer Landstraße wurde Opfer des „Roten Hahns“ – Brandstifter fackelten sie 1995 ab.
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Ausstellung zeigt rund 100 Fotos von Groß Flottbek
Erstaunlich viel ist in dem heutigen In-Stadtteil jedoch noch erhalten geblieben. Nach wie vor ducken sich Katen neben schicken „Townhouses“, einst prunkvolle Villen mit abgeblättertem Charme behaupten sich gegen schmucklose Neubauklötze.
All das lässt sich durch die Fotoausstellung rekonstruieren. Und im Zweifelsfall helfen die Kirche und die uralten Eichen bei der Orientierung. So gut wie alle der rund 100 Fotos sind noch nie öffentlich ausgestellt worden.
Groß Flottbek: Historische Aufnahmen noch nie gezeigt
Anerkennenswert: Obwohl der Archivverein vor einiger Zeit eine umfangreiche Ausstellung über die ebenfalls in Groß Flottbek liegende Waitzstraße präsentiert hat, wurde für die aktuelle Schau kein historisches Foto der „Waitze“ recycelt. Das ist ein Beleg für die Mühe, mit der jede Ausstellung dort vorbereitet wird, aber auch für den reichhaltigen Fundus des Vereins.
Die Ausstellung in der frisch renovierten VHS West, Waitzstraße 31 (1. Stock), kann analog zu den Öffnungszeiten der VHS besucht werden. Sie läuft noch bis zum 30 Juni. Sonderführungen gibt es vor Ort: Am 20. April um 17 Uhr; 29. April um 10 Uhr; 10. Mai um 18 Uhr.