Blankenese. Mitten in einer schweren Krise übernahm Michael Koops 2021 die Leitung der Schule. Wie es ihm das gelang, das Klima zu ändern.

Im Sommer 2021 steckte das Gymnasium Blankenese in der wohl schwersten Krise seiner Geschichte. Nach diversen internen Querelen verließ der damalige Leiter die Schule, deren Ruf mittlerweile beträchtlichen Schaden genommen hatte.

Nachfolger Michael Koops gelang es, das traditionsreiche Gymnasium trotz verärgerter Eltern, eines zerstrittenen Schulvereins und eines in Teilen demotivierten Kollegiums wieder auf Kurs zu bekommen. Wie ist ihm das gelungen?

Gymnasium Blankenese: Die Tür zum Schulleiter ist jetzt für alle offen

Es stimmt. Die Tür zum Zimmer des Schulleiters steht buchstäblich offen – Besucher sind erwünscht und willkommen. Koops wirkt im Gespräch permanent gut gelaunt, vermittelt dabei aber zugleich ein Gefühl von hoher fachlicher Souveränität.

Zwar ist es eine eindrucksvolle Geste, dass jede und jeder jederzeit zu ihm kommen kann, aber sie hat bei Koops nichts Anbiederndes. Und dass er dann auch deutlich machen kann, wo die Grenzen von Toleranz und Geduld verlaufen, steht außer Frage.

Die Anfrage traf Michael Koops unvorbereitet

Michael Koops spricht offen, drückt sich aber – den ungewöhnlichen Umständen seiner Berufung entsprechend – auch diplomatisch aus. Die Anfrage, ob er die Schulleitung übernehmen könne, traf ihn vor anderthalb Jahren zwar unvorbereitet, aber Druck sei von Seiten der Behörde nicht aufgebaut worden.

Dass er von den Vorkommnissen in Blankenese zwar gehört, aber ansonsten vorher nichts mit dieser Schule zu tun gehabt hatte, erwies sich im Nachhinein als Vorteil. „Ich bin unbefangen an die Arbeit gegangen“, sagt Michael Koops, der zuvor unter anderem zehn Jahre lang das Gymnasium Lohbrügge geleitet hatte, „außerdem waren wir zunächst alle von einer Übergangslösung ausgegangen.“

Das Kollegium reagierte vorsichtig-abwartend auf den Neuen

Mit seinem Vorgänger gab es ein nur knapp einstündiges Übergabegespräch „in sachlicher Atmosphäre“, aus dem es „nichts Bemerkenswertes“ zu berichten gebe. Anders als man es erwarten könnte, traf er dann nicht auf ein verunsichertes Kollegium – eher auf ein vorsichtig-abwartendes.

Noch vor den Herbstferien beraumte der damalige Interims-Schulleiter dann eine Ganztagskonferenz zur Aufarbeitung ein, bei der es „durchaus Gesprächsbedarf“ gegeben habe. Danach wurde die Bitte, doch vor Ort zu bleiben, immer drängender an ihn herangetragen, und der dreifache Vater entschied sich nach Beratung mit seiner Familie schließlich zum Bleiben.

Michael Koops führte im Kollegium das Du ein

Nach der endgültigen Berufung führte er – Zeichen von Vertrauen und Vertrautheit – im Kollegium das Du ein. Zuvor hatte er sich in sämtlichen Klassenstufen ausführlich bekannt gemacht und nicht nur die Fragen der Schülerschaft beantwortet, sondern auch selbst vielgefragt.

Wer derart getragen wird und binnen relativ kurzer Zeit so viel Unterstützung erfährt, könnte es sich bequem machen und die Dinge einfach weiter laufen lassen. Doch Koops sagt nicht nur Sätze wie „überall wo Menschen sind, gibt es eben auch Herausforderungen“ – er lebt sie auch.

Michael Koops war längere Zeit im Silicon Valley

Schulleitungen müssen heute technikaffin sein – keine Frage. Michael Koops ist nicht nur das, sondern der Einsatz und Ausbau moderner Technik ist fester Bestandteil seines pädagogischen Konzepts. 2016 war er von Lohbrügge an die German International School of Silicon Valley (GISSV) in Kalifornien gewechselt, damals sprach er gegenüber dem Abendblatt vom „coolsten Job unter der Sonne“.

Der heute 57-Jährige war zuletzt Leiter des Jugend Innovationscenters (Youth Innovation Center) Hammerbrooklyn, also des Campus am Hamburger Stadtdeich – einem Kooperationsprojekt von Schul- und Wirtschaftsbehörde sowie der Hammerbrooklyn-Stiftung.

Die Schule ist technisch mittlerweile auf dem neuesten Stand

Wie das seinen Niederschlag im Gymnasium Blankenese findet, wird beim Rundgang durch die Schule deutlich. Stolz und sehr kenntnisreich erläutert der Schulleiter einen brandneuen Teleroboter, dann lotst er Besucher beispielsweise zum so genannten „Fab-Lab“ – einer „High-Tech-Bastelbude“, wie er sagt.

Hier können Schülerinnen und Schüler ihre Technikkenntnisse schöpferisch ausleben – unterstützt unter anderem von einer brandneuen CNC-Fräse. Zwei Stockwerke darüber wird gerade ein Raum eingerichtet, in dem künftig der schulinterne Podcast entsteht. Eine Elternratssitzung wurde kürzlich im Stil einer Talk Show für alle übertragen. Eine ungewöhnliche Premiere, die gut ankam. „Mit neuen Möglichkeiten kommt man auf neue Ideen“, hat ein Schüler ihm neulich spontan gesagt, und genau darum geht es Michael Koops.

Die Mensa wurde mit Elternhilfe neu gestrichen

Viel Weiteres ist mittlerweile angeschoben beziehungsweise vollendet worden. Im Dachgeschoss gibt es einen neuen Studierraum für Stillarbeitsphasen, der an einen kleinen Uni-Lesesaal erinnert, die Mensa strahlt in frischem Glanz – gestrichen mithilfe der Eltern. Dass die monatelang schwelende Krise die Schule teilweise gelähmt hatte und dass einiges liegengeblieben war, will Koops so nicht bestätigen – er spricht lieber allgemein von einem „Stau im System“.

Der Mann, der lange Vertrauenslehrer am Gymnasium Oldenfelde war, wird nicht müde, von der Wertschätzung für Schülerinnen und Schüler zu sprechen und das Potenzial „seiner“ Schule zu betonen. Er lobt das vielfältige Engagement des Elternrats, aber sind die Verhältnisse vor Ort in diesem Punkt nicht auch deutlich besser als an anderen Hamburger Standorten? Die Eltern im Hamburger Westen gelten als anspruchsvoll und eigensinnig – aber sorgen sie nicht auch dank monetärer Großzügigkeit für geradezu paradiesische Zustände?

„Naja, diese Schule bekommt auch nicht mehr Zuwendungen als andere“, sagt Koops, „und es ist ja auch nicht so, dass hier laufend jemand mit dem großen Portemonnaie herumgeht.“ Was das betrifft, sei sie im Kern letztlich auch nicht anders als andere Schulen in Hamburg.

Statt über Geld lieber über „Human Capital“ sprechen

Zwar habe der Schulverein in den vergangenen Monaten einiges für diverse Projekte beigesteuert, aber wichtiger ist Koops das „human capital“ – also zum Beispiel die zupackende Hilfe vieler Eltern. „Sich durch Arbeitsleistung einbringen ist doch auch ein Wert“, sagt Koops, „einer, über den viel zu wenig gesprochen wird.“

In einem Beitrag im Internet beantwortete er die Frage „Was morgen wirklich wichtig wird“, einmal so: „Die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, Risiken einzugehen, selbstständig und innovativ zu denken.“

Koops pendelt täglich zwischen Bad Oldesloe und dem Gymnasium Blankenese

Wer sich den Michael Koops der kommenden Jahren vorstellt, wird keinen ausgebrannten Pädagogen vor Augen haben. Ein großes System wie eine Schule bedeute viel Arbeit, biete aber auch viele Möglichkeiten, findet er. „Herausforderungen sind doch das, was wir alle brauchen“, ist auch so ein Koop-Satz, den man gerne auch mal häufiger von anderen hören würde.

Täglich pendelt er zwischen Blankenese und seinem Zuhause in Bad Oldesloe – unverdrossen. „Gibt es einen besseren Beweis dafür, dass mir mein Job Spaß macht?“, fragt der Schulleiter rhetorisch. „Es gibt ja nun Wichtigeres, als schnell von A nach B zu kommen.“ Und dann ganz kategorisch: „Also eines muss mal klar sein: Für seine Laune im Alltag ist man immer nur selbst verantwortlich, niemand sonst.“