Hamburg. Eltern beschweren sich mit 200 Unterschriften bei Senator Ties Rabe. Es geht ihnen um die Amtsführung von Joachim Hagner.
Es ist ein beispielloser Vorgang: Eltern des Gymnasiums Blankenese haben bei der Schulbehörde einen Brandbrief an Schulsenator Ties Rabe (SPD) abgegeben, in dem die Amtsführung von Schulleiter Joachim Hagner massiv kritisiert wird. Das mehrseitige Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, trägt die Unterschrift von 200 Eltern, deren Kinder die Schule besuchen. Insgesamt hat das Gymnasium Blankenese rund 1000 Schülerinnen und Schüler.
„Wir wenden uns an Sie, weil wir den erfolgreichen Fortbestand unserer traditionsreichen Schule in ernsthafter Gefahr sehen“, heißt es in dem Brief. Seit rund zwei Jahren verzeichne die Schule sinkende Anmeldezahlen, behaupten die Eltern anhand von Tabellen, aktuell gebe es nur Anmeldungen für drei Klassen, während es in anderen Jahren fünf gewesen seien.
Gymnasium Blankenese: Eltern schreiben Brandbrief an Rabe
In dem Schreiben wird Hagner als ein Mann mit autoritärem Führungsstil dargestellt, der Entscheidungen am liebsten im Alleingang treffe. Unter ihm werde die „ausgeprägte Beteiligungskultur“ mit Schüler- und Elternpartizipation immer stärker reduziert.
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Die Bereitschaft des Schulleiters, mit Kollegium, Schülerinnen und Schülern und Eltern die Schule gemeinsam zu entwickeln, sei nicht erkennbar. Zudem gebe es („was uns des Weiteren erschüttert und betroffen macht“) einen tiefen Riss zwischen Kollegium und Schulleiter. Im Stadtteil machen Gerüchte die Runde, wonach mehrere Lehrerinnen und Lehrer aus der Schule versetzt werden wollen. Allerdings sind die Motive für die Versetzungswünsche für Außenstehende nicht klar erkennbar.
Zudem wird ein Vorgang in dem Brief angesprochen, über den auch das Abendblatt berichtet hatte. Demnach hatte Schulleiter Hagner kurz nach seiner Bestätigung mit Geldern des Schulvereins Bücher, CDs und DVDs für eine neue Bibliothek beziehungsweise Mediathek aufgekauft – „mehr oder weniger im Alleingang“, so das Schreiben. Hagner war deshalb, wie berichtet, wegen des Verdachts der Untreue angezeigt worden.
Hamburger Schulleiter sieht sich als Opfer von Intrigen
Ob es tatsächlich zu einem Verfahren kommen wird, ist zurzeit offen. Das Schreiben endet mit einer indirekten Aufforderung, den Schulleiter zu ersetzen. Die „untragbare Situation“ am Gymnasium Blankenese sei der Schulaufsicht seit Monaten bekannt. „Wir fragen uns, ob die Behörde ihren eigenen Vorgaben § 91 Eignung des Schulleiters, Hamburger Schulgesetz, durch Nichthandeln gerecht wird.“
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Wie verfahren die Situation intern ist, zeigt sich auch an der Tatsache, dass die immer wieder verschobene nächste Sitzung des Schulvereins erst von einer Gruppe von Mitgliedern über einen Gerichtsbeschluss des Amtsgerichts durchgesetzt wurde. Bei der Sitzung, die nun in der kommenden Woche stattfinden soll, soll es auch um den seinerzeitigen Bücherkauf gehen.
Joachim Hagner selbst sieht sich als Opfer von Intrigen. Er habe viel Zuspruch von Kolleginnen und Kollegen, aber auch von Eltern, Schülerinnen und Schülern erfahren, sagt Hagner dem Abendblatt. Und: „Das hat meine Vermutung bestätigt, dass es eher bestimmte Gruppen sind, mit denen man über ihre Interessen und Schwierigkeiten ins Gespräch kommen muss.“ In der Tat hat Hagner auch Unterstützerinnen und Unterstützer an der Schule, die ihn verleumdet sehen. Diese Gruppe hat nun ebenfalls einen Brief an den Senator geschrieben, in dem sie ihre Sicht der Dinge darstellt – allerdings ohne eine vergleichbare Zahl an Unterschriften.
Schulaufsicht hat sich des Themas angenommen
„Es gibt eine sehr große Gruppe von Eltern, die Herrn Hagner schätzen und mit seiner Tätigkeit in der Schule sehr zufrieden sind“, heißt es dort. Und: „Wir müssen leider feststellen, dass mit der Neubesetzung des Elternvorstands Anfang des jetzigen Schuljahres die Stimme kritischer Eltern lauter geworden ist, als es ihrem Anteil an der Elternschaft entspricht. Wir möchten sie daher dringend bitten, unseren Schulleiter gegen diese unsinnigen Beschuldigungen der lauten Querulanten zu verteidigen.“
Wie ein Schreiben von Anfang April zeigt, das auch als Elternbrief versandt wurde, hat sich die Schulaufsicht mittlerweile des Themas angenommen. Der zuständige Beamte teilt darin mit, dass es bereits mehrere Gespräche mit dem Vorstand des Elternrats und einzelnen Eltern gegeben habe. Dabei sei deutlich geworden, „dass es sowohl Kritik, aber auch deutliche Zustimmung für Handlungen und Entscheidungen der Schulleitung und des Schulleiters gibt“.
Bezogen auf den Einbruch der Schülerzahlen heißt es in dem Schreiben unter anderem: „Ein negatives Auswahlverfahren ist zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls festzustellen.“ Um den „internen Dialog“ zwischen Schulleitung und Lehrkräften zu verbessern, wurde auch ein Mediator eingeschaltet.
Gymnasium Blankenese: Behörde will Konflikt lösen
Das Schreiben schließt mit einem optimistischen Ausblick, wonach es gelingen werde, in den unterschiedlichen Gesprächen „eine gemeinsame Zukunftsvision für die Schule“ zu entwickeln. Hagner selbst, der davon spricht, dass die Konflikte der vergangenen Wochen ihn und seine Familie stark belastet hätten, gibt sich zuversichtlich. Es sei gelungen, einen Gesprächsprozess zu beginnen, und er freue sich „auf einen konstruktiven Dialog“.
Die Schulbehörde bestätigt den Eingang beider Schreiben, lässt die Inhalte aber unkommentiert. Auf Abendblatt-Nachfrage heißt es lediglich: „Die Behörde engagiert sich sehr stark, um den innerschulischen Konflikt am Gymnasium Blankenese aufzuklären und die Streitparteien zu versöhnen. Dazu ist ein umfangreicher Gesprächsprozess gestartet. In diesen Prozess sind Elternrat und Elternvertreterinnen und Elternvertreter von Anfang an eingebunden. Der Prozess ist zurzeit auf gutem Wege, aber noch nicht beendet.“