Hamburg. Bei dem Prestigeprojekt kommt es erneut zu Verzögerung. Siegreiches Büro rügt Ausschreibung. So ist der aktuelle Stand.
Es ist eines der ambitioniertesten Projekte der Stadt: In Othmarschen planen Stadt und Asklepios den Neubau eines großen Klinikums. Das alte AK Altona, das heute über dem Westen aufragt, war ein nationales Medienereignis: Bei seinem Baustellenbesuch 1970 schwärmte Kanzler Willy Brandt vom „modernsten Hochleistungs-Krankenhaus Europas“.
Bürgermeister Peter Tschentscher überraschte dann 2018 in seiner ersten Regierungserklärung damit, dass an dessen Stelle ein Neubau entstehen soll, der „höchsten Ansprüchen an moderne Medizin gerecht wird“. Es soll nicht nur eine moderne Klinik mit bis zu 800 Betten für die Versorgung im Westen entstehen, sondern auch ein Gesundheits-Campus und Stadtteilzentrum. Schon 2019 konnte die Stadt die Gewinner eines Architekturwettbewerbs präsentieren.
AK Altona: Verzögerungen beim Prestigeobjekt
Doch seitdem ist Sand im Getriebe. Zunächst bremste die Pandemie den Klinikkonzern und die Gesundheitsbehörde aus – nun ist es ein Streit im Vergabeverfahren für den Neubau in Othmarschen, der vor Gericht ausgetragen wird.
Nach Informationen des Abendblatts hatte der Wettbewerbssieger Hascher Jehle sich an den Ausschreibungsunterlagen für die Beauftragung gestoßen. Asklepios als Bauherr reagierte auf diese Rüge, aber nicht zur Zufriedenheit des Beschwerdeführers, der daraufhin ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer angestrengt hat.
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Mit Erfolg: Am 27. Juli 2022 entschied die Vergabekammer – eine gerichtsähnliche Prüfstelle der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen –, dass das bisherige Verfahren fehlerhaft sei. Streitfall ist die Planung des Neubaus, nicht der Neubau selbst.
Bemängelt wird, dass der Bauherr sich in den Vergabeunterlagen die Möglichkeit vorbehält, nach Zuschlag entweder einen Generalunternehmer zu beauftragen oder doch die Gewerke einzeln. Die Kammer befand, die Vergabeunterlagen seien intransparent und böten keine Grundlage für eine ordnungsgemäße und realistische Kalkulation der Bieter. Zudem sei die Gewichtung der Kriterien nicht ausreichend transparent.
AK Altona: Siegreiches Büro rügt Ausschreibung
Im Klartext: Das Vergabeverfahren sollte zurück auf Start – also den Stand im Herbst 2021 vor Angebotsabfrage. Gegen diese Entscheidung der Vergabekammer reichte Asklepios als Auftraggeberin am 11. August sofortige Beschwerde vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht (OLG) ein. Der Termin zur mündlichen Verhandlung, der ursprünglich am 4. November stattfinden sollte, wurde nun auf den 2. Dezember verlegt.
Hascher Jehle wollten sich „mit Blick auf das laufende Verfahren“ nicht äußern. Stadt und Asklepios reagieren auf Anfragen zurückhaltend: „Wir möchten den Planungsauftrag für dieses zentrale Großprojekt so zeitnah wie möglich erteilen“, sagt Hermann Stockhorst, Projektleiter für den Neubau der Asklepios Klinik Altona.
„Dem stehen aktuell noch strittige verfahrensrechtliche Fragen entgegen. Für einen einwandfreien weiteren Prozess erscheint uns die gerichtliche Klärung der aus unserer Sicht in Frage zu stellenden Entscheidung der Vergabekammer unumgänglich.“
Welcher Entwurf bildet die Grundlage für den Neubau?
Für die Stadt und den Klinikkonzern bringen die juristischen Auseinandersetzungen eine mögliche weitere Verzögerung des Bauplans – denn das Projekt liegt derzeit schon um viele Monate hinter Plan. Ursprünglich sollte nach dem erfolgreichen Architekturwettbewerb im ersten Halbjahr 2020 ein Büro beauftragt werden und der Bau 2023 beginnen. Die Fertigstellung war für 2028 geplant. Inzwischen verschiebt sich die Eröffnung in die 2030er-Jahre.
Nach wie vor offen bleibt, welcher Entwurf dann die Grundlage für den Neubau bildet. Zwar hatte es mit dem erstplatzierten Büro aus Berlin einen klaren Sieger gegeben und dahinter nur zwei dritte Plätze. Der Architekturwettbewerb ist aber nur einer von fünf Kriterien für die Vergabe. Neben der architektonischen Qualität spielen auch Bauorganisation, Herangehensweise, Verfügbarkeit und das Honorarangebot eine Rolle.
Ja nach Entscheid des Gerichts könnte sich das Verfahren weiter verzögern – scheitert Asklepios mit der Klage, müsste die Angebotsabfrage neu starten. Dies dürfte Insidern zufolge ein halbes Jahr dauern. Anderenfalls könnte die Entscheidung schnell fallen. Stadt und Asklepios halten jedenfalls daran fest, im ersten Halbjahr ein Planungsbüro beauftragen zu können. Wer den Zuschlag bekommt, scheint so ungewiss wie selten zuvor.
Es dürfte um jede Million gerungen werden
Klar hingegen ist, dass die Corona-Krise den Blick auf die möglichen Kosten noch einmal geschärft hat. Es dürfte um jede Million gerungen werden. Denn 2019 hatte die Stadt schon ein Preisschild in Höhe von 425 Millionen Euro an das Prestigeobjekt geklebt.
„Die Grundlage für die Kostenkalkulation bildet nach wie vor die seinerzeit im Vorwege des Architektenwettbewerbs kalkulierte Kostengröße von 425 Mio. Euro – ohne Kosten für die Gründung, die Tiefgarage, die Erschließung sowie zeitlich bedingte Steigerungen durch den Baupreisindex“, betonte die Gesundheitsbehörde im Sommer. Kostentransparenz wird dabei zum Zauberwort sowohl für die Stadt wie für Asklepios.