Hamburg. Mittlerweile ist das Projekt rund zweieinhalb Jahre in Verzug. Baukosten dürften durch Inflation noch steigen. Einige Debatten erwartet.

Der Neubau des Krankenhauses in Altona steht bislang unter keinem guten Stern: Das Großprojekt, das Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) in seiner ersten Regierungserklärung im April 2018 überraschend öffentlich gemacht hatte, kommt kaum voran. Die Corona-Krise, Kostenexplosionen am Bau, der Neuzuschnitt der Gesundheitsbehörde, aber auch Reibereien zwischen den Beteiligten, der Stadt und Asklepios als Betreiber sowie Probleme bei der Vergabe bremsen das ambitionierte Projekt an der Autobahnabfahrt Othmarschen aus.

Dabei sah zunächst alles blendend aus. Kurz vor Weihnachten 2019 hatte das Preisgericht drei Architekturbüros ausgewählt – und mit einem ersten und zwei dritten Plätzen schon einen klaren Favoriten im Blick. Den Entwurf des Berliner Planungsbüros Hascher Jehle nannte Oberbaudirektor Franz-Josef Höing „fast einen Geniestreich“ und freute sich über das „fröhliche, offene, heitere Haus“. Auf eine zweigeschossige gläserne Erdgeschosszone als Sockel sollen drei Bettenhäuser in die Höhe wachsen. „Das ist total simpel und total durchdacht“, lobte Höing damals.

Klinik in Hamburg: AK Altona – Neubau verzögert sich

Nach der Entscheidung des Preisgerichts im Realisierungswettbewerb sollte eigentlich im ersten Halbjahr 2020 ein Architekturbüro beauftragt werden und der Bau 2023 beginnen. Dann kam die Pandemie – inzwischen beträgt die Verzögerung rund zweieinhalb Jahre. Auch die Vergabe verzögert sich.

Den derzeitigen Stand beschreibt Martin Helfrich, Sprecher der Gesundheitsbehörde, so: „Im Rahmen des Vergabeverfahrens werden die Planungsleistungen an eines dieser Büros vergeben. Das soll in der zweiten Jahreshälfte 2022 erfolgen.“ Im nächsten Schritt werde die Grundlagenermittlung und Vorplanung erfolgen. In diesem Zuge werde das beauftragte Architektenbüro eine Zeitplanung vorlegen. Klar scheint: Die einst für 2028 erhoffte Fertigstellung wird demnach aber kaum zu halten sein – sie dürfte sich Richtung Dreißigerjahre verschieben.

Detaillierte Kostenschätzung noch nicht möglich

Steigen damit die Kosten? „Die Grundlage für die Kostenkalkulation bildet nach wie vor die seinerzeit im Vorwege des Architektenwettbewerbs kalkulierte Kostengröße von 425 Mio. Euro – ohne Kosten für die Gründung, die Tiefgarage, die Erschließung sowie zeitlich bedingte Steigerungen durch den Baupreisindex“, sagt Helfrich. Er verweist darauf, dass erst auf Basis einer Entwurfsplanung in der dritten Leistungsphase eine detaillierte Kostenschätzung möglich ist.

„Die Stadt hat ein Interesse, dass der festgesetzte Kostenrahmen eingehalten wird“, sagt der Behördensprecher und verweist auf das in Hamburg übliche Prozedere der Krankenhausfinanzierung. „Es sieht eine Kostenaufteilung zu zwei Dritteln aus Mitteln der Freien und Hansestadt Hamburg und zu einem Drittel aus Eigenmitteln der Nutzerin, hier Asklepios, vor.“

Asklepios-Konzern verzeichnete große Verluste

So war es auch 2019 kommuniziert worden. Allerdings mit einem Hinweis vonseiten des Klinikkonzerns: „Uns geht es wirtschaftlich so gut, dass wir den Anteil mitfinanzieren können“, sagte Jochen Gemmel, Sprecher der Geschäftsführung der Asklepios Kliniken Hamburg damals. Doch während im Geschäftsjahr 2019 der Asklepios-Konzern ein Jahresergebnis von 172,3 Millionen Euro meldete, fiel 2020 pandemiebedingt ein Verlust von 65 Millionen Euro an. Im vergangenen Jahr lag das Ergebnis mit 106,3 Millionen Euro weiter deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Und manche fürchten, dass die Kosten am Ende auch eher Richtung 600 Millionen Euro laufen dürften.

Zurückhaltend äußert sich Asklepios-Sprecher Rune Hoffmann zur Finanzfrage. „Die tatsächlichen Baukosten sollen nach der Vergabe die beauftragen Architekten und Fachplaner im Rahmen einer Detailplanung ermitteln. Auf dieser Basis ist dann die Frage der konkreten Finanzierung zu erörtern“, sagt er. Zugleich betont er, die Planungen für den Klinikbau liefen unverändert und in enger Abstimmung mit der Stadt. „Das neue Klinikquartier ist für die künftige Gesundheitsversorgung Hamburgs von großer Bedeutung. Der feste Wille zur Umsetzung ist bei Asklepios uneingeschränkt vorhanden, auch die Haltung der Stadt hierzu ist aus unserer Wahrnehmung eindeutig.“

Verteilung der Kosten könnte zu Debatten führen

Und doch könnte die Kostenverteilung, so mutmaßen Insider, in den kommenden Monaten noch einige Debatten auslösen. Zum einen sind die Baukosten durch die Inflation vermutlich deutlich höher als 2019 geplant, zum anderen ächzen alle Klinikbetreiber nach der Corona-Krise über die schwierige finanzielle Lage. Zusätzliche Schwierigkeiten könnten sich durch Art und Größe des Vorhabens ergeben.

Denn in Othmarschen entsteht nicht nur ein ganz neues Krankenhaus, sondern ein Quartierszentrum, das der Krankenhauskonzern kaum finanzieren wird. An der Behringstraße wird ein öffentlicher Park entstehen: An den Teichen soll ein Café mit großer Terrasse Mitarbeiter und Gäste einladen, durch die Klinik führt ein zweigeschossiger Boulevard mit Läden, Dienstleistern wie Friseur, Kiosk und Gastronomie.

Klinik in Hamburg: Diskussionen unvermeidbar

Hier könnte das Projekt durchaus noch zurückgestutzt werden, etwa durch eine abgespeckte Tiefgarage. Möglich scheint auch, dass neuere Bestandsgebäude wie die Geburtsklinik auf dem Gelände vorerst weiterbetrieben werden. So viel scheint klar: Wenn das Vergabeverfahren beendet ist, dürften die Diskussion erst beginnen.