Hamburg. Weil Hund „Leo“ von Briard „Nanuk“ tödlich verletzt wurde, kam es bereits zum Prozess. Doch der Ärger geht weiter.
Thomas Fitschen sitzt in seinem Wohnzimmer und erzählt von „Leo“. Gutmütig sei der neun Jahre alte Berner Sennenhund gewesen, immer aktiv, immer vergnügt. Im Flur hängt ein großes Bild, auf dem „Leo“ durch die Luft springt. „Typisch“, sagt der Versicherungsmakler, „er war voller Energie und Lebensfreude.“ Doch „Leo“ lebt schon seit zwei Jahren nicht mehr.
Tödliche Hundeattacke: Briard weiter ohne Leine in Hamburg unterwegs
Nach einer Attacke durch einen anderen Hund war er so schwer verletzt, dass Fitschen ihn einschläfern lassen musste. „Nanuk“, der andere Hund, lebt. Fitschen sieht ihn beim Spazierengehen oft mit seinem Halter Bernd S., der im selben Stadtteil wohnt. Meistens versucht er, den beiden aus dem Weg zu gehen – mal klappt es, mal nicht.
Thomas Fitschen und seine Freundin haben inzwischen einen Hund aus dem Tierschutz, der sich gut bei den beiden eingelebt hat. Im Grunde könnte er jetzt nach vorne schauen, wären da nicht die ständigen Begegnungen mit Bernd S. und dessen Hund. Was Fitschen besonders verärgert: „Nanuk“ ist nur selten angeleint – und das, obwohl Bernd S. vom Gericht dazu verpflichtet wurde.
Tödliche Hundeattacke: „Leo“ musste eingeschläfert werden
Rückblick. Erst Anfang Juli wurde der Fall im Amtsgericht verhandelt. Laut Anklage hatte Bernd S. den nicht angeleinten „Nanuk“ im März 2020 am Beselerplatz herumlaufen lassen, woraufhin der Briard den angeleinten „Leo“ angefallen hatte. „Halten Sie Ihren Hund zurück“ habe er mehrmals „sehr laut“ gerufen, berichtet Thomas Fitschen, der auch Synchronsprecher ist, doch Bernd S. reagierte nicht. Der Briard verbiss sich in den Nacken von „Leo“, der sich ergeben hingelegt hatte, und schüttelte den unterlegenen Hund mehrmals, bevor Thomas Fitschen den Angreifer mit Fußtritten vertreiben konnte.
„Leo“ erlitt einen schweren Bandscheibenvorfall und Lähmungen. „Die Ärzte teilten mir dann mit, dass er zwar am Leben erhalten werden könne, aber gelähmt bleiben würde und nie wieder laufen könnte. Schließlich überzeugten sie mich, Leo einschläfern zu lassen.“ Immer noch fällt es Thomas Fitschen schwer, über damals zu sprechen. „Das war eine ganz schlimme Zeit“, erinnert er sich heute. „Ich konnte nächtelang nicht schlafen, es war für mich einfach nicht zu fassen, dass Leo nicht mehr da war. Immer wieder fragte ich mich, was gewesen wäre, wenn ich an dem furchtbaren Tag einen anderen Weg gewählt hätte und ähnliches mehr.“
Bernd S. wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Euro verurteilt.
Im Prozess behauptete Bernd S., dass er zunächst gedacht habe, die beiden Hunde seien „Spielkameraden“, die nur toben wollten. Dass die Lage eskalieren würde sei nicht ersichtlich gewesen. Doch zwei Zeugen bestätigten Fitschens Darstellung. Bernd S. wurde zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Euro verurteilt. Er sei verantwortlich dafür, dass sein Hund den anderen attackieren und so verletzen konnte, dass dieser eingeschläfert werden musste, sagte die Richterin Anfang Juli. Außerdem warf sie dem 70-Jährigen vor, vorsätzlich gehandelt zu haben. Schließlich sei er durch frühere Vorfälle gewarnt gewesen.
In der Tat wird in der Gegend kolportiert, dass Bernd S. seinen Hund nicht im Griff habe und dass „Nanuk“ schon mehrmals durch aggressives Verhalten gegenüber anderen Hunden aufgefallen sei. Es gebe Nachbarn, die sämtliche Zeiten zum Gassigehen mit ihren Hunden danach berechnen, ob Bernd S. gerade mit seinem Briard unterwegs ist, erzählt Fitschen. Eine Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bestätigt das.
In einem Zivilprozess geht es um Schadenersatz für „Leo“ und die Tierarztkosten
Einsichtig zeigte sich Bernd S. weder vor Gericht, noch danach auf der Straße. „Als er mir nach Leos Tod zufällig mal über den Weg lief, habe ich ihm mitgeteilt, was geschehen ist und dass er dafür verantwortlich sei“, erzählt Fitschen. Die einzige Reaktion seien wegwerfende Handbewegungen und laute Pöbeleien gewesen. Dabei sei er ursprünglich sogar für klärende Worte aufgeschlossen gewesen. „Unfälle können vorkommen, wenn Hunde aneinander geraten, das wissen alle Hundehalterinnen und -halter, doch dieser Mann interessiert sich nicht für das Schicksal von Leo. Das war damals so als das Unglück geschah und es ist bis heute so geblieben.“ Ein Schuldeingeständnis sei das Mindeste gewesen, was er erwartet hätte, so Fitschen.
Zwei Jahre ist die verhängnisvolle Hundebegegnung am Beselerplatz jetzt her, aber Gras wird auch künftig nicht über die Sache wachsen. Ein Zivilprozess ist noch anhängig, bei dem es um den Schadenersatz für Leo und um die Tierarztkosten geht. Doch vor allem empört es Thomas Fitschen, dass sich Bernd S. nicht an die ihm auferlegte Leinenpflicht für „Nanuk“ hält.
- Die Hundeflüsterin von Sylt: Unterwegs mit zehn Hunden
- Hund erkrankt – Polizei warnt vor Giftködern in Ellerbek
- Bad Segeberg schickt Hunde-Detektive zu 8000 Haushalten
- Kampfhund attackiert und verletzt Rentnerin auf Spielplatz
Tödliche Hundeattacke: „Von dem Briard geht eine Gefahr aus“
Auch Nachbarn bestätigen Fitschens Darstellung: Mal ist der Briard angeleint, dann wieder über weite Strecken nicht. Fitschen lobt zwar, dass das Ordnungsamt insgesamt „auf Zack sei“. Wahr ist aber auch, dass dessen Mitarbeiter Bernd S. logischerweise nicht auf Schritt und Tritt kontrollieren können – hier kommt der Staat dann doch an seine Grenzen.
Was indes reibungslos funktionierte, war die Verhängung einer Ordnungsstrafe – nicht gegen Bernd S., sondern gegen Thomas Fitschen. Der hatte den Kontrahenten und seinen nicht angeleinten Hund mehrmals fotografiert, wodurch Bernd S. sein Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Kurios: Kurz zuvor hatte das Amt die Beweisfotos sogar noch explizit von Thomas Fitschen erbeten.
Der spricht nun Klartext: „Von dem Briard geht eine Gefahr aus. Entweder muss er ständig an der Leine geführt werden oder einen Maulkorb tragen.“ So wie zuletzt könne es nicht weitergehen, sagt Fitschen, und dann: „Wenn Herr S. das nicht endlich einsieht, sollte er keinen Hund halten dürfen.“ Auf Nachfrage ließ Bernd S. mitteilen, dass er sich wegen des noch laufenden Zivilprozesses nicht zu dem Thema äußern wolle.