Hamburg. Bisher gehen die Ermittler davon aus, dass der einjährige Junge so stark geschüttelt wurde, dass er an den Folgen starb.
Nach dem gewaltsamen Tod des kleinen Jungen Tayler in Hamburg wächst die Kritik an den Behörden. Der Chef der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, sieht im Fall Tayler erhebliche Versäumnisse der Hamburger Behörden. „Wenn man davon ausgeht, dass das Kind schon einmal einen Schlüsselbeinbruch erlitten hat, darf man es nicht ohne eine genaue und sorgfältige Gefahrenprognose in die Familie zurückgeben“, sagte der Polizeidirektor im Ruhestand.
Das Gefahrenabwehrrecht erlaube es, ein Kind in behördlicher Obhut zu belassen, wenn der Haushalt oder die Familiensituation gefährlich für es ist, erklärte Becker. Zudem sei der Familienhelferin die Vorgeschichte möglicherweise nicht richtig übermittelt worden. „Das Kind wurde zur Experimentiermasse.“
Tayler starb am 19. Dezember im UKE
Das einjährige Kind war am 12. Dezember ins Krankenhaus gebracht worden und am 19. Dezember gestorben. Zuvor hatte der Junge im Sommer einen Schlüsselbeinbruch erlitten, der auch behandelt wurde. Ermittlungsbehörden wurden aber offenbar nicht davon verständigt. Einen Tag vor der neuerlichen Verletzung hatte die Familienbetreuerin blaue Flecken beim Kind registriert, diese aber auf die Lauflernphase des Jungen zurückgeführt.
Gegen die 22-jährige Mutter und deren 26 Jahre alten Freund, der nicht der Vater des Kindes ist, wird ermittelt. Beide sind aber auf freiem Fuß. Der 26-Jährige ist kurz nach dem Tod Taylers zu einer Urlaubsreise nach Spanien aufgebrochen.
Becker kann nicht verstehen, warum kein Haftbefehl gegen die Mutter und ihren Lebensgefährten erlassen wurde. „Es spricht viel für den Verdacht auf Kindesmisshandlung mit Todesfolge. Um bei einem einjährigen Kind ein Schütteltrauma auszulösen, bedarf es massivster Gewalt“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe.
Familienausschuss wird sich mit dem Fall beschäftigen
Der Pflegeelternrat Hamburg äußerte sich betroffen. Der kleine Tayler sei nach Misshandlungen in seinem Elternhaus gestorben. „Wir sind fassungslos und tief erschüttert, das nach fast genau zwei Jahren nach dem gewaltsamen Tod der kleinen Yagmur erneut wieder ein Kind zu Tode gekommen ist, das unter Betreuung des Jugendamtes stand.“ Es stelle sich die Frage, „ob das aktuelle Jugendhilfesystem aus Jugendamt und freien Trägern als solches überhaupt geeignet ist, das Wohl der betreuten Kinder in der täglichen Praxis angemessen in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen“.
Der Familienausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft will am 6. Januar über den Fall Tayler debattieren.
Die Hamburger Staatsanwaltschaft rechnet mit ersten Ergebnissen zur Todesursache Taylers an diesem Mittwoch. Dann werde zumindest wohl das Sektionsprotokoll vorliegen, sagte Oberstaatsanwalt Carsten Rinio. Bisher gehen die Ermittler davon aus, dass der einjährige Junge so stark geschüttelt wurde, dass er ein tödliches Schütteltrauma erlitt.