Aufschieben statt anpacken – kennen Sie das? Autorin Monique Bogdahn hat dazu einen Ratgeber geschrieben. Sie sagt: Man braucht einen guten Plan.

Mit dem Jahreswechsel kamen die guten Vorsätze. Einer davon: Nichts mehr aufschieben! „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“ Monique Bogdahn widmet ihren bei Gräfe und Unzer erschienenen Ratgeber genau diesem Thema. „Schluss mit dem Chaos“, fordert die 30-jährige Autorin aus dem Allgäu. Kluge Planung schenkt mehr Zeit für Schönes. Unsere Autorin hat mit der erfolgreichen Influencerin über die nötigen Strategien gesprochen.

Nichts mehr aufschieben! Das klingt nach einem gutem Plan zum Jahreswechsel.

Absolut! Diese Zeit des Jahres ist ja prädestiniert dafür, gute Vorsätze zu fassen, Veränderungen anzustupsen oder sich neue Ziele zu setzen. Damit wir diese Dinge wirklich in die Umsetzung bringen, ist es also super smart, am Thema Aufschieben anzusetzen und sich anzuschauen, wie man daran arbeiten kann, dieses zu überwinden und stattdessen zuverlässig ins Handeln zu kommen.

Wie sind Sie auf das Thema gekommen? Neigen Sie selbst dazu, Dinge aufzuschieben?

Ich war früher tatsächlich recht chaotisch und alles andere als gut organisiert. Aufschieben hat eine Rolle in meinem Alltag gespielt. Irgendwann habe ich beschlossen, mich diesem Thema zu widmen und mich zu bessern. Ich habe Bücher aus diesem Bereich gelesen, Methoden ausprobiert, und auch in meiner Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte und meinem Studium in Gesundheitswirtschaft musste ich hierin Lösungen für mich finden. Heute kann ich sagen, dass ich sehr gut organisiert bin und keine (wichtigen) Dinge mehr aufschiebe.

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Kurz und knapp. Was braucht man in Kürze gegen die Aufschieberitis?

Im ersten Schritt ist es in jedem Fall sinnvoll, hinter das eigene Verhalten zu blicken. Warum handle ich so, wie ich es tue? Und was sind meine individuellen Auslöser und Gründe? Das trägt dazu bei, dass man umsichtiger mit sich selbst umgeht und wirklich effektiv und nachhaltig daran arbeiten kann, das ständige Aufschieben hinter sich zu lassen. Im nächsten Schritt kann man an den individuellen Auslösern ansetzen und kleine, stetige Verbesserungen zu erzielen.

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Ihrem Instagram-Kanal folgen 117.000 Menschen. Das Thema scheint viele zu beschäftigen.

Aufschieberitis ist in der Tat häufig und kommt in allen Altersgruppen und verschiedensten Lebensbereichen vor. Ich würde fast behaupten, dass jeder von uns schon damit zu tun hatte. Die einen mehr, die anderen weniger. Als ich 2020 beschloss, meine Erfahrungen und Tipps unter @aufschieben.war.gestern bei Insta zu teilen, war ich dennoch erstaunt, wie relevant das Thema zu sein scheint. Aber jeder kennt es: Wenn sich aufgeschobene Aufgaben türmen, steigt das Stresslevel.

Und irgendwann fühlt man sich wie blockiert, findet keinen Anfang mehr. Sie verwenden im Ratgeber das Bild einer überlaufenden Wanne. Dreht man das Wasser ab, oder wischt man auf?

Richtig! Das scheint mir ein geeigneter Vergleich. Ich zeige den Lesern, wie sie das Problem des Aufschiebens an der Wurzel packen, wie sie den Teufelskreis durchbrechen. Es bringt einfach nichts, wenn man ständig nur gegen die Auswirkungen des Aufschiebens angeht, aber nicht den Wasserhahn findet, der das Wasser stoppt. Um diesen Hahn zu finden und abzudrehen, biete ich eine Art Fahrplan, der hilft, endlich ins Machen zu kommen und der die Leichtigkeit zurück ins Leben bringt.

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Am Anfang verkünden Sie die gute Botschaft: Die Gene sind nicht schuld.

Ja, das ist richtig und genau genommen eine gute Nachricht, denn damit kann jeder selbst etwas gegen die Aufschieberitis unternehmen. Dabei lohnt es sich, sowohl äußere Faktoren wie Ablenkungen, Zeitmanagement oder Planung als auch innere wie Gedanken und Gefühle zu betrachten. Besonders innere Faktoren spielen eine große Rolle bei der Überwindung von Aufschieben. Denn bevorstehende Aufgaben wecken Emotionen in uns. Gute oder schlechte. So freuen wir uns entweder auf eine Aufgabe oder reagieren bereits vorab mit Ablehnung, Angst oder Stress. Im letzteren Fall versuchen wir, durch das Vertagen unangenehmen Emotionen zu entkommen.

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Sie unterscheiden sporadisches Aufschieben von Prokrastination. Warum?

Obwohl die Prokrastination als Synonym für Aufschieben verwendet wird, unterscheidet sie sich davon. Prokrastination nennt man nur wirklich extremes Aufschieben, das auf Dauer im Alltag zu negativen Konsequenzen führt, privat oder auch im Job. In diesen schweren Fällen kann das Aufschieben auch Symptom einer psychischen Erkrankung oder Störung darstellen. Dann rate ich von Herzen, individuelle ärztliche oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Wer anderes erledigt oder nichts tut, fühlt sich unwohl. Das schlechte Gewissen erwacht.

Ja, man kann in diesen Fällen trotz des Nichtstuns oder einer Ablenkung mit anderen Dingen nicht wirklich entspannen oder abschalten. Manche Menschen legen sich übrigens auch nicht einfach aufs Sofa, sondern stürzen sich in unwichtigere Tätigkeiten. Sie sortieren den Kleiderschrank komplett neu, putzen die Fenster oder dekorieren die Wohnung, anstatt sich an das wichtige Projekt zu setzen.

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Und wie funktioniert das im Detail? Was passiert im Gehirn?

Im Gehirn gibt es zwei Anteile, die dabei eine Rolle spielen: das limbische System und der präfrontale Cortex. Während das limbische System im Hier und Jetzt lebt und für die Verarbeitung von Gefühlen und Sinneseindrücken verantwortlich ist, steht der präfrontale Cortex für Vernunft, Logik und langfristigere Planung. Das limbische System wird stark von der leckeren Schokotorte, der verlockenden Netflix-Serie oder Aufgaben, die schnelle Erfolge versprechen, getriggert. Hier muss sich dann der präfrontale Cortex einschalten und uns darin erinnern, dass wir doch eigentlich abnehmen wollen, die Steuererklärung machen oder uns unserem wichtigen Projekt widmen möchten.

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Was wäre der erste Schritt, um dem Teufelskreis des Aufschiebens zu entkommen?

Von heute auf morgen lässt sich ein über Jahre praktiziertes Verhalten nicht ändern. Kleine Schritte führen zum Erfolg. Viele Menschen müssen erst wieder lernen, dass sie aus eigener Kraft die Herausforderungen meistern können. Hier hilft es, sich an Situationen zu erinnern, die man erfolgreich bewältigt hat, obwohl man vorher Angst oder Abneigung verspürte. Beispiele sind die mündliche Abiturprüfung oder die pünktliche Abgabe der Steuererklärung, zu der man sich zunächst vielleicht gar nicht aufraffen konnte. Im Buch empfehle ich, sich solche positiven Situationen zu notieren und immer wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Und was bewirken solche Erfolge aus der Vergangenheit?

Haben wir eine ungeliebte Aufgabe gemeistert, wächst das Zutrauen in uns selbst. Wir müssen unser Gehirn davon überzeugen, dass wir Dinge durchaus umsetzen können. Je öfter sich dieser Gedanke in uns einpflanzt, umso mehr wächst das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Nach dem Motto: „Jeden Tag eine Kleinigkeit tun, ist besser als gar nichts!“

In einer 7-Tage-Challenge wollen sie Erfolgserlebnisse vermitteln. Dabei geht es viel ums Aufräumen. Warum?

Ob Schubladen aufräumen, Unterlagen abheften oder Handyfotos löschen – ich habe die Erfahrung gemacht, dass kurze Aufgaben, die Aufräumen umfassen, dennoch ein starkes Gefühl der Befreiung hervorrufen. Des Weiteren sind sie nicht allzu anspruchsvoll. Deswegen wähle ich solche Tätigkeiten gern für den Start. Man hat einfach schnell ein unmittelbares Ergebnis und sichtbaren Erfolg.

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Überblick verschaffen, Prioritäten setzen, Entschluss fassen – diese drei Schritte sollen zu mehr Klarheit im Kopf führen. Wie ist das zu verstehen?

Zunächst ist es wichtig, sich einen Überblick über alle Angelegenheiten, die im Alltag momentan anstehen, zu verschaffen. Das reduziert das Gefühl der Überforderung. Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, Aufgaben und Projekte zu priorisieren, um herauszufinden, wo man am sinnvollsten beginnt. Um aber wirklich eine Sache umzusetzen, muss ein klarer Entschluss getroffen und der Fokus darauf ausgerichtet werden. Also von „irgendwann werde ich XY“ zu „ich werde jetzt XY“. Hieran knüpft die genaue Planung an.

Wie starr sind diese Pläne? Was passiert bei Unvorhergesehenem? Ein spontaner Besuch, eine Einladung. Bleibt da noch Freiraum?

Auf jeden Fall. Eine gute Planung ist so flexibel wie möglich und so starr wie nötig. Das heißt, dass man immer Platz für Unvorhergesehenes lassen sollte. Das kenne ich als Mutter einer fünfjährigen Tochter, die in den Kindergarten geht, nur zu gut. Eine Zeitmanagement-Regel besagt sogar, dass man nur knapp 50 bis 70 Prozent Zeit verplanen sollte, um sich Spielraum zu bewahren.

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