Mülheim/Ruhr. Sie ist studierte Archäologin – und schreibt am liebsten spannende Romane. Rebekka Pax aus Mülheim/Ruhr sagt: „Ich grabe gern Geschichten aus.“
Sie hat Drehbücher geschrieben und Kurzgeschichten, Vampirromane und Krimis, ihre historischen Romanen spielten in England und auf St. Pauli – dann endlich fand Rebekka Pax (45), geboren und wohnhaft in Mülheim an der Ruhr, einen Stoff, der zu ihrer Heimat passte. Ihre beiden jüngsten Romane „Sehnsucht nach Glück“ und „Aufbruch ins Morgen“, beide erschienen unter dem Autorenpseudonym Rebecca Maly, spielen im Ruhrgebiet der Nachkriegszeit. Ihre Ausbildung kommt der studierten Archäologin beim Schreiben zu Hilfe. Sie sagt: „Ich grabe gern Geschichten aus.“
Frau Pax, die Literatur über die Nachkriegszeit im Ruhrgebiet ist üppig, was hat Sie veranlasst, in diese Epoche der Region einzutauchen und zwei Romane darüber zu schreiben?
Rebekka Pax: Da gibt es zwei Aspekte. Zum einen war ich als Archäologin an Ausgrabungen eines ehemaligen Kriegsgefangenenlagers bei Rheinberg beteiligt. Dadurch befasste ich mich zwangsläufig mit der Geschichte des Lagers, mit der Situation unmittelbar nach Kriegsende. Da gingen ja nach der deutschen Kapitulation praktisch von einem Tag auf den anderen hunderttausende deutsche Soldaten in Gefangenschaft. Lager wurden aus dem Boden gestampft. Eine für uns heute kaum vorstellbare Situation. Das regte meine Fantasie an.
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Und der zweite Aspekt?
Die Geschichtsschreibung über die Nachkriegszeit ist fast komplett männerdominiert. Soldaten und Politiker, Helden und Verbrecher. Alles Männer. Frauen kommen da fast nur als Trümmerfrauen oder als Opfer vor. Die Rolle der Frauen ist völlig unterrepräsentiert. Dem wollte ich etwas entgegensetzen.
Mit den beiden Hauptfiguren der Romane, den ungleichen Schwestern Annie und Charlotte.
Genau. Die beiden stehen direkt nach Kriegsende vor der schweren Aufgabe, ihr zerbombtes Zuhause in einer Bergbausiedlung wieder aufzubauen. Sie hatten sich während der Nazi-Herrschaft entzweit und müssen nun – unter dem Druck der Umstände – miteinander handeln und sich beispielsweise gegen Vorurteile und alte Nazi-Seilschaften behaupten.
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Die Romane spielen hauptsächlich in Ihrer Heimatstadt Mülheim an der Ruhr.
Es lag natürlich nahe, die Geschichte dort anzusiedeln, wo ich mich auskenne. Trotzdem war eine ausführliche Recherche über Daten und Fakten der Nachkriegszeit unverzichtbare Grundlage für meine Romane. Ich habe in Bibliotheken und Archiven geforscht und jede Menge Fotos aus jener Zeit gesichtet. Aber es sind ja keine Fachbücher, sondern Romane, mit denen ich die Leserinnen und Leser unterhalten will. Deshalb suche ich auch immer nach Briefen aus der Epoche, in der meine Stoffe angesiedelt sind. Dort herrscht ein besonderer Ton, eine ganz eigene Gefühlslage der Briefschreiber. Das vermittelt mir ein gutes Gefühl für die Menschen jener Zeit. Ich grabe gern Geschichten aus.
Als Sie mit dem Schreiben anfingen, lief es ja zunächst nicht so gut…
Das kann man so sagen. Schon während meines Archäologiestudiums merkte ich, dass ich diese Arbeit nicht ausschließlich machen wollte. Es ging mir nicht nur um Geschichte, sondern um die Geschichten der Menschen dahinter. Und die wollte ich erzählen. Ich hab mich dann zuerst an Kurzgeschichten versucht. Später sah ich meine Berufung als Drehbuch-Autorin und bin gleich nach Los Angeles gedüst (lacht). Ich ergatterte einen Praktikumsplatz als Lektorin bei einer Filmproduktionsfirma und las und bewertete hunderte von Autoren eingereichte Manuskripte.
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Haben Sie selbst auch Drehbücher geschrieben?
Na klar. Aber nach dem sechsten Drehbuch hab ich aufgehört. Aus keinem wurde übrigens ein Film.
Mit den großen Erzählungen lief es anschließend besser.
Allerdings. Gleich für meinen ersten Roman mit dem Titel „Septemberblut“ fand ich einen Verlag. Es war ein Urban Fantasy Thriller mit Vampiren aus Los Angeles.
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Ihre historischen Romane, auf die Sie sich dann verlegten, spielen an ganz unterschiedlichen Orten. „Die Waterperry Girls“ etwa spielt im ländlichen England der 30er-Jahre, „Die Krankenschwester von St. Pauli“ in Hamburg während der verheerenden Cholera-Epidemie 1892. Nun Mülheim und die Wiederaufbau-Jahre. Welche Rolle spielen Ort und Zeit der Handlung für Sie?
Ich mag es, den historischen Rahmen, die Zeit und die Ereignisse zu recherchieren und nachzufühlen. Ob das England oder Hamburg ist, spielt für mich nicht die entscheidende Rolle. Wichtig ist, dass es eine spannende Geschichte zu erzählen gibt.
Und wie sieht es aus mit der Geschichte um die beiden Mülheimer Schwestern Annie und Charlotte? Wird es noch eine dritte Folge geben?
Wohl eher nicht. Derzeit arbeite ich an einem historischen Roman, der während des Ersten Weltkriegs spielt. Mülheim und das Ruhrgebiet stehen dabei nicht im Zentrum. Es war wohl wieder Zeit für einen Ortswechsel.
Rebecca Maly: „Sehnsucht nach Glück“ und „Aufbruch ins Morgen“, Piper Verlag, jeweils ca. 400 Seiten für 14 Euro.
Dies ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung. Die Digitale Sonntagszeitung ist für alle Zeitungsabonnenten kostenfrei. Hier können Sie sich freischalten lassen.Sie sind noch kein Abonnent? Hier geht es zu unseren Angeboten.