Essen. Klassen- und Lehrerzimmer laufen in diesem November leer: Erkältung, Corona, Darminfekte lähmen in NRW den Schulbetrieb. Wird es noch schlimmer?
Die Krankheitswelle rollt durch die Klassenzimmer in Nordrhein-Westfalen. Erkältung, Corona, Magen-Darm: Viele Schulen an Rhein und Ruhr stehen derzeit auf wackeligen Beinen. „Wir sind in der Jahreszeit angekommen, in der alles schnupft und Corona wieder verstärkt da ist“, sagt Birgit Völxen von der Landeselternschaft der Grundschulen in NRW. Durch den ohnehin schon großen Lehrkräftemangel belaste die Infektionswelle die Schulen ganz besonders.
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„Klassen werden zusammengelegt, Elternabende fallen aus, Arbeiten werden verschoben“, sagt Völxen. Zudem würden Inklusionshelfer und Sonderpädagogen immer häufiger als Vertretungskräfte in den Klassen eingesetzt – ihren eigentlichen Aufgaben könnten sie deshalb oft nicht nachgehen. Aber auch von Eltern habe sie schon gehört, so Völxen, dass diese kurzfristig als Unterrichtsaufsicht eingespannt wurden. „Die Lage könnte sich in den kommenden Wochen noch weiter zuspitzen.“
Krankheitswelle an Schulen: 15 Lehrkräfte gleichzeitig ausgefallen
Eine Schule in Oberhausen etwa meldete zum Elternsprechtag „krankheitsbedingt“ gleich 15 Lehrkräfte ab. Ein Gymnasium schrieb an die Eltern: „Beim derzeitigen Krankenstand in der Schülerschaft, im Kollegium und im Ganztag kommt es zu erheblichen Ausfällen.“ Man versuche durch Vertretungen, Verschieben von Klassenarbeiten und Abordnung von Lehrkräften „so gut wie möglich die Situation zu meistern“.
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Lehrkräfte klagen, dass sie immer mehr Vertretungsstunden leisten, teilweise sogar zwei Klassen gleichzeitig betreuen müssten. Zehnte Klassen einer Essener Schule wurden zeitweise zur ersten Stunde nur noch begrüßt und gleich in die Stillarbeit entlassen.
In Oberhausen verbrachten Schüler der Jahrgangsstufe 9 einzelne Stunden in der Mensa, weil ihre Betreuung in der Klasse „nicht mehr gewährleistet“ war. Und eine Grundschullehrerin aus Dortmund hat schon erlebt, dass sie zwei oder drei Klassen zugleich beaufsichtigen musste – von einem Tisch auf dem Flur aus. Wichtig sei nur, die Aufsicht zu gewährleisten und den Unterricht nicht ganz ausfallen zu lassen.
Krankheitswelle in NRW: Grundschule in Recklinghausen in Notbetreuung
Eine Grundschule in Recklinghausen hatte in der vergangenen Woche allerdings keine Wahl mehr: Weil sieben Lehrerinnen ausfielen, ging die Schule für mehrere Tage in einen Notbetrieb. Eine Mehrheit der 300 Schülerinnen und Schüler blieb zuhause, in der Schule gab es nur noch eine Notbetreuung.
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Gerade im November kommt zum hohen Krankenstand auch ein straffes Schulprogramm: Viele laden in diesem Monat zum Tag der Offenen Tür und Elternsprechtagen, auch fallen viele Klassenarbeiten und Klausuren in die Zeit zwischen Herbst- und Weihnachtsferien.
Krankheitswelle NRW: Eltern schicken ihre Kinder teils krank zur Schule
Damit Kinder und Jugendliche ihre Prüfungen nicht verpassen, schicken einige Eltern sie auch krank in den Unterricht – wo sie wiederum andere Mitschüler anstecken. Das beobachtet auch die Mutter eines Grundschulkindes. „Viele Kinder werden mit Ibu-Saft intus in die Schule geschickt“, kritisiert die Düsseldorferin.
In den vergangenen drei Wochen konnte sie ihre kleine Tochter gerade einmal sechs Tage in die Grundschule bringen. Erst kam die Mandelentzündung, dann Corona. „Es ist herausfordernd, den verpassten Unterrichtsstoff mit ihr zu Hause nachzuholen“, sagt sie.
Viele kranke Kinder sind auch eine Herausforderung für den Schulalltag. In einer Essener Schulklasse fehlten in der vergangenen Woche elf von 27 Kindern – ein Problem auch wegen des Lehrplans. „Ich habe viel wiederholt“, klagt eine Lehrerin. „Ich kann ja wenig Neues durchnehmen und schon gar nicht später abfragen, wenn so viele den Stoff nicht mitbekommen.“
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