Dortmund. Till Schiffer hat das Sneaker-Rabatt-Portal „Prinz Sportlich“ gegründet. Was hat seine alleinerziehende Mutter mit dem Erfolg zu tun?

Vom Studenten zum Start-up-Gründer zum Umsatz-Millionär: Als Rabatt-Jäger für Sneaker und Streetwear startete Till Schiffer mit seiner Firma Prinz Sportlich richtig durch. Heute arbeiten 25 Mitarbeiter für ihn in Dortmund. Obwohl er sein Geld hauptsächlich mit Sneakern wie z.B. dem Nike Air Force 1 verdient, stapeln sich keine Schuhkartons in seinen Geschäftsräumen in Dortmund. Sein Geschäftsmodell basiert darauf, die besten Angebote und Rabatte zu vermitteln – dafür kassiert er Provision. Wir wollten vom 33-Jährigen wissen, warum für ihn die Familie so hohen Stellenwert hat – und wie sie ihn zu einem besseren Unternehmer macht.

Sie sind zwar ein moderner Start-up Unternehmer, aber man liest immer wieder, wie wichtig es Ihnen war, dass die Familie mit einbezogen wird. Warum hat das diesen Stellenwert?

Till Schiffer: Ich hatte nie den monetären Fokus, sondern bei Unternehmensgründung bereits das Ziel, später meine Mutter und meinen Bruder bei mir einzustellen. Das konnte ich auch verwirklichen. Seit vier Jahren ist mein Bruder ein wichtiger Bestandteil des Teams. Zuvor hat er seine Ausbildung in einem ganz anderen Bereich abgeschlossen und ist dann direkt bei mir eingestiegen. Meine Mutter ist jetzt seit drei Jahren Teil von Prinz Sportlich. Ich bin damals direkt auf sie zugegangen und sagte: „Möchtest du wieder anfangen zu arbeiten? Ich hätte noch was für dich!“ Sie ist die gute Fee von Prinz Sportlich, sorgt jeden Vormittag dafür, dass die Mitarbeiter alles haben, was sie benötigen, um sich rundum wohlfühlen. Den Wunsch, meine eigene Firma mit meiner Familie und ein paar guten Freunden zu verbinden, konnte ich mir erfüllen und war die richtige Entscheidung.

Mutter und Bruder als Angestellte: Was auf der Arbeit passiert, hat nichts mit der familiären Situation zu tun

Ist es nicht ein komisches Gefühl, wenn man die Mutter oder den Bruder als Angestellte hat und ihnen auch mal Anweisungen geben muss?

Andere finden das vielleicht komisch, für uns ist das überhaupt kein Thema und funktioniert sehr gut. Selbstverständlich mussten wir vorab einige Sachen klären. Ein Grundsatz: Alles, was auf der Arbeit passiert, hat nichts mit der familiären Situation zu tun. Wenn ich mit einer Situation bei der Arbeit nicht zufrieden bin und das meinem Bruder kommuniziere, heißt das nicht, dass wir danach nicht bei meiner Mama am Tisch sitzen und normal miteinander umgehen können. Das darf man – im besten Fall – einfach nicht vermischen. Mein Bruder hat eine Führungsrolle im Unternehmen und ist quasi meine rechte Hand. Dennoch ist es wichtig, den anderen Mitarbeitern zu signalisieren, dass er keinen Freifahrtschein hat. Ich glaube, das Wichtige ist, dass man eine gute Mischung findet und alle Personen wissen, wie es im Unternehmen und miteinander abläuft. Wenn etwas kritisch ist, heißt das nicht, dass wir uns nicht mehr mögen. Wir müssen trotzdem offen und ehrlich miteinander kommunizieren.

Auf den Höhenflug mit der Firma folgten schwierige Zeiten

Ihre Mutter hat zwei Söhne allein erzogen, das Geld war nicht immer üppig vorhanden. War das auch eine Motivation, etwas zurückzugeben?

Ja, zu 100 Prozent war das eine große Motivation für mich. Seit ich denken kann, habe ich tausende Nebenjobs gemacht. Ich habe bei Subway Brötchen belegt, im Supermarkt morgens die Regale aufgefüllt, Zeitungen verteilt, gekellnert, in der Küche gearbeitet, Nachtschichten an der Tankstelle gemacht. Alles, was ich haben wollte, musste ich damals zu großen Teilen selbst bezahlen. Meine Mutter war nun mal alleinerziehend mit zwei Söhnen. Es waren keine wahnsinnig privilegierten Verhältnisse, in denen man aufgewachsen ist. Man muss sich natürlich immer vor Augen halten, dass es noch Tausende von Menschen gibt, die unter anderen Umständen aufgewachsen sind und denen es schlechter geht. Unsere Mama hat uns super groß gezogen, dennoch war es für mich immer ein Antrieb zu sagen: Wenn ich irgendwann eine Firma habe, möchte ich etwas zurückgeben können. Meine Mutter hat beispielsweise letztes Jahr ihre Wohnung komplett renoviert und ich habe einen Großteil der Kosten übernommen. Es ist natürlich cool zu sehen, dass man sich das erlauben kann und das aus eigenen Mitteln geschafft hat. Soetwas tun zu können, war und ist mein Antrieb.

Sehr angesagtes Sneaker-Modell: Nike Air Force 1, für das Prinz Sportlich die Deals findet.
Sehr angesagtes Sneaker-Modell: Nike Air Force 1, für das Prinz Sportlich die Deals findet. © https://www.prinz-sportlich.de/ | Nike

Bei all dem Einsatz für Ihr Unternehmen: Sind Sie da auch mal an Ihre eigenen Grenzen gestoßen?

Allerdings! Im Jahr 2018 hatte ich eine Phase, die relativ kritisch war. Ich hatte zwei Todesfälle in der Familie, mir zum dritten Mal das Kreuzband gerissen, mehrere Operationen und war in der Selbstständigkeit für ein paar Monate auf Krücken angewiesen. Wir waren mitten im Firmenwachstum, es wurden immer mehr Mitarbeiter. Es war eine Herausforderung, alles unter einen Hut zu bekommen. Es gab Momente, da saß ich alleine zu Hause und dachte: „Puh, das ist jetzt echt viel.“ Wenn dann familiäre Dinge dazukommen, die man verarbeiten muss, und du trotzdem jeden Tag als Chef am Start sein und funktionieren musst, ist das eine Menge und man fühlt sich überfordert. Ich habe es geschafft, indem ich mir klar gemacht habe: Selbstmitleid bringt dich nicht weiter. Ich musste mir bewusst werden: Okay, du befindest dich in einer Situation, die nicht viele Menschen erleben. Du hast dir mit deiner eigenen Idee etwas aufgebaut. Und ja, vielleicht läuft es gerade privat und in der Familie nicht so toll. Aber du hast immer noch die Chance, deine Zukunft selbst zu gestalten. Diese Erkenntnis hat mir geholfen, durch diese Zeit zu kommen, mich auf das Positive zu konzentrieren und mit allem, was auf mich einstürzte, zurechtzukommen.

Sneaker-Deals in Nachtarbeit gesucht

Denken Sie manchmal daran, auch eine eigene Familie zu gründen – auch, um etwas weiterzugeben?

Das Thema ist sogar sehr aktuell, ich habe meiner Freundin im Sommerurlaub einen Heiratsantrag gemacht. Nächstes Jahr werden wir heiraten. Und klar, da gehört dazu, über eine eigene Familie nachzudenken. Das Gute ist: Ich habe eine Verlobte an meiner Seite, die mich kennt, seit die Idee zu Prinz Sportlich ein halbes Jahr jung war. Sie kennt mich aus der Zeit, als ich bis in die Nacht Deals gesucht und geschrieben habe. Wenn ich sie an den Wochenenden in Lübeck besuchte, wo sie damals lebte, habe ich oft vier, fünf Stunden am Schreibtisch zugebracht statt die gesamte Zeit mit ihr zu verbringen. Jetzt, wo ich ein Unternehmen mit 25 Mitarbeitern leite, steht sie mir zur Seite und hat mich durch alle Höhen und Tiefen begleitet. Daher kann ich mich beim Gedanken an eine Familienplanung beruhigt auf sie verlassen. Ich sage ganz ehrlich, es war natürlich nicht immer leicht. Klar möchte die Partnerin viel Zeit mit einem verbringen, was häufig nicht so einfach möglich ist. Aber wenn man weiß, wie man mit solchen Situationen umgeht, kann es eine Beziehung sogar stärken. Sie zeigt großes Verständnis für viele Momente, in denen ich nicht so gut erreichbar bin oder viel zu tun habe.

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