Essen. Wann erzähle ich von meinem Kind? Wie sollte das erste Treffen zwischen Kind und Partner ablaufen? Ein Experte gibt Tipps fürs Dating mit Kind.
Viele Single-Mütter und Single-Väter haben beim Dating viel mehr zu beachten als die Frage nach dem richtigen Outfit. Wann erzähle ich von meinem Kind? Wie sollte das erste Treffen zwischen Kind und Partner ablaufen? Und wie finde ich überhaupt Zeit für die Partnersuche?
Darüber hat Sophie Sommer mit dem Paartherapeuten Rüdiger Wacker gesprochen. In seiner Essener Praxis berät er regelmäßig Alleinerziehende oder getrennt lebende Eltern.
>>> Zwei Mütter aus NRW haben uns von ihren ganz persönlichen Erfahrungen beim Dating berichtet. Ihr Protokolle finden Sie hier:
- Dates als Single-Mutter: „Suche Partner, keinen Vaterersatz“
- Single-Mutter aus NRW: „Ich habe viele schöne Dates“
Job, Haushalt, Kind: Viele Single-Mütter und Single-Väter finden kaum Zeit fürs Dating. Wie kann man die Partnersuche möglichst stressfrei im Alltag einbauen?
Rüdiger Wacker: Eltern – ob noch zusammen, getrennt oder alleinerziehend – sind ja sowieso Orga-Experten. Ich habe aber zum Beispiel immer wieder alleinerziehende Mütter in meiner Praxis, die gar nicht wahrnehmen, wie viel sie leisten. Diese Leistung muss man bewusst würdigen und dann den Müttern verdeutlichen, dass sie sich trotz der vielen To-Dos und Pflichten gegenüber anderen nicht selbst aufgeben dürfen. „Mein Glück hat auch eine hohe Priorität“: Diesen Satz gebe ich ihnen immer mit. Denn nur wenn sie das verinnerlichen, räumen sie sich im Alltag überhaupt Zeit fürs Dating ein. Wenn die Kinder bei Freunden oder den Großeltern sind, ist das sicherlich der einfachste Zeitpunkt, um sich zu treffen. Da müssen sich besonders Alleinerziehende auch wieder klarmachen: „Ich muss das nicht alleine schaffen.“ Online-Dating ist auch eine gute Option, um abends, wenn das Kind schon im Bett liegt, flexibel und schnell auf Partnersuche zu gehen.
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Wenn ich mich bei einer der typischen Dating-Apps wie „Bumble“ oder „Tinder“ anmelde, sollte ich dann bereits in meiner Profilbeschreibung verraten, dass ich ein Kind habe?
Ob möglichst früh oder möglichst spät vom Kind zu erzählen: Für beides gibt es Vor- und Nachteile. Es direkt ins Profil zu schreiben, dafür spricht, dass man dann von Anfang an offen und ehrlich ist. Unter dem Motto: „Ich lege direkt alle Karten auf den Tisch“. So kann man auch schneller herausfinden, ob der andere bereit wäre, eine Beziehung mit jemandem zu führen, der schon ein Kind hat. Das spart Zeit. Wenn man erst viel später einen so wichtigen Fakt über das eigene Leben offenbart, könnte es auf den anderen auch sehr irritierend und abschreckend wirken.
Und was ist, wenn ich es nicht sofort preisgeben möchte?
Auch dafür gibt es gute Gründe. Man redet beim Kennenlernen ja auch nicht direkt über eine schwere Krankheit oder Trauerfälle in der Familie. Ein Kind kann man auch als so eine sehr persönliche Sache betrachten, die man nicht direkt jedem anvertrauen möchte. Ein weiterer Punkt: Wenn ich jemanden kennenlerne, werde ich möglicherweise gar nicht mehr als Mann oder Frau wahrgenommen, sondern nur noch als Elternteil. Letztendlich muss jeder für sich individuell abwägen, was für sie oder ihn am besten passt.
Wie erzähle ich von meinem Kind?
Ich würde sehr beschreibend an die Sache herangehen und Eckdaten geben: Also natürlich sage ich, wie alt das Kind ist, welche Eigenschaften es hat, welche Hobbys. Und dann aber auch erzählen, wie der gemeinsame Tag aussieht. Mittelfristig sollte man dann auf weitere Aspekte eingehen, zum Beispiel: „Ich habe übrigens nicht so einen autoritären Erziehungsstil“ oder „Mir ist es wichtig, dass mein Kind viele Musikinstrumente lernt“. So kann man Werte und Prioritäten in der Erziehung vermitteln.
Wie wichtig ist es, dass man in puncto Erziehung ähnliche Vorstellungen hat?
Wenn man den neuen Partner mit in die Erziehung des Kindes einbinden möchte – was natürlich nicht immer der Fall ist – kann die Frage nach der richtigen Erziehung eine der größten Herausforderungen sein. Es ist sowieso schon schwierig, jemanden zu finden, dessen Lebensstil und Bedürfnisse mit den eigenen vereinbar sind. Wie feiert man Weihnachten? Was macht man nach Feierabend? Fragen wie diese führen ja auf der reinen Paarebene schon oft genug zu Konflikten. Und wie ich ein Kind erziehe, das ist eine entscheidende Frage. Wie muss das Kind Hausaufgaben machen? Wie aufgeräumt muss das Zimmer sein? Wie viel Freizeit und wie viel Förderung soll es haben? Wenn die Vorstellungen über Erziehung und Co. einfach nicht vereinbar sind, muss man sich das auch trotz aller Verliebtheit eingestehen.
Das ist ein Tipp, den ich generell beim Dating gebe: Man sollte sich frühzeitig trauen, auch mal Konflikte zuzulassen. Manche Themen sind einem so wichtig, dass man keinen Spielraum für Kompromisse lassen kann. Welche Themen das sind, darüber sollte man sich vorher klarwerden und das dann auch kommunizieren. Wenn man zum Beispiel als alleinerziehende Frau mit Kind datet, sind es drei Beziehungsebenen anstatt nur der Paarebene: Ich und der Partner, ich und mein Kind, das Kind und der Partner. Das macht alles auch dreifach kompliziert.
Apropos das Kind und der Partner. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um beide einander vorzustellen?
Die Beziehung zu dem Dating-Partner sollte erst einmal eine gewisse Stabilität und Verlässlichkeit erreichen, sonst besteht die Gefahr, dass man dem Kind alle drei Monate jemand Neues vorstellen muss. Ich sollte mir sicher sein: Das ist jemand, mit dem ich eine langfristige Perspektive habe. Das Kind sollte man ab einem gewissen Zeitpunkt dann je nach Alter auch einbinden und vorbereiten auf ein mögliches Treffen. Also zum Beispiel erklären: „Das ist jemand, der mir wichtig ist und der dich gerne kennenlernen würde.“
Wie sollte ein erstes Treffen idealerweise aussehen?
Grundsätzlich, das gilt für alle Dates, sollte man nicht zu hohe Erwartungen haben. Die Aufregung wird sowieso da sein, aber man sollte sich vorab nicht zu viele Gedanken machen. „Mit Kind ist man schwerer vermittelbar“: Solche Bedenken habe ich schon von vielen gehört. Aber natürlich ist man als Elternteil weder besser noch schlechter. Das sollte man vor dem Date mit seinen Freunden nochmal reflektieren, um sich dessen bewusst zu sein. Dann ist eine neutrale Umgebung sicherlich immer ratsam: ein Café, ein Park oder bei jüngeren Kindern auch gerne ein Spielplatz.
>>> Lesen Sie hier: Kuriose erste Treffen: Wie drei Paare zueinander fangen
Es sollte eine lockere Atmosphäre herrschen, deshalb empfehle ich, wenn das Kind überhaupt schon alt genug ist, erstmal unverfängliche Themen anzusprechen, wie Hobbys, Filme oder Lieblingsfächer. Man sollte dabei weder dem Kind noch dem neuen Partner unter dem Motto „Ihr müsst euch jetzt gut verstehen“ Druck machen. Vielleicht geht es auch total in die Hose. Das kann man eben nicht planen und auch darüber muss man sich bewusst sein.
>>> 1,5 Millionen Alleinerziehende in Deutschland
In Deutschland gab es laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr rund 1,57 Millionen Alleinerziehende. Das ist knapp jede fünfte Familie mit Kindern unter 18 Jahren.
In den meisten Fällen ist die Mutter für die Kinder verantwortlich. Aber: Die Zahl der alleinerziehenden Väter steigt langsam. Während im vergangenen Jahr 15 Prozent der Alleinerziehenden Väter waren, waren es 2012 nur zehn Prozent.
Neben den klassischen Dating-Plattformen gibt es mittlerweile auch Angebote speziell für Single-Mütter und Single-Väter – zum Beispiel „Even“ oder „moms-dads-kids“.
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