Essen. Wie gleichberechtigt ist ihre Beziehung? Das wollten wir von Paaren aus dem Ruhrgebiet wissen – und haben sie getrennt voneinander dazu befragt.
Putzen, waschen, einkaufen und die Kinder betreuen: Die Hausarbeit und Erziehung bleiben immer noch zu großen Teilen an den Frauen hängen – auch wenn sie selbst berufstätig sind. Das hat die „Vermächtnis-Studie“ herausgefunden, die seit 2015 regelmäßig durchgeführt wird und für die rund 4.200 Personen im Alter von 23 bis 65 Jahren befragt werden. Zum ersten Mal wurde dabei nicht nur untersucht, wie die tatsächlichen Aufgaben im Haushalt und in der Familie verteilt sind, sondern auch, wer sich um Organisation und Planung kümmert.
Das Ergebnis: Von insgesamt 21 Aufgaben, die geplant und im Auge behalten werden müssen, liegen lediglich drei überwiegend oder ausschließlich in der Verantwortung von Männern. Sie kümmern sich in der Regel nur um Reparaturen, Handwerker und Finanzen. Das Kuriose: Bei der Befragung gaben die Männer an, dass die mentale Arbeit in ihrer Beziehung fair verteilt ist. Frauen hingegen sehen die Last klar bei sich.
>>> Wie man Mental Load reduzieren und eine gerechte Aufgabenverteilung im Familienalltag gelingt, hat uns eine Expertin verraten. Das Interview lesen Sie hier: „Wie unsichtbare Aufgaben Frauen belasten“
„Wie gleichberechtigt ist ihre Beziehung? Haben Sie die Aufgaben – ob Umsetzung oder Planung – so untereinander aufgeteilt, dass beide zufrieden sind?“ Das wollten wir von Paaren aus dem Ruhrgebiet wissen und haben sie getrennt voneinander dazu befragt. Da viele von ihnen anonym bleiben wollten, haben wir die Namen teilweise geändert. Was sie sagt – und was er sagt:
„Wie soll das erst werden, wenn wir mal Kinder haben?“
Lisa und Marvin (beide 25) leben seit einem Jahr zusammen:
Lisa: Theoretisch haben wir die Aufgaben im Haushalt aufgeteilt. Praktisch übernehme ich viel von dem, was eigentlich mein Freund machen sollte. Vor ein paar Tagen waren meine Mutter und meine Oma zu Besuch. Eigentlich hätte mein Freund vorher aufräumen sollen, das hat er aber nicht geschafft, weil er zum Sport wollte. Also musste ich dann vor dem Besuch die ganze Wohnung putzen. Ich finde, da sollte er andere Prioritäten setzen. Wenn ich ihn darauf anspreche, dass er wieder nicht geputzt hat oder sich um andere Aufgaben nicht gekümmert hat, die ich dann übernommen habe, sagt er oft: „Wieso hast du denn nichts gesagt? Dann hätte ich es doch sofort gemacht.“ Das nervt mich, weil ich ja nicht alleine im Blick haben sollte, was zu tun ist. Ich kümmere mich ja sogar darum, was wir seiner Mutter zu Muttertag schenken. Wie soll das erst werden, wenn wir mal Kinder haben?
Marvin: Mir ist es schon wichtig, dass wir uns die Aufgaben fair untereinander aufteilen. Gerade, weil wir momentan gleich viel arbeiten. Ich mache abends recht viel Sport, deswegen ist kochen da schwierig. Also haben wir es so vereinbart, dass ich putze und aufräume. Ich gebe schon zu, dass es mal mehr, mal weniger gut klappt. Aber ich bemühe mich immer. Ich würde den Haushalt einfach lieber am Wochenende machen anstatt unter der Woche, aber dann ist es meiner Freundin oft schon zu unordentlich oder zu dreckig. Was bei uns zugegebenermaßen nicht so gut aufgeteilt ist, ist, wer wichtige Termine im Blick hat. Da frage ich oft meine Freundin, damit ich nichts vergesse. Aber ich bin auch generell einfach nicht so gut organisiert wie sie.
„Wir sehen beide, wenn etwas gemacht werden muss“
Sabrina (32) und Dominik (35) sind zufrieden mit ihrer Aufgaben-Aufteilung:
Sabrina: „Das bisschen Haushalt“ ist bei uns zum Glück fast gleichermaßen aufgeteilt, obwohl wir beide arbeiten. Mein Freund wäscht genauso die Wäsche wie ich, putzt die Fenster oder saugt – und das auch ohne Aufforderung oder Erinnerung. Schließlich sehen wir beide, wenn etwas gemacht werden muss, und möchten es auch beide gemütlich haben.
Dominik: Ich kann zwar nicht kochen – man möchte auch wirklich nicht essen, was ich kochen würde – dafür kann ich ansonsten gut im Haushalt mit anpacken und dafür bin ich mir auch nicht zu schade.
„Eine 50:50-Aufteilung ist bei uns nicht möglich“
Andrea (39) und Daniel (44) sind beide berufstätig und haben vier Kinder:
Andrea: Als wir vor zwölf Jahren Eltern geworden sind, haben wir eine 50:50-Aufteilung angestrebt. Aber bei mittlerweile vier Kindern im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren und zwei herausfordernden Jobs ist das nicht mehr so gut umsetzbar. Wir sprechen ab, wer im Haushalt und Familienalltag welche Aufgaben übernimmt. Wir binden dabei auch unsere Kinder ein. Es gibt einen Wochenplan, in dem geregelt ist, welches Kind welche Aufgabe machen muss, wie zum Beispiel den Müll rausbringen oder Tisch decken. Ein großer Teil der Kinderorganisation liegt bei mir alleine, da mein Mann oft auf Geschäftsreise ist.
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Daniel: Ich bin beruflich sehr viel unterwegs, daher ist eine 50:50-Aufteilung bei uns nicht möglich. Meine Frau übernimmt einen großen Teil der Kinderorganisation. Wir sprechen vieles ab, viele Entscheidungen werden aber auch individuell getroffen. Wenn ich zu Hause bin, übernehme ich vieles. Natürlich würde ich meine Frau gerne mehr unterstützen, aber mein Beruf ist ohne Reisetätigkeit nicht möglich.
„Aufgaben im Haushalt übernehme ich eher auf Drängen meiner Frau“
Anna (27) und Stefan (32) haben einen zweijährigen Sohn:
Anna: Bevor unser Sohn auf die Welt kam, haben wir grob besprochen, dass ich die Hauptaufgaben in der Familie und im Haushalt mache, weil ich eben aktuell nicht arbeite, mein Mann aber schon. Ich organisiere also eigentlich alles, was unser Kind betrifft. Und im Haushalt mache ich tatsächlich auch alles, bis auf die handwerklichen Aufgaben. Mein Mann kümmert sich zum Beispiel gerade um den Umbau unserer Wohnung. So an alltäglichen Aufgaben hat er aber eigentlich nur eine: den Bio-Müll rausbringen. Aber selbst das macht er nicht von alleine, ich muss ihn jedes Mal daran erinnern. Ich muss zum Beispiel auch an alle Geburtstage denken und besorge die Geschenke – auch für seine Freunde. Ich wünsche mir zwar, dass mein Mann mehr macht und vor allem mehr Zeit mit uns verbringt, aber an sich bin ich ganz zufrieden damit, wie es gerade läuft. Er verdient schließlich auch zu 90 Prozent unseren Lebensunterhalt und arbeitet viel, ich bin nur zwei Tage pro Woche in der Schule. Wenn ich aber bald mein Referendariat starte, muss sich die Aufteilung ändern. So viel wie jetzt kann ich dann nicht mehr leisten.
Stefan: Meine Frau kümmert sich um den Haushalt und das Kind, ich gehe arbeiten. Teilweise übernehme ich auch Aufgaben im Haushalt, aber eher auf Drängen meiner Frau. Ich komme tatsächlich selten von alleine darauf, was zu machen. Das kommt aber auch schon mal vor. Meistens ist meine Frau aber auch einfach schneller und es ist schon alles fertig.
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