Dortmund. Stadtwerke DSW21 und OB Westphal wollen Gewinn aus der Steag-Beteiligung in ÖPNV und Wärmewende investieren. Damit rechnen die anderen Kommunen.
Nachdem die sechs Ruhrgebietskommunen einen Käufer für die Steag gefunden haben, können sie zumindest grob überschlagen, was am Ende für sie übrig bleibt. Zu verteilen gibt es demnach eine Summe zwischen 1,7 und 1,9 Milliarden Euro. In etwa so viel kann das gemeinsame Stadtwerke-Konsortium KSBG nach Rückzahlung aller Darlehen, Ablösung der Pensionsverpflichtungen, Steuern und weiterer Abgaben nach Duisburg, Dinslaken, Essen, Oberhausen, Bochum und Dortmund überweisen. Als größte Anteilseigner rechnen die Dortmunder Stadtwerke mit 600 bis 700 Millionen Euro.
InDuisburg, dessen Stadtwerke mit 19 Prozent den zweitgrößten Anteil halten, wird eine Summe von grob geschätzten 320 Millionen Euro genannt, in Essen (15 Prozent) von 240 Millionen, Oberhausen spricht mit seinem Sechs-Prozent-Paket von einem „hohen zweistelligen Millionenbetrag“, in dieser Region müsste sich auch Dinslaken bewegen. Die Stadtwerke Bochum (18 Prozent) nannten auf Nachfrage eine Spanne zwischen 250 und 300 Millionen Euro.
Ohne Kohle-Comeback wären Steag zum Verlustgeschäft geworden
Genauer geht es noch nicht, weil der Gewinn aus dem laufenden Geschäftsjahr 2023 bisher nur hochgerechnet werden kann. Der Vollzug des Verkaufs an den spanischen Infrastrukturfonds Asterion wird für den 31. Dezember erwartet. Dann erst kann die KSBG einen Strich drunter machen und verteilen, was übrig bleibt. Dass überhaupt eine schwarze Zahl dabei herauskommt, liegt allein an den außerordentlich hohen Gewinnen der Steag aus dem vergangenen und dem laufenden Jahr in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine. Durch die zwischenzeitlich extrem gestiegenen Strompreise bei gleichzeitiger Knappheit erlebten die Steinkohlekraftwerke der Steag ein beispielloses und gewinnträchtiges Comeback.
Das wird am Beispiel Dortmund mehr als deutlich: 576 Millionen Euro verbuchten die Stadtwerke DSW21 aus ihrer KSBG-Beteiligung aufgrund des Steag-Rekordgewinns von 1,9 Milliarden Euro allein für 2022. In diesem Jahr läuft es ähnlich gut. Dass nun für Dortmund aus dem Verkaufserlös sowie den Gewinnen aus den beiden letzten Jahren maximal 700 Millionen Euro übrig bleiben, macht klar, dass ohne die kriegsbedingte Kohle-Sonderkonjunktur unter dem Strich ein Verlust gestanden hätte, wie DSW21-Chefin Heike Heim auf Nachfrage bestätigte.
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Entsprechend zufrieden zeigte sich Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) nach dieser „reinen Achterbahnfahrt“, wie er das gemeinsame Abenteuer der sechs Kommunen am Dienstag nannte. Er betonte, dass die Dortmunder Stadtwerke in den vergangenen Jahren, als die Steag in Schieflage geriet, immer gemahnt hätten, „nicht Hals über Kopf auszusteigen und Werte, die wir selbst geschaffen haben, leichtfertig zu verbrennen“. Der gemeinsame Verkaufsprozess, der nun mit dem Zuschlag an Asterion für 2,6 Milliarden Euro abgeschlossen wurde, sei dagegen ein großer Erfolg, betonte Westphal.
Dortmunder Stadtwerke können gut 300 Millionen Euro investieren
DSW-Chefin Heim erklärte, wenn die Steag-Beteiligung aus den Stadtwerke-Büchern entfernt, sprich alle Schulden und Ausgaben gegengerechnet würden, bleibe etwa die Hälfte der 600 bis 700 Millionen Euro übrig und könne investiert werden. OB Westphal betonte, das Geld solle im städtischen Unternehmen bleiben und vorrangig in die Wärmewende und den Öffentlichen Nahverkehr gesteckt werden.
Erleichterung ist in allen sechs Städten zu spüren. Die Berechnung ihrer jeweiligen Anteile ist so kompliziert wie das Verhältnis untereinander in den vergangenen 13 Jahren. 2010 kauften die sechs Stadtwerke dem Chemiekonzern Evonik die Mehrheit an der Steag ab, 2014 übernahmen sie auch den Rest. Als die Steag im Zuge der Energiewende und des 2019 politisch verabredeten Ausstiegs aus der Kohleverstromung sich einer Insolvenz näherte, war es mit der Einigkeit endgültig vorbei.
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Vom lebenserhaltenden 100-Millionen-Euro-Kredit übernahm Dortmund seinerzeit mehr als die Hälfte, Essen beteiligte sich überproportional mit 20 Prozent, Städte wie Bochum und Duisburg dagegen nur mit gut der Hälfte dessen, was ihren Anteilen entsprochen hätte. Das und viele weitere Details schlagen sich nun auch in der Schlussabrechnung nieder. Die Ausschüttung entspricht deshalb nicht eins zu eins den jeweiligen Anteilen der einzelnen Stadtwerke.